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Verbesserte Einheilung von Implantaten mit Kaltplasma?

An der Optimierung der Osseointegration von Implantatoberflächen wird bis heute geforscht. Hydrophil und damit gut benetzbar sollen sie sein, damit sich Zellen und Bluteiweiße während des Einheilungsprozesses anlagern können. Doch schon innerhalb weniger Tage nach der Herstellung lagern sich Kohlenstoffverbindungen auf Implantatoberflächen ab und können so die Hydrophilie reduzieren. Dieser Prozess setzt sich auch in der geschlossenen Implantatverpackung weiter fort, denn diese Verpackungen sind zwar in der Regel innen steril, aber luftdurchlässig. Kaltplasmageräte können die Oberflächenaktivität von Implantaten wiederherstellen. Professor Dr. Dr. Ralf Smeets, stellvertretender Klinikdirektor der Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, erläutert im Interview mit Dr. Kerstin Albrecht das Verfahren.

Herr Professor Smeets, woher kommen die Kohlenwasserstoffe auf den Implantatoberflächen?
Prof. Dr. Ralf Smeets:
Die verwendeten Blister für Implantate sind zwar dicht, indem sie eine Kontamination verhindern. Sie sind allerdings nicht luftdicht. Direkt nach der Herstellung und Verpackung beginnt demnach die Kontamination der Oberfläche der Implantate in der Verpackung mit Kohlenstoffverbindungen aus der Luft, die die biologische Aktivität der Oberflächen verringern können.

Wie wirkt kaltes Plasma auf Implantatoberflächen?
Smeets
: Es gibt verschiedene Wirkmechanismen des Kaltplasmas auf Implantatoberflächen. Zum einen werden Kohlenwasserstoffverbindungen signifikant reduziert und die Oberflächen sogar von weiteren Spurenelementen gereinigt, die sich während des Herstellungsprozesses auflagern können. Des Weiteren werden die Oberflächen mit reaktiven Sauerstoffionen aufgesättigt. Beides führt letztendlich zu einer Erhöhung der Oberflächenbenetzbarkeit und erhöht die Attraktivität für Zellen in den ersten Stunden und Tagen der Einheilung. Unsere Studien zeigten, dass die Effekte auch noch nach acht Wochen nachweisbar sein können.

Welches Gas wird bei der Erzeugung von Kaltplasma auf Implantatoberflächen verwendet?
Smeets
: Die Entwicklung geht hierbei eindeutig in Richtung atmosphärischer Luft als Arbeitsgas. Es kann aus der Umgebungsluft erzeugt werden und ist daher für Praxen wesentlich einfacher zu handhaben als Hoch- oder Niederdruckplasmen, die ein zusätzliches Vakuumgerät mit anderen Trägergasen wie zum Beispiel Sauerstoff oder Argon benötigen.

Was ist der Vorteil von Kaltplasma gegenüber einer UV-Bestrahlung bei der Behandlung von Implantatoberflächen?
Smeets:
Der Vorteil ist, dass mit Kaltplasma in kürzerer Zeit eine höhere Energie an die Oberfläche der Implantate gebracht werden kann; das heißt, dass sich die Zeit der Funktionalisierung wesentlich verkürzt.

Wie lange sollte denn bestrahlt werden?
Smeets:
Die Zeit wird letztendlich durch den Hersteller des Plasmageräts im Vorhinein getestet und festgelegt. Fakt ist, dass mit leistungsfähigen Geräten inzwischen eine Verkürzung der Bestrahlungszeit bis auf eine Minute oder darunter möglich erscheint.

Besteht ein Unterschied in der Wirkung der Kaltplasmaquelle zwischen Titan- und Keramikoberflächen oder zwischen rauen und glatten Oberflächen?  
Smeets:
Generell werden beide Oberflächen von Kohlenwasserstoffverunreinigungen nahezu befreit und die biologische Aktivität der Implantatoberflächen kann erhöht werden. Gemeinsam mit Priv.-Doz. Dr. Dr. Anders Henningsen haben wir dazu zahlreiche Untersuchungen durchgeführt. Einige zeigten, dass die Oberflächenfunktionalisierung auf mikrorauen Oberflächen noch einen wesentlich besseren Effekt zeigt als auf glatten Oberflächen.

Die Anwendung von kaltem Plasma hat sich in In-vitro-Studien und im Tierversuch als vielversprechend gezeigt. Wie steht es mit einer klinischen Anwendung?  
Smeets:
Kaltes Plasma ist einsatzbereit. Schon jetzt gibt es mehrere Firmen, die kompakte und einfach zu bedienende Kaltplasmageräte für den Chairside-Einsatz anbieten, die einfach in den Praxisablauf integriert werden können.

Eine Oberflächenbehandlung von Implantaten macht aus ungünstigen Bedingungen (klinische Situation, Morbidität des Patienten, Können des Operateurs) sicherlich keine guten. Sind die Verbesserungen mit Kaltplasma Ihrer Meinung nach aber doch wesentlich?
Smeets
: Die Oberflächenbehandlung von Implantaten kann ungünstige Bedingungen wie zum Beispiel das Können des Operateurs nicht ersetzen. In einer alternden Gesellschaft mit steigenden Verordnungen von Medikamenten, die den Knochenstoffwechsel negativ beeinflussen können, bietet die Oberflächenbehandlung von Implantaten mit Kaltplasma jedoch die Möglichkeit, die Attraktivität der Oberflächen für die initiale Anlagerung von Proteinen und Zellen zu erhöhen, um eine schnellere und bessere Einheilung zu gewährleisten. Des Weiteren kann es möglich sein, durch Förderung der initialen Einheilung die Indikation für beispielsweise Sofortversorgungen zu erweitern.

verschiedene Mikroskopaufnahmen mit grünen und blauen Strukturen

Zellanhaftung und Morphologie von osteoblasten-ähnlichen Zellen von Mäusen nach 24-stündiger Kultur auf Titan- und Zirkonoxidoberflächen mit UV-Licht- oder Kaltplasmabehandlung von einer, 12 und 16 Minuten beziehungsweise keiner Behandlung (Kontrollen). Es zeigt sich unter konfokaler Mikroskopie, dass eine Kaltplasmabehandlung von einer Minute eine höhere Zelldichte mit mehr Zellausläufern auf Titan (J) und Zirkonoxid (N) gegenüber den Kontrollen (I und M) aufweist (vgl. Guo L et al. 2020).

Besteht ein Unterschied in der Wirkung der Kaltplasmaquelle zwischen Titan- und Keramikoberflächen oder zwischen rauen und glatten Oberflächen?  
Smeets:
Generell werden beide Oberflächen von Kohlenwasserstoffverunreinigungen nahezu befreit und die biologische Aktivität der Implantatoberflächen kann erhöht werden. Gemeinsam mit Priv.-Doz. Dr. Dr. Anders Henningsen haben wir dazu zahlreiche Untersuchungen durchgeführt. Einige zeigten, dass die Oberflächenfunktionalisierung auf mikrorauen Oberflächen noch einen wesentlich besseren Effekt zeigt als auf glatten Oberflächen.

Die Anwendung von kaltem Plasma hat sich in In-vitro-Studien und im Tierversuch als vielversprechend gezeigt. Wie steht es mit einer klinischen Anwendung?  
Smeets:
Kaltes Plasma ist einsatzbereit. Schon jetzt gibt es mehrere Firmen, die kompakte und einfach zu bedienende Kaltplasmageräte für den Chairside-Einsatz anbieten, die einfach in den Praxisablauf integriert werden können.

Eine Oberflächenbehandlung von Implantaten macht aus ungünstigen Bedingungen (klinische Situation, Morbidität des Patienten, Können des Operateurs) sicherlich keine guten. Sind die Verbesserungen mit Kaltplasma Ihrer Meinung nach aber doch wesentlich?
Smeets
: Die Oberflächenbehandlung von Implantaten kann ungünstige Bedingungen wie zum Beispiel das Können des Operateurs nicht ersetzen. In einer alternden Gesellschaft mit steigenden Verordnungen von Medikamenten, die den Knochenstoffwechsel negativ beeinflussen können, bietet die Oberflächenbehandlung von Implantaten mit Kaltplasma jedoch die Möglichkeit, die Attraktivität der Oberflächen für die initiale Anlagerung von Proteinen und Zellen zu erhöhen, um eine schnellere und bessere Einheilung zu gewährleisten. Des Weiteren kann es möglich sein, durch Förderung der initialen Einheilung die Indikation für beispielsweise Sofortversorgungen zu erweitern.

Was ist Kaltplasma?

Kaltes physikalisches Plasma (auch als kaltes Atmosphärendruckplasma, Kaltplasma, CAP − cold atmospheric plasma bezeichnet) ist ein für die medizinische Anwendung ionisiertes Gas im Temperaturbereich der Körpertemperatur, das mittels elektrischer Energie entsteht. Das Plasma wird mit als Medizinprodukt zugelassenen Geräten unmittelbar während der Behandlung erzeugt und angewendet. Kaltes physikalisches Plasma wird in der Medizin bereits erfolgreich bei chronischen und infektionsgefährdeten Wunden, wie beispielsweise beim diabetischen Bein, eingesetzt. Die Niedertemperaturplasmen können auch vielfach resistente Haut- und Wundkeime vernichten. Dabei regt es das Zellwachstum an und steigert so die Heilungschancen [1].
Quelle: [1] Medieninformation der Uniklinik Greifswald: „Erste medizinische Leitlinie zum Einsatz von kaltem physikalischem Plasma veröffentlicht“, 11. April 2022

Weiterführende Literatur

  • Krautwald L, Smeets R, Stolzer C, Rutkowski R, Guo L, Reitmeier A, Gosau M, Henningsen A. Osseointegration of Zirconia Implants after UV-Light or Cold Atmospheric Plasma Surface Treatment In Vivo. Materials (Basel). 2022 Jan 10;15(2):496. doi: 10.3390/ma15020496.
  • Guo L, Zou Z, Smeets R, Kluwe L, Hartjen P, Gosau M, Henningsen A. Attachment and Osteogenic Potential of Dental Pulp Stem Cells on Non-Thermal Plasma and UV Light Treated Titanium, Zirconia and Modified PEEK Surfaces. Materials (Basel). 2022 Mar 17;15(6):2225. doi: 10.3390/ma15062225.
  • Guo L, Zou Z, Smeets R, Kluwe L, Hartjen P, Cacaci C, Gosau M, Henningsen A. Time Dependency of Non-Thermal Oxygen Plasma and Ultraviolet Irradiation on Cellular Attachment and mRNA Expression of Growth Factors in Osteoblasts on Titanium and Zirconia Surfaces. Int J Mol Sci. 2020 Nov 14;21(22):8598. doi: 10.3390/ijms21228598.
  • Guo L, Smeets R, Kluwe L, Hartjen P, Barbeck M, Cacaci C, Gosau M, Henningsen A. Cytocompatibility of Titanium, Zirconia and Modified PEEK after Surface Treatment Using UV Light or Non-Thermal Plasma. Int J Mol Sci. 2019 Nov 8;20(22):5596. doi: 10.3390/ijms20225596.
  • Smeets R, Henningsen A, Heuberger R, Hanisch O, Schwarz F, Precht C. Influence of UV Irradiation and Cold Atmospheric Pressure Plasma on Zirconia Surfaces: An In Vitro Study. Int J Oral Maxillofac Implants. 2019 March/April;34(2):329–336. doi: 10.11607/jomi.7017.
  • Henningsen A, Smeets R, Heuberger R, Jung OT, Hanken H, Heiland M, Cacaci C, Precht C. Changes in surface characteristics of titanium and zirconia after surface treatment with ultraviolet light or non-thermal plasma. Eur J Oral Sci. 2018 Apr;126(2):126-134. doi: 10.1111/eos.12400.
  • Henningsen A, Smeets R, Hartjen P, Heinrich O, Heuberger R, Heiland M, Precht C, Cacaci C. Photofunctionalization and non-thermal plasma activation of titanium surfaces. Clin Oral Investig. 2018 Mar;22(2):1045-1054. doi: 10.1007/s00784-017-2186-z.

Titelbild: Prof. Dr. R. Smeets