Mit der „KlapdorKollegen Academy“ hat Maike Klapdor aus Münster in diesem Herbst ein neues Unternehmen gegründet, das sich auf den Fortbildungsbedarf von Führungskräften in Zahnarztpraxen konzentriert. Über ihre Motivation zu diesem Schritt befragte sie dzw-Redakteurin Brigitte Dinkloh.
Frau Klapdor, seit 19 Jahren sind KlapdorKollegen erfolgreich tätig im Consulting, primär für größere Zahnarztpraxen und solche, die noch wachsen wollen. Wie kam es zu der Idee, die Academy zu gründen?
Maike Klapdor: Seit Jahren können wir die allermeisten Mandatsanfragen aus Kapazitätsgründen nicht mehr annehmen. Das ist schade, sowohl für die Praxen, die gerne mit uns zusammenarbeiten würden, als auch für uns. Mit der Academy haben wir nun eine ergänzende Lösung gefunden, mit der wir unser über die Jahre aufgebautes spezialisiertes Know-how mehr Menschen zur Verfügung stellen. Unsere Academy-Kunden können sich ihre individuellen Themen herauspicken und profitieren außerdem durch den kollegialen Austausch mit anderen Praxen. Gerade dieser Austausch untereinander ist ein hoher Mehrwert für unsere Seminarteilnehmer und wird von uns aktiv gefördert.
Meinen Sie, dass wirklich offen gesprochen wird?
Klapdor: Ja, klar. Es wäre vermutlich anders, wenn direkte Wettbewerber aus einer Stadt im selben Kurs sitzen würden, was bei uns aber nicht passiert, darauf achten wir natürlich. Ohnehin sind jeweils nur rund vier bis sieben Praxen in einem Kurs vertreten, weil manche direkt zu zweit oder zu dritt kommen. Was auch sehr sinnvoll ist, weil dann der Transfer der Erkenntnisse in den Praxisalltag besser gelingt. Außerdem ist es eine schöne Erfahrung, zusammen mit Teamkolleginnen und -kollegen zum Seminar zu fahren. Das stärkt den Schulterschluss, man kann Dinge diskutieren, untereinander und mit anderen und dann gemeinsam die zur Praxis passenden Wege planvoll angehen.
Welche inhaltlichen Schwerpunkte setzen Sie in Ihrer Academy?
Klapdor: Wir konzentrieren uns auf den Fortbildungsbedarf der Führungskräfte. Also auf das, was PraxisinhaberInnen, PraxismanagerInnen, TeamleiterInnen, kaufmännische LeiterInnen, leitende ZahnärzteInnen und so weiter an Kenntnissen und Skills brauchen, um in ihren jeweiligen Führungsrollen erfolgreich zu sein.
Gute Zahnmedizin und eine gewisse Intuition für die Teamführung reichen also in der Zukunft nicht mehr aus?
Klapdor: Genauso ist es, und zwar aus folgendem Grund: Die Rahmenbedingungen für Zahnarztpraxen und die individuellen Bedürfnisse der Menschen, die dort arbeiten, unterliegen dynamischen Veränderungen. Wir sind davon überzeugt, dass der Erfolg einer Zahnarztpraxis – egal welcher Größe – von den Menschen abhängt, die sie führen. Nur wenn es Führungskräften in Zahnarztpraxen gelingt, ihrer eigenen Rolle gerecht zu werden und ein wertschätzendes Teamklima mit wertschöpfenden Prozessen zu verbinden, bauen sie profitable Betriebe auf und entwickeln sich zu attraktiven Arbeitgebern. Deshalb richtet sich unser Angebot an alle Praxen, unabhängig von ihrer Mitarbeiterzahl.
Sind soziale Kompetenzen letztlich genauso wichtig wie das betriebswirtschaftliche Wissen für die erfolgreiche Praxisführung?
Klapdor: Davon bin ich überzeugt. Dementsprechend haben wir verschiedene Formate im Programm, die die dentale Betriebswirtschaft beleuchten, Ablaufprozesse unter die Lupe nehmen oder sich mit der Funktionsweise von Mehrbehandlerkonzepten befassen. Da gibt es viel Interessantes zu lernen. Gleichzeitig ist es uns wichtig, dass Wirkungszusammenhänge verstanden werden zwischen dem betriebswirtschaftlichen, dem organisatorischen und vor allem dem sozialen Feld der Praxis.
Können Sie uns dafür ein Beispiel geben?
Klapdor: Gerne. Ein typisches Beispiel für Ursache und Wirkung ist, wenn in einer Praxis zunächst der Krankenstand und mit Zeitversatz dann auch die Mitarbeiterfluktuation steigen. Die betriebswirtschaftliche Konsequenz ist, dass Einnahmen und Praxisgewinne sinken, weil Behandlungszeiten phasenweise weniger produktiv laufen oder schlimmstenfalls Stunden eingekürzt werden müssen, wenn Behandler oder Assistenz fehlen.
Das hat wiederum Auswirkungen auf das Team, nämlich eine zunehmende Unzufriedenheit, weil der Arbeitsdruck im Alltag zunimmt, Überstunden entstehen, die Behandlungen nicht glatt durchgezogen werden können, deshalb Honorarziele verfehlt werden und außerdem der Umgang mit Patienten schwieriger wird. Folgewirkungen bei den Patienten sind Unzufriedenheit, weil sich Wartezeiten verlängern, Behandler ständig wechseln oder Termine mehrfach umbestellt werden.
Das alles belastet das Arbeitsklima, die Menschen leiden. Wenn dieser Zustand länger anhält oder das Team den Eindruck hat, die Chefetage würde nicht wirksam reagieren, sinkt die Arbeitgeberattraktivität, Krankenstände und Fluktuation steigen weiter, womit die Zukunftsfähigkeit der Praxis gefährdet wird.
Das ist eine Reaktionskette, deren initiale Hintergründe lange zurückreichen und in fast allen Fällen im Kommunikationsverhalten beziehungsweise im Agieren oder Nichtagieren der Praxisinhaber und der Führungskräfte einer Praxis liegen, also im sozialen Feld. Was den Betreffenden oft so gar nicht bewusst ist.
Wie schätzen Sie den Schulungsbedarf in den Praxen ein?
Klapdor: Der Schulungsbedarf ist groß, wobei es nicht nur um Führungskompetenz geht, sondern auch um die Systematik in Sachaufgaben. Es fehlten im Markt bislang noch detailtiefere, spezielle Seminare für Inhaber, Praxismanager & Co., die vermitteln, welche konkreten Managementaufgaben auf den Positionen zu erledigen sind. Wir spreizen das Feld auf und bieten beispielsweise fachbereichsbezogene Teamleiterfortbildungen und Seminare für Leitungsteams großer Praxen an. Natürlich sind auch Themen wie Gesprächsführung, Gestaltung von Teammeetings, Führungskonzepte für angestellte Zahnärzte und verschiedene Unternehmerformate im Programm.
Die Zahnmedizin wird immer weiblicher, und junge Zahnmediziner bevorzugen oftmals eine Anstellung gegenüber einer Praxisgründung. Welche Folgen wird dies langfristig auf die Praxisstruktur und den Behandlungsalltag in Deutschland haben?
Klapdor: Wir sehen die Auswirkungen jetzt schon sehr deutlich. Der Anteil großer zahnärztlicher Betriebe im Markt steigt kontinuierlich an. Das wird so weitergehen. Wenn die Menschen zunehmend angestellt arbeiten wollen, braucht es auf der anderen Seite Unternehmer-Zahnärzte, die bereit sind, als Arbeitgeber entsprechende Praxismodelle aufzubauen und zu steuern. Diese Unternehmer-Zahnärzte brauchen in ihren Führungsteams ab einer gewissen Praxisgröße neben Praxismanagement und Teamleitung auch angestellte leitende Zahnärzte und Zahnärztinnen, die beispielsweise Aufgaben im Coaching jüngerer Kollegen, in Fachbereichsleitungen oder im therapeutisch-organisatorischen Qualitätsmanagement übernehmen. Hier tun sich neue Karrierechancen auf für Zahnärzte und Zahnärztinnen, die gerne mehr Verantwortung übernehmen, aber nicht ins wirtschaftliche Risiko gehen wollen.
Wie ist Ihre Meinung zu den Gehältern in den Praxen?
Klapdor: Meine These ist, dass sich noch Verschiebungen ergeben werden. Die Gehälter angestellter Zahnärzte und Zahnärztinnen, die sich mit klarer Wochenstundenzahl rein auf ihre eigene kurative Tätigkeit konzentrieren, sind aus meiner Sicht im Vergleich zu den Einkünften selbstständiger PraxisinhaberInnen teilweise deutlich zu hoch. Und ich glaube, dass parallel die Gehälter bei den Fachassistenzen weiter ansteigen werden, was ich aus verschiedenen Gründen für elementar wichtig halte. Grundsätzlich ist meine Hoffnung – und dazu werden wir unseren Beitrag leisten –, dass die zwischenmenschliche Kooperation in den Praxisteams in der Breite noch an Dichte und Qualität gewinnt.
Wie sehen Sie die Chancen für inhabergeführte Z-MVZ, sich gegenüber investorgeführten Z-MVZ zu behaupten?
Klapdor: Das ist eine spannende Frage. Chancen sind auf jeden Fall da. Das erkennt man schon daran, dass inhabergeführte Betriebe in der mittelständischen Wirtschaft in Deutschland häufig sehr begehrte Arbeitgeber sind. Nur muss diese Karte auch aktiv gespielt werden, das gilt für alle Branchen. Mitarbeiter fühlen sich dort wohl, wo sie sich in ihrer Persönlichkeit gesehen, akzeptiert und in ihren Stärken erkannt und entwickelt fühlen. Wo sie auf wertschätzende Kommunikation vertrauen können, ein positives Teamerlebnis haben und wo mit den Patienten gut umgegangen wird. Wer hier seine Hausaufgaben macht, die Köpfe und Herzen erreicht und es schafft, eine entsprechende Kultur inklusive professioneller Organisationsstandards zu etablieren, wird die Nase vorn haben.
Abschließend noch eine Frage zu Corona. Welche Auswirkungen der Pandemie beobachten Sie in den Zahnarztpraxen und wie macht es sich in Ihrer Arbeit bemerkbar?
Klapdor: Die Praxen hatten teilweise ein düsteres zweites Quartal, konnten aber im dritten Quartal wieder sehr gut aufholen, sodass die meisten inzwischen wieder auf Vorjahresniveau liegen, einige auch darüber. Hygienestandards haben in Routinen gefunden und Zahnmedizin wird immer gebraucht – insofern bin ich zuversichtlich, dass es für die Praxen positiv weitergeht.
In der Academy arbeiten wir weiterhin mit Präsenzveranstaltungen, weil das persönliche Interagieren und der direkte vertrauensvolle kollegiale Austausch deutlich kraftvoller und wirkungsvoller sind, als es jedes Online-Meeting sein könnte. Unser Seminarhotel in Münster befolgt die Regeln und ist gut organisiert. Wir haben große Räume, kleine Teilnehmergruppen von acht bis zwölf Personen und achten auf Abstand. Auch in dieser speziellen Zeit kann man sich bei uns wohl und sicher fühlen.