Viele Menschen achten bei ihrer Ernährung auf die Auswirkungen auf Umwelt und Klima. Das ist eines der Ergebnisse des diesjährigen Ernährungsreports des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), den Bundesminister Cem Özdemir nun vorgestellt hat. So ist der tägliche Verzehr von pflanzlichen Alternativen zu Fleischprodukten deutlich gestiegen. 2015 gab noch jeder Dritte (34 Prozent) an, täglich Fleisch zu essen – aktuell ist es nur noch jeder Fünfte (20 Prozent). Knapp die Hälfte der Befragten (46 Prozent) schränkt den Fleischkonsum bewusst ein. Groß ist zudem der Wunsch nach Transparenz, etwa in Form von Zutaten- und Herkunftskennzeichnungen.
Dazu erklärt Bundesminister Özdemir: „Unser Ernährungsreport macht deutlich, was den Deutschen wichtig ist beim Essen: Es muss natürlich schmecken. Aber für immer mehr Verbraucherinnen und Verbraucher ist das Thema Nachhaltigkeit wichtig: Sie wollen wissen, welche Zutaten im Essen stecken und dass es umwelt- und klimaschonend hergestellt wird. Dazu passt, dass Fleisch seltener auf die Teller kommt, und zwar nicht nur bei Jüngeren. Für Hersteller und Handel ist eine pflanzenbetonte Ernährung längst zu einem Milliardenmarkt geworden, das hat die weltgrößte Lebensmittelmesse Anuga gerade erst wieder in Köln gezeigt. Die Esskultur in Deutschland entwickelt sich rasant weiter, daraus sollte man keinen Kulturkampf machen.“
Tierwohl und heimische Landwirtschaft
Eindeutig sind die Befragten in ihrer Haltung zum Tierwohl: Die große Mehrheit will, dass sich die Politik für eine artgerechtere Haltung der Tiere einsetzt (91 Prozent). „Mit unserem Paket für eine zukunftsfeste Tierhaltung schaffen wir die Voraussetzungen, dass Tiere besser gehalten und Landwirtinnen und Landwirte dafür fair bezahlt werden“, so Bundesminister Özdemir mit Blick auf das gerade in Kraft getretene Tierhaltungskennzeichengesetz sowie Änderungen im Baurecht und Klärungen beim Immissionsschutz, um den Umbau hin zu tiergerechten Ställen zu vereinfachen. „‘Made in Germany‘ muss auch an der Fleisch- und Wursttheke ein Markenzeichen bleiben.“
Der Ernährungsreport dokumentiert auch eine große Wertschätzung für die Arbeit der heimischen Landwirtschaft. Je rund vier Fünftel der Befragten (78 bis 88 Prozent) ist es wichtig oder sehr wichtig, dass Eier, Brot, Obst, Gemüse, Fleisch und Wurst aus der Region stammen. Özdemir: „Ich bin stolz auf unsere Landwirtschaft und die großartigen Produkte, die sie herstellt. Darauf vertrauen auch die Bürgerinnen und Bürger. Gutes Essen liegt eben auch sehr nahe. Wir unterstützen Verbraucherinnen und Verbraucher bei ihrer Kaufentscheidung, indem wir die nationale Herkunftskennzeichnung ausgeweitet haben – eine langjährige Forderung der Landwirtschaft.“
Gesunde Ernährung für alle
Ziel des BMEL ist es, eine gute und gesunde Ernährung für alle Menschen zu ermöglichen – unabhängig von Einkommen, Bildung oder Herkunft. Hier setzt die Ernährungsstrategie der Bundesregierung an, die bis Ende des Jahres verabschiedet sein soll. Ziel ist insbesondere ein vielseitigeres Essen in Kitas, Schulen und Kantinen sowie ein größeres Angebot an gesunden und nachhaltigen Lebensmitteln in Supermärkten. Dazu sagt Cem Özdemir: „Die Menschen wünschen sich eine gute, gesunde und nachhaltige Ernährung. Was auf dem Teller landet, ist und bleibt eine höchstpersönliche Entscheidung. Unsere Ernährungsstrategie hilft dabei, beim Essen eine echte Wahl zu haben.“
Hintergrund
Seit 2016 veröffentlicht das BMEL jährlich seinen Ernährungsreport, der auf repräsentativen Umfragen des Instituts Forsa beruht. Dafür werden Verbraucher unter anderem gefragt, was ihnen beim Essen wichtig ist, worauf sie beim Einkauf Wert legen, wie sie ihr Essen zubereiten und welche Erwartungen sie beim Thema Ernährung an die Politik haben.
Gegliedert in 13 Kapitel, zeigt der Ernährungsreport 2023 zum Beispiel auf, welche Bedeutung Kochen für die Verbraucher hat. So kochen 74 Prozent der Befragten gern, 45 Prozent jeden Tag und weitere 36 Prozent zwei- bis dreimal pro Woche. Nur acht Prozent kochen normalerweise gar nicht. Aufschlussreich ist zudem die Entwicklung beim Genuss von Fleisch oder Wurst. Noch 2015 aßen 34 Prozent der Befragten täglich Fleisch oder Wurst, jetzt sind es lediglich noch 20 Prozent. Derweil hat sich zwischen 2020 und 2023 die Zahl derer, die täglich vegetarische oder vegane Alternativen zu tierischen Produkten essen, auf zehn Prozent verdoppelt. Als Grund für die Wahl von vegetarischen oder veganen Produkten nennen 73 Prozent Neugier, jeweils 63 Prozent den Tierschutz oder dass es gut für Umwelt bzw. Klima ist. 63 Prozent erwähnten den Geschmack als Grund.
Generell ist guter Geschmack der wichtigste Grund für den Essenseinkauf, den 94 Prozent der Befragten nennen. Eine deutliche Mehrheit (80 Prozent) achtet zudem darauf, wie das Tier gehalten wurde, von dem das Lebensmittel stammt. 74 Prozent legen Wert darauf, dass ein Lebensmittel umwelt- und ressourcenschonend produziert, fair gehandelt (73 Prozent) oder ökologisch erzeugt (72 Prozent) wurde. Entsprechend achten 66 Prozent „immer oder meistens“ auf ein Regionalfenster auf dem Lebensmittel, das angibt, aus welcher Region das Produkt stammt; 59 Prozent achten auf das EU-Bio-Siegel und 65 Prozent auf ein Tierwohl-Label, das Fleisch aus besonders tiergerechter Haltung kennzeichnet.
Erwartungen an Politik und Wirtschaft
Die Befragten äußerten klare Erwartungen an Politik und Wirtschaft. So stimmten 91 Prozent der Aussage „voll und ganz“ oder „eher“ zu, dass sich die Politik mehr für artgerechte Tierhaltung einsetzen solle. 77 Prozent halten es für den Klimaschutz für wichtig, dass die Menschen weniger Fleisch essen. Und gleichzeitig denken 51 Prozent, dass in Restaurants und Kantinen zu wenige Gerichte mit oder aus Bio-Lebensmitteln angeboten werden.
Auch ist die Bereitschaft, für mehr Tierwohl auch mehr zu bezahlten, weiterhin hoch. Unter der Annahme, dass ein Kilogramm Fleisch aus herkömmlicher Produktion 10 Euro kostet, würden 13 Prozent bis zu 12 Euro bezahlen für ein Kilo Fleisch von Tieren, die besser gehalten wurden, als es das Gesetz vorschreibt. 44 Prozent würden dafür bis zu 15 Euro bezahlen, 24 Prozent einen Preis bis zu 20 Euro akzeptieren und 11 Prozent wäre dies sogar mehr als 20 Euro wert.