Im folgenden Interview geht Dr. med. Anke Arns auf die Voraussetzungen und Benefits der Lachgassedierung in der Zahnarztpraxis ein.
Lachgassedierung ist zurzeit ein hochaktuelles Thema. Wie spiegelt sich das in der Zahnarztpraxis wider?
Dr. med. Anke Arns: Die in den letzten Jahren deutlich erhöhte Nachfrage in deutschen Zahnarztpraxen liegt sicherlich unter anderem darin begründet, dass sich das Spektrum der ambulant durchgeführten Operationen in der Zahnmedizin deutlich erweitert hat, aufwendige Eingriffe, die länger dauern können und eine größere Invasivität beinhalten. Das sind sicherlich Faktoren, die bei Patienten ein möglicherweise schon immer bestehendes Unwohlsein bei zahnärztlichen Behandlungen entsprechend verstärken. Genau diese Patienten fragen in den Zahnarztarztpraxen vermehrt nach Sedierungsverfahren, um bei dem Eingriff entspannt und vom eigentlichen Geschehen abgeschirmt zu sein.
Ein unschlagbares Argument für die Lachgassedierung ist der Faktor Verträglichkeit und der damit verbundene Erhalt der Arbeitsfähigkeit der Patienten. In diesen beiden Punkten ist das Lachgas allen anderen Sedierungsverfahren deutlich überlegen. Nach der Behandlung unter Lachgas kann der Patient ohne Begleitung die Praxis verlassen, ist verkehrstüchtig und je nach Invasivität des Eingriffes auch direkt wieder in der Lage zu arbeiten. Das sind Aspekte, die gerade in der heutigen Zeit bei vielen Patienten eine große Rolle spielen. Das spiegelt sich in dem zunehmenden Interesse an Lachgassedierungen wider. Für den Zahnarzt hat das natürlich ebenfalls den Vorteil, dass der sedierte Patient keinen hohen Zeit- oder zusätzlichen Raumaufwand bedeutet, weder im Vorfeld der Behandlung noch danach.
Was sind die üblichen Anwendungsgebiete der Lachgasinhalation in der Zahnmedizin?
Dr. med. Anke Arns: Als Domäne der Lachgassedierung ist neben der Behandlung des klassischen Angstpatienten die Kinderzahnheilkunde hervorzuheben. Auf diesem Gebiet finden auch die häufigsten Anwendungen statt. Das liegt vor allem im Alter der kleinen Patienten und dem damit einhergehenden fehlenden Verständnis um die Dringlichkeit der Behandlung begründet. Ist ein Kind bereit, über eine Nasenmaske zu atmen, können mit Lachgas zahnärztliche Behandlungen ohne größere Einschränkungen durchgeführt werden.
Neben dieser Patientengruppe sind Angstpatienten die größte Anwendergruppe. Menschen mit einer leichten bis moderat ausgeprägten Angst können unter Lachgas in den meisten Fällen wunderbar behandelt werden. Bei mangelnder Compliance vonseiten eines Kindes oder bei erwachsenen Patienten mit einer ausgeprägten Zahnarztpsychose stößt man natürlich auch mit Lachgas manchmal an die Grenzen. Hier wäre die Indikation zu einer moderaten Sedierung mit oral oder intravenös verabreichten Sedativa oder im Extremfall auch einer Vollnarkose gegeben.
„360 – Dentale Sedierung mit Lachgas und weiteren Sedativa.
Theoretische Grundlagen und viele praktische Umsetzungen“
Dr. Anke Arns und Team,
Wann: Freitag/Samstag, 20./21.10.2017
Zeit: 13.45 bis 19 Uhr, 9 bis 18 Uhr
Ort: Haranni Academie Herne
Weitere Informationen und Anmeldung unter www.haranni-academie.de oder telefonisch unter (02323) 9468-300
Was sind die klassischen Indikationen beziehungsweise Kontraindikationen bei der Sedierung mit Lachgas?
Dr. med. Anke Arns: Eine Lachgassedierung ist außer in Ausnahmefällen bei jedem kooperationsfähigen Patienten möglich, der in der Einteilung der American Society of Anaesthesiology (ASA) in die Gruppe I oder II gehört. Hierunter versteht man Patienten, die entweder gesund oder aber medikamentös so gut eingestellt sind, dass sie durch ihre Erkrankung nicht eingeschränkt werden. Grundsätzliche Kontraindikationen gibt es tatsächlich nur wenige. Hierzu zählen zum Beispiel Patienten, bei denen kürzlich eine spezielle Augenoperation, die Vitrektomie, stattgefunden hat. Auch bei einer bestehenden Schwangerschaft sollte man sich nicht einer Lachgasinhalation aussetzen, das gilt für Patientinnen ebenso wie für das Personal.
Welche Besonderheiten gibt es bei der Behandlung von Kindern im Zusammenhang mit Lachgas?
Dr. med. Anke Arns: Ähnlich wie bei oral oder intravenös applizierten Sedierungsmedikamenten, reagieren Kinder deutlich weniger empfindlich auf Lachgas als Erwachsene, sind allerdings auch um einiges ungeduldiger. Je nach Alter ist die Konzentrationsspanne auf eine Sache nur sehr kurz, so dass ein zügiges Einsetzen des Sedierungseffekts angebracht ist, um den Erfolg nicht zu gefährden. Hat das Kind erst einmal das Interesse verloren, ist in den meisten Fällen auch die Chance auf eine erfolgreiche Abschirmung und somit optimale Arbeitsbedingungen vertan.
Die deutlich geringere Empfindlichkeit macht man sich zunutze, indem man bei Kindern das Lachgas nicht langsam hochtitriert, sondern eine sogenannte „Blitzeinleitung“ durchführt. Bei erwachsenen Patienten steigert man die Lachgaskonzentration schrittweise, um eine etwaige Übelkeit als Zeichen einer Überdosierung sicher zu vermeiden. Bei Kindern ist das nicht notwendig. Hier steigt man direkt mit einer festgelegten Konzentration von 50 Prozent Lachgas ein und erreicht somit einen schnellen Eintritt der Sedierung.
Ansonsten unterscheidet sich die Lachgassedierung bei Kindern nicht wesentlich von der beim erwachsenen Patienten. Auf die Gesprächs- und Verhaltensführung sollte begleitend zur Sedierung großer Wert gelegt werden. Hier kann man sich Techniken aus der Hypnose zunutze machen. So baut man zum Beispiel die Maskenatmung in die Gesprächsführung mit ein, indem man das Kind mit auf die Reise des Jet- oder Raumschiffpiloten nimmt. Dies funktioniert vor allem bei kleineren Kindern in der Regel sehr gut, da hier die Phantasie noch sehr viel ausgeprägter ist als bei den meisten Erwachsenen.
Was sind die Voraussetzungen – organisatorisch, personell, auf der kommunikativen Ebene –, um Lachgassedierung anwenden zu können?
Dr. med. Anke Arns: Die räumlichen Voraussetzungen sind grundsätzlich in jeder zahnärztlichen Praxis vorhanden. Moderne Sedierungsgeräte sind mittlerweile sehr platzsparend gebaut und daher problemlos zu platzieren. Wichtig ist eine gut funktionierende Absaugung im Behandlungsraum, da das abgeatmete Lachgas über diese entfernt wird. Dies reduziert eine unnötige Belastung mit Lachgas von Behandler und Personal auf ein Minimum und liegt deutlich unter den gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwerten. Ist die Lachgassedierung erst gut in der Praxis etabliert, wird sie auch regelmäßig eingesetzt, daher ist der Aspekt der Absaugung durchaus zu beachten.
Neben der Anschaffung eines hochwertigen Geräts ist vor allem eine gute Ausbildung hervorzuheben. Erst eine qualifizierte Ausbildung im Rahmen einer zweitägigen Fortbildung, durchgeführt von ärztlichen Kollegen mit Erfahrung in der Lachgassedierung, ermöglicht es dem Zahnarzt, die Methode sicher und erfolgreich in der eigenen Praxis umzusetzen. Zudem ist er nur so auch rechtlich abgesichert. Die Inhalte dieser Fortbildungen sind genau vorgegeben und können bei der deutschen Gesellschaft für dentale Sedierung (DGfdS) eingesehen und mit dem Angebot der verschiedenen Kursanbieter abgeglichen werden.
Nachdem in der zahnärztlichen Praxis Teamarbeit an vorderster Stelle steht, ist es sinnvoll, das Praxispersonal in die Lachgassedierung mit einzubeziehen. Die ZFA ist eine sehr wichtige Unterstützung in der täglichen Anwendung von Lachgas. Wenn sie im Umgang mit der Methode und dem Gerät gut geschult ist, kann sie den Zahnarzt deutlich entlasten. Zudem ist es in der Regel so, dass Patienten ihr Interesse bezüglich Lachgas zuerst gegenüber den Fachangestellten äußern und somit schon hier der erste Informationsaustausch stattfindet. Erfolgt dieser erste Austausch kompetent und positiv besetzt, wird das Interesse des Patienten auf jeden Fall gestärkt.
Dr. med. Anke Arns, geboren im Jahr 1972 in Bonn, studierte Medizin an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn und dem Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck. Sie ist Fachärztin für Anästhesiologie und besitzt Zusatzbezeichnungen in Notfallmedizin und Schmerztherapie. Sie ist angestellt in der Praxis für Schmerztherapie & Anästhesiologie Dr. Mathers in Köln und seit 2016 Mitglied des Prüfungsausschusses der Ärztekammer Nordrhein. Als Referentin für dentale Sedierungsverfahren leitet sie Fortbildungskurse für das Institut für dentale Sedierung, Köln.