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Mehrheitlich mehrstimmig
Die Zahnärzteschaft soll mit einer Stimme sprechen, wird vielfach gefordert. Nur mit der des FVDZ?

Die Zahnärzteschaft soll mit einer Stimme sprechen, wird vielfach gefordert. Nur mit der des FVDZ?

In diesem Jahr fand die Hauptversammlung des FVDZ in einem Hybridverfahren statt. Eine Diskussion aller Delegierten konnten nicht umgesetzt werden, und so gingen die Anträge ohne Anpassungen in das schriftliche Abstimmungsverfahren. Am 8. und 9. Oktober wurden die Delegiertenstimmen ausgezählt. Seitdem wird der Freie Verband nicht müde, die „große Mehrheit“ mantraartig zu verbreiten. Der Bundesvorstand wurde mit „großer Mehrheit entlastet“. „Mit großer Mehrheit“ seien die Delegierten den drei vom Bundesvorstand und dem Erweiterten BV vorgelegten Resolutionen gefolgt. Nun ist Größe relativ. Zwei Drittel, heißt es. Das ist eine Mehrheit. Doch bleibt da die deutliche Skepsis einiger Landesverbände. Anträge aus zwei Landesverbänden, den Vorstand nicht zu entlasten, wurden zwar zurückgezogen, sprechen doch offenbar von haushalterischem Unbehagen. Auch die immanente Wendung gegen die Körperschaften, wie sie aus dem Fünf-Punkte-Papier des Bundesvorstands und den damit einhergehenden Verlautbarungen anklingt, tragen die Landesverbände Nordrhein und Westfalen-Lippe ausdrücklich nicht mit. Da mag es ausreichende Mehrheiten geben, von der viel beschworenen „Einheit“ klingt das noch ein gutes Stück weit entfernt.

Mehrheit ohne Einheit

Schaut man sich die angenommenen Resolutionen und die getroffenen Beschlüsse an, stößt man auf wenig Zukunftsweisendes. Die Resolutionen wirken als Scheinriesen, vielen Beschlüsse kreisen um die Telematikinfrastruktur mit an die Politik adressierten Forderungen – das ist berechtigt, aber auch nur die x-te Wiederholung. Hygienekosten, Pandemiezuschlag – alles gute Forderungen, aber alles eben schon Gefordertes. Wie die Zukunft der Zahnmedizin gestaltet werden soll, davon ist nicht die Rede. Frauen in der Zahnärzteschaft? Hierzu gibt es nur den geradezu grotesken Beschluss „Keine Macht dem Genderstern“, denn das sei ein „Konstrukt aus rot-grün-feministischen Kreisen“. Klar, der Genderstern ist nicht jedermanns und jederfraus Sache, aber als gesundheitspolitischer Beschluss der Zahnärzteschaft völlig deplatziert. Das politische Berlin wird bei einem solchen Anliegen vermutlich Beben – vor Lachen. Die Feminisierung der Zahnmedizin lässt sich jedenfalls nicht durch Gendersternchen-Scheindebatten gestalten.
Auf der eigens einberufenen Online-Pressekonferenz des FVDZ wurde der Bundesvorstand auch nach der Perspektive für Jüngere und der Zukunft der Zahnmedizin befragt. Auch hier blieben die Antworten etwas dünn und rein pragmatisch. Das sicherlich lobenswerte Existenzgründerprogramm des FVDZ wurde ins Feld geführt. Ein vom Land Thüringen gefördertes Genossenschaftsmodell zur Unterstützung von Gründer*innen mit modularen Dienstleistungspaketen wurde skizziert. Auch das ist nah dran am praktischen Bedarf. Die Debatte um die Relevanz der ZahnMedizin wird all das aber nicht befördern.

Körperschaften am Gängelband?

Die Selbsteinschätzung des FVDZ sieht da freilich etwas anders aus. Mit dem Fünf-Punkte-Papier sieht man sich als Stein-ins-Wasser-Werfer, der FVDZ als die Gestaltungskraft der zahnärztlichen Standespolitik. „Körperschaften hängen nun einmal als mittelbare Staatsgewalt am Gängelband der Politik“, so der Bundesvorsitzende des FVDZ, Harald Schrader. Nach seiner Einschätzung habe die Selbstverwaltung „bestehend aus Krankenkassen, Politik und KZBV“ beim Ringen um einen Rettungsschirm für Zahnärzte „versagt“. Hier fordert Schrader die Stärkung der Rechte der Selbstverwaltung und der Zahnärzteschaft zurück, ansonsten werde man zu Erfüllungsgehilfen der Gesundheitsminister degradiert. Schrader betonte gleichzeitig, dass die Zahnärzteschaft nur gemeinschaftlich politische Erfolge erzielen könne. Dass die Zahnärzteschaft mit einer Stimme sprechen solle, wird vielfach gefordert. Nur mit der des FVDZ? In den Chor wird mancher nicht mit einstimmen.