Alle in medizinischen Berufen tätigen Personen tragen nicht nur die Verantwortung für ihre eigene Gesundheit, sondern auch die Verpflichtung zur Nicht-Gefährdung ihrer Patienten. Dabei hat die Verhinderung der Übertragung von Infektionen hohe Priorität.
Neben wichtigen Parametern der Hygiene wie Desinfektion und Sterilisation ist ein ausreichender Impfschutz für alle in der Praxis Beschäftigten eine absolute Notwendigkeit. Impfungen verhindern einerseits die Übertragung von gefährlichen Erregern wie Hepatitisviren von möglicherweise infizierten Patienten auf das zahnärztliche Personal. Andererseits sind alle aktiv am Patienten arbeitenden Mitarbeiter im Fall einer eigenen akuten oder chronischen Infektion selbst eine potenzielle Streuquelle für virulente Keime und dadurch eine Gefahr für die Patienten. Zur Minimierung von Infektionsrisiken sind neben der persönlichen Schutzausrüstung mit Mundschutz, Handschuhen, Schutzbrillen und Schutzkleidung auch Impfungen ein wichtiger Beitrag zur Arbeits- und Patientensicherheit.
Hepatitis B – ein wichtiges Thema in der Zahnmedizin
Das Robert Koch-Institut (RKI) empfiehlt für die Mitarbeiter von Zahnarztpraxen dringend Schutzimpfungen gegen Hepatitis B, Tetanus, Diphtherie und Influenza. Aufgrund der Impfmüdigkeit innerhalb der Bevölkerung treten Maserninfektionen vermehrt auf. Eine kombinierte Schutzimpfung gegen Masern, Mumps, Röteln und Pertussis ist daher durchaus sinnvoll und empfehlenswert. Höchste Priorität hat aber zweifelsfrei die Impfung gegen Hepatitis B. Das Risiko einer Infektion liegt in den westeuropäischen Ländern deutlich über der Ansteckungsgefahr mit HIV. Im Rahmen von zahnärztlichen Interventionen oder der professionellen Mundhygiene kommt es zeitweise durchaus zu kleinen Verletzungen des behandelnden Arztes oder Assistenten durch spitze Gegenstände. Bei dem daraus folgenden Blutkontakt mit möglicherweise HBV-infizierten Patienten liegt das Infektionsrisiko bei immerhin 30 Prozent.
Einen Impfschutz gibt es derzeit leider nur gegen HBV, wodurch gleichzeitig auch ein Schutz gegen das Hepatitis-D-Virus besteht, das nur in Gegenwart von HBV sein infektiöses Potenzial entfalten kann. Eine Impfung gegen HBV sollte noch vor Aufnahme der Tätigkeit in der zahnärztlichen Praxis erfolgen und im Bedarfsfall vom Arbeitgeber kostenlos zur Verfügung gestellt werden.
Das häufig in Kombination mit dem HVA-Impfstoff angebotene Kombinationspräparat wird in drei Dosen verabreicht. Zunächst erfolgt eine Grundimmunisierung, die zweite Gabe wird vier Wochen danach gegeben, die dritte Dosis dann nach weiteren sechs Monaten. Eine Kontrolle des Antikörpertiters einige Wochen nach der dritten Teilimpfung ist wichtig und sinnvoll, da es Low Responder gibt. Diese sprechen meist auf die kombinierten HBV/HAV-Präparate besser an, im Bedarfsfall muss eine weitere Dosis verabreicht werden. Normalerweise reicht eine weitere Impfdosis zur Auffrischung zehn Jahre nach der Grundimmunisierung; bei Personen über 50 Jahre empfiehlt sich eine Abklärung des Immunstatus nach ca. fünf Jahren, da hier der Antikörpertiter manchmal rascher absinkt. Eine Bestimmung des Titers sollte auch bei Mitarbeitern mit länger als zehn Jahre zurückliegender Grundimmunisierung oder bei unklarem Impfstatus erfolgen. Liegt er unter 10 mlE/ml, muss sofort nachgeimpft werden, da kein ausreichender Schutz besteht. Zwischen 10 bis 20 mlE/ml ist eine Nachimpfung innerhalb von drei bis sechs Monaten, zwischen 20 und 100 mlE/ml innerhalb eines Jahres erforderlich. Über 100 mlE/ml ist ein ausreichender Schutz gegeben.
Keuchhusten – die unterschätzte Infektion
Die Tetanusimpfung wird meist als Kombinationspräparat mit Diphtherie und Keuchhusten (Pertussis) angeboten. Für den Schutz der zahnärztlichen Mitarbeiter steht hier die Impfung gegen Wundstarrkrampf eindeutig im Vordergrund. Leider ist die Durchimpfungsrate in Österreich ziemlich niedrig, bei der Personengruppe 50 plus sogar teilweise geringer als 40 Prozent. Bei Wundkontaminationen kann dies leicht zu einer Infektion führen. Diphtherie ist zwar in Österreich kaum verbreitet, jedoch treten besonders bei Migranten vereinzelt Fälle auf.
Unterschätzt wird häufig der Keuchhusten, da ihm immer noch der Ruf einer ausschließlichen Kinderkrankheit anhaftet. Tatsächlich befällt der Keim Bordetella pertussis auch Erwachsene. Besonders ältere oder immunschwache Patienten sind akut gefährdet und zeigen bei einer Infektion schwere Krankheitsverläufe. Durch die zunächst unspezifische Hustensymptomatik wird der tatsächliche Auslöser oft erst sehr spät erkannt. Ein Mitarbeiter der Zahnpraxis fühlt sich „etwas verkühlt“ mit leichtem „Husten, Schnupfen, Heiserkeit“ und kommt dennoch pflichtbewusst zur Arbeit – ist aber, wenn es sich um ein Initialstadium von Pertussis handelt, bereits hochinfektiös. Eine Ansteckung von anfälligen Patienten wird damit sehr wahrscheinlich.
Risikominimierung durch Influenza- und Masernimpfung
Die jährliche Grippewelle fordert allein in Österreich bis zu 6.000 Todesopfer. Der Übertragungsmodus ist in erster Linie eine Tröpfcheninfektion, aber die Viren können auch über kontaminierte Gegenstände und Flächen übertragen werden. In der Grippesaison sind alle zahnärztlichen Mitarbeiter selbst bei Einhaltung aller Vorsichts- und Hygienemaßnahmen direkt gefährdet und werden in der Folge oft selbst zum Überträger auf ihre Patienten. Der jährliche Impfstoff muss an die saisonal zirkulierenden Stämme nach den Vorgaben der WHO angepasst werden. Influenzaviren sind nämlich durch häufig auftretende Punktmutationen und ihre Fähigkeit zum „Antigen shift“ genetisch hochvariabel. Die Gattungen A, B und C unterteilen sich in mehrere Serotypen, zudem kommen auch immer wieder neue Stämme hinzu.
Die Notwendigkeit einer Influenzaimpfung sollte ebenso wie auch eine Masernimpfung hinsichtlich der Risiken einer Erkrankung und der Verantwortlichkeit gegenüber den Patienten mit allen Mitarbeitern besprochen werden. Masern treten wegen der zu geringen Durchimpfungsrate zunehmend in kleineren Epidemien in Österreich auf. Es handelt sich hier um eine schwere Infektionskrankheit mit einer über zwanzigprozentigen Komplikationsrate, die von Pneumonie bis zu der letal verlaufenden subakuten sklerosierenden Panenzephalitis (SSPE) reicht. Gefährdet sind besonders Babys, da die Impfung erst ab dem elften Lebensmonat verabreicht werden kann. Hier sollten alle möglichen Ansteckungsquellen dringend vermieden werden. Das Hauptproblem liegt darin, dass Masern eine Inkubationszeit von acht bis 12 Tagen haben, aber bereits fünf Tage vor der Ausprägung des typischen Exanthems ansteckend sind. Besonders in Zahnarztpraxen, in denen auch Kinder behandelt werden, sollte auf einen Impfschutz der Mitarbeiter dringend geachtet werden.
DDr. Christa Eder, Dr. László Schuder, Wien