Der Bundesvorstand der BZÄK geht bislang davon aus, dass die Bundesversammlung wie geplant am 6. und 7. November 2020 in Karlsruhe als Präsenzveranstaltung stattfinden kann, heißt es in einer Gesprächsrunde mit dem geschäftsführenden Vorstand der BZÄK (Stand: 26. Oktober 2020). Dieser „Optimismus“ verwundert in Zeiten, in denen der FVDZ seine Hauptversammlung als Hybridformat mit deutlich reduzierter Präsenz abgehalten hat, die KZBV aus Gründen des Gesundheitsschutzes ihre Vertreterversammlung online veranstalten wird und die DGZMK ihre Hauptversammlung als Videokonferenz ebenfalls ins Digitale verschiebt. Ist Karlsruhe als Veranstaltungsort von Corona verschont?
Das Corona-Dilemma der Bundeszahnärztekammer
Mitnichten. Die Stadt Karlsruhe verzeichnete am 26. Oktober 2020 bereits 83,6 Neuinfektionen bezogen auf 100.000 Einwohner in den vergangenen sieben Tagen. Ein Blick in die Corona-Verordnung des Landes Baden-Württemberg zeigt, dass hier Veranstaltungen auf eine maximale Teilnehmerzahl von 100 beschränkt sind. Es mag Ausnahmen geben. Die Bundesversammlung hat allein 164 Delegierte plus x für die Organisation. Hinzu kommt noch die Anreise aus allen Bundesländern. Alle denkbaren Parameter sprechen also gegen eine Präsenzveranstaltung. Das sieht auch BZÄK-Präsident Dr. Peter Engel in einem dzw-Gespräch so: „Vor dem Hintergrund steigender Corona- Zahlen muss man sich immer dringlicher fragen, ob eine Präsenzveranstaltung zu verantworten sei.“
Der Bundesvorstand steckt in einem Dilemma. Dieses Jahr stehen nun einmal turnusgemäß die Wahlen für den geschäftsführenden Vorstand an. Und die Satzung sieht keine Alternative zu einer Präsenzveranstaltung vor. Wird nun auf eine digitales Format ausgewichen, wird auch die Wahl verschoben. In der Konsequenz bleibt der jetzige geschäftsführende Vorstand auf Corona-bedingt unbestimmte Zeit im Amt. Schließlich muss die BZÄK handlungsfähig bleiben. Ganz aktuell gilt es, die Corona-Testverordnung mit dem Bundesgesundheitsministerium zu verhandeln. Darf die Zahnärzteschaft zumindest das eigene Praxisteam testen? Wie wird das abgerechnet? Fragen, die dringend auf Antworten warten.
Rebecca Otto schafft neue Transparenz
Gesetzt den Fall, es kommt planmäßig zur Wahl: Wer sind die Kandidaten? Darüber herrscht traditionell Stillschweigen und Geheimdiplomatie bis die Kandidaten und vielleicht auch mal Kandidatinnen gekürt und in passende Teams geschnürt sind, die dann mehrheitlich gewählt werden sollen.
Doch dieses Mal ist etwas anders. Rebecca Otto, Landeszahnärztekammer Thüringen, hat offiziell ihren Hut in den Ring geworfen: „Mit mir als Vertreterin einer neuen Zahnarzt-Generation im geschäftsführenden Vorstand wird die BZÄK jünger, frischer, vielfältiger und kann so standespolitische Interessen besser und authentischer gegenüber der Politik und der Gesellschaft vertreten. Ich stehe für einen besseren Mix im Vorstand: jünger, weiblicher, regional ausgewogen und verschiedene zahnärztliche Arbeitsgebiete umfassend. Und das ohne Quote!“. Begleitet wird ihre Kandidatur mit einem eigenen Internetauftritt. Das ist professionell. Otto hat bei der jüngsten Wahl zur Kammerversammlung LZK Thüringen die drittmeisten Stimmen nach Präsident und Vizepräsident erhalten. Im Vorstand sitzt sie trotzdem nicht. Wieso? Wollte sie nicht?
Doch sie wollte. Im dzw-Interview nach der Wahl 2019 antwortete sie auf die Frage, ob sie für ein Vorstandsamt zur Verfügung stünde: „Zum Ende der Legislatur habe ich bereits gesagt, dass ich meine Arbeit gerne fortführen würde. Dafür bin ich zur Wahl angetreten.“ Vor dieser Wahl war sie noch Teil des Vorstandsteams um Dr. Christian Junge als 1. Beisitzerin im Ressort Öffentlichkeitsarbeit und Kreisstellen. Zur Wahl kandidierte sie dann in der Liste „Verband der Zahnärztinnen“. Das kam augenscheinlich nicht bei allen gut an. Mut zur Veränderung und Vorstandserfahrung wird man ihr nicht gut absprechen können. Nur, ob das reicht? Und ob das bei den Präsidenten der Landeszahnärztekammern gut ankommt? Immerhin gibt es nur eine Frau im Vorstand der BZÄK und lediglich 38 Frauen (23 Prozent) unter den Delegierten der Bundesversammlung.
Laut Engel „gibt es mehrere Kandidaten“. Einen haben wir gefunden. Auch der derzeitige BZÄK-Vizepräsident Prof. Dr. Dietmar Oesterreich bekennt auf dzw-Nachfrage offen, er werde für das Präsidentenamt kandidieren, und fügt hinzu: „Aber für nicht mehr als vier Jahre.“ In dieser Zeit möchte er den Generationenwechsel personell und inhaltlich einleiten und begleiten: Frauen, Jüngere, angestellte Zahnärzte und Zahnärztinnen in Gremien bringen, die älteren Kollegen mitnehmen und den ländlichen Raum attraktiv halten. Oesterreich ist reich an Erfahrung und ein Garant für das Wissenskontinuum innerhalb der BZÄK. Er habe „Demut vor dem Amt“, sagte er der dzw. Er trete ausdrücklich nicht gegen Dr. Peter Engel an, dem er loyal verbunden sei.
Und der amtierende Präsident? Im dzw-Gespräch gibt er die vieldeutige Antwort: „Meine Lebensabschnittsplanung sieht eine vierte Legislatur erst einmal nicht vor.“
Die Öffentlichkeit tut den personellen Entscheidungsprozessen der BZÄK gut. Mit mehr Transparenz können sich die Delegierten der BV ein eigenes Bild machen, wen sie für die Arbeit im geschäftsführenden Vorstand für geeignet halten. Freie Wahlen brauchen freie Entscheidungen.