Die Ablehnungsgründe sind sehr vielfältig und können häufig wortwörtlich dem „PKV-Kommentar zur GOZ“ entnommen werden. Diese Kommentierung stellt letztlich das „Regelwerk“ für die Sachbearbeiter der privaten Krankenversicherung dar. Weiter wurden Möglichkeiten aufgezeigt, wie man diesen Kürzungen entgegentreten kann, ohne die eigenen Praxisressourcen in Gänze für die Erstellung der Einspruchsschreiben einzusetzen.
Im folgenden Beitrag geht es jetzt um die Ziffern, welche im überwiegenden Maße von den Kürzungen durch die Kostenträger betroffen sind – die sogenannten „Top 10“. Weiter wird aufgezeigt, wie den Kürzungen aktiv entgegengetreten werden kann.
Top 1: Die Rangliste der „TOP 10“ führt die Kürzung der zahntechnischen Leistungen an. Dies ist aus Sicht der privaten Kostenträger insoweit nachvollziehbar, da die zahntechnische Leistung in der Relation zum zahnärztlichen Honorar häufig höhere Kosten verursachen. Hauptsächlich erfolgt die Kürzung auf Basis einer sogenannten Sachkostenliste. Diese Kürzung ist nur rechtmäßig, wenn sie tariflich geregelt ist. Erfahrungsgemäß ist dies bei einer hohen Prozentzahl der Versicherungstarife jedoch gerade nicht der Fall.
Top 2: Massive Kürzungen existieren auch im Bereich der Analogleistungen im Sinne des Paragrafen 6, Absatz 1 GOZ. Ein wesentlicher Grund hierfür ist die Tatsache, dass der Zahnarzt die jeweilige Analogziffer individuell und unter betriebswirtschaftlichen Aspekten kalkulieren kann. Der PKV-Verband akzeptiert nur wenige Leistungen in der Analogie (ca. 10 Stück). In den meisten Fällen resultieren diese aus den Beschlüssen des Beratungsforums für Gebührenrechtsfragen.
Die GOZ 2012 deckt definitiv nur einen Teil der zahnärztlichen Maßnahmen ab. Dies spiegelt sich auch in der Kommentierung der Bundeszahnärztekammer wider – diese führt in ihrem Katalog der selbstständigen nach Paragraf 6, Absatz 1 GOZ berechnungsfähigen Leistungen ca. 140 analoge Leistungen auf. Massive Kürzungen sind somit vorprogrammiert.
Top 3: Im chirurgischen Bereich fokussieren sich die Kürzungen der Kostenträger hauptsächlich auf die weichteilchirurgischen Leistungen (zum Beispiel Ä 2382, Ä 2675). Die Ablehnung erfolgt häufig mit der Begründung, dass die „primäre Wundversorgung“ mit der Hauptleistung abgegolten ist. Diese Aussage wird von den privaten Krankenversicherungen in den meisten Fällen getroffen ohne zu wissen, ob die abgerechnete weichteilchirurgische Maßnahme tatsächlich der Wundversorgung diente.
Die allgemeinen Bestimmungen der Abschnitte D, E und K der GOZ regeln eindeutig, was unter der Begrifflichkeit „primäre Wundversorgung“ im Sinne der GOZ zu verstehen ist: „Die primäre Wundversorgung (zum Beispiel Reinigen der Wunde, Wundverschluss ohne zusätzliche Lappenbildung, gegebenenfalls einschließlich Fixieren eines plastischen Wundverbandes) ist Bestandteil der Leistungen nach Abschnitt K und nicht gesondert berechnungsfähig.“
Hieraus ergibt sich, dass die zusätzlich Bildung eines Hautlappens gesondert berechnungsfähig ist. Eine erfolgreiche Gegenargumentation gelingt nur, wenn die Indikation und Form der weichteilchirurgischen Leistung exakt in der Karteikarte dokumentiert ist.
Top 4: Im konservierenden/prothetischen Bereich führt die GOZ-Leistung 2197 (adhäsive Befestigung) häufig zu Erstattungsschwierigkeiten. Dies ist in der Regel dann der Fall, wenn die Leistung mehrfach je Zahn zum Ansatz kommt. Betrachtet man den Leistungstext der Ziffer, so enthält dieser keinerlei Einschränkung hinsichtlich der Mehrfachberechnung pro Zahn. Laut Auffassung der Bundeszahnärztekammer ist die mehrfache Berechnung pro Zahn gebührenrechtlich korrekt, wenn mehrere Elemente adhäsiv befestigt werden (zum Beispiel adhäsive Befestigung eines Glasfaserstifts sowie adhäsive Befestigung der Krone).
Top 5: Ein massiver Einschnitt in die Therapiefreiheit des Zahnarztes erfolgt durch das Anzweifeln der medizinischen Notwendigkeit von einzelnen Leistungen sowie von kompletten Therapien. Häufig werden solche Kürzungen ohne Darlegung von Gründen durchgeführt. Diese Vorgehensweise der Kostenträger belastet massiv das Vertrauensverhältnis zwischen Zahnarzt und Patient.
Der Patient hat gemäß Paragraf 202 VVG (Versicherungsvertragsgesetz) einen Anspruch auf Vorlage der Stellungnahme des beratenden Zahnarztes. Der Patient sollte daher in solchen Fällen seitens der Praxis dazu aufgefordert werden, diese Stellungnahme anzufordern. Denn nur eine zahnmedizinisch approbierte Person kann eine Aussage zu medizinischen Notwendigkeit treffen – der Sachbearbeiter einer privaten Krankenversicherung kann sich hierzu keinesfalls äußern.
Top 6: Auch die GOZ 5170 (Abformung mit individuellem Löffel) verursacht regelmäßig Erstattungsschwierigkeiten. Diese Leistung wird in der Regel mit drei unterschiedlichen Argumenten abgelehnt:
- Die Leistung wäre nur einmal pro Behandlungsfall berechnungsfähig.
- Die Leistung wäre nur berechnungsfähig, wenn ein individueller Löffel im Labor angefertigt wird.
- Die Leistung wäre nur bei umfangreichen prothetischen Versorgungen berechnungsfähig (spezielle Aussage der Beihilfestellen).
Alle drei Argumentationen entbehren jeglicher gebührenrechtlicher Grundlage. Der Leistungstext enthält lediglich den Hinweis, dass die Leistung je Kiefer berechnungsfähig ist. Die Bundeszahnärztekammer positioniert sich hierzu eindeutig und bestätigt die mehrfache Berechnungsfähigkeit pro Behandlungsfall – auch in derselben Sitzung. Auch die Berechnung der GOZ 5170 bei Verwendung eines individualisierten Konfektionslöffels wird seitens der BZÄK bestätigt.
Top 7: Ein weiterer großer Streitpunkt ist die Berechnung von Aufbaufüllungen. Laut Auffassung der privaten Kostenträger existiert für Aufbaufüllungen jeglicher Art nur die GOZ 2180 (Aufbaufüllung zur Aufnahme einer Krone). Diese Leistung war bereits Bestandteil der GOZ 1988 und stellt sicherlich auch im Hinblick auf die Honorierung und die Weiterentwicklung der Adhäsivtechnik nur die „einfache Aufbaufüllung“ zum Beispiel mit Zement dar. Die Bundeszahnärztekammer positioniert sich eindeutig zu diesem Thema und bestätigt die Analogie der adhäsiven Aufbaufüllung in Mehrschichttechnik, des „präendodontischen Aufbaus“ sowie des „kanalverankerten Kronenkernaufbaus“.
Top 8: Im Bereich der endodontischen Leistung ist eine massiv ablehnende Haltung gegenüber der GOZ 2390 (Trepanation als selbstständige Leistung) zu beobachten. Private Kostenträger orientieren sich bei der Auslegung der Leistung an der Begründung des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG). Dieses trifft folgende Aussage: „Die Leistung nach der GOZ-Nr. 2390 ist gemäß Leistungsbeschreibung nur als selbstständige Leistung berechnungsfähig. Gemäß Begründung des BMG kann die GOZ-Nummer 2390 allenfalls im Rahmen einer Notfallbehandlung angezeigt sein und nicht zum Beispiel als Zugangsleistung zur Erbringung der Leistungen nach den GOZ-Nummern 2410 und 2440.“
Diese Kürzung entbehrt jeglicher gesetzlichen Grundlage. Weder der Leistungstext noch die GOZ-Bestimmung enthalten einen dahingehenden Hinweis. Die Leistung ist somit entgegen der Aussage der privaten Kostenträger in der gleichen Sitzung neben anderen endodontischen Leistungen berechnungsfähig. Dies wird auch durch die Kommentierung der Bundeszahnärztekammer bestätigt.
Top 9: Bei der Berechnung von Steigerungsfaktoren oberhalb des 2,3-fachen Gebührensatzes beziehungsweise des 1,8-fachen Gebührensatzes nehmen hauptsächlich die Beihilfestellen und die Postbeamtenkrankenkasse Kürzungen vor. Die Ablehnung erfolgt in den meisten Fällen mit dem Hinweis, dass lediglich eine personenbezogene Begründung das Überschreiten des 2,3-fachen beziehungsweise 1,8-fachen Gebührensatzes rechtfertigen würde.
Betrachtet man den hierfür relevanten Paragrafen 5 Absatz 2 der GOZ, sind diesem lediglich vier Parameter zu entnehmen, die eine Überschreiten der sogenannten „Regelspanne“ rechtfertigen:
- Schwierigkeit der Leistung
- Zeitaufwand bei der Durchführung der Leistung
- Umstände bei der Durchführung der Leistung
- Schwierigkeit des Krankheitsfalles.
Der Paragraf 5 Absatz 2 GOZ enthält jedoch keinerlei Hinweis, dass lediglich eine personenbezogene Begründung das Überschreiten der „Regelspanne“ rechtfertigt.
Top 10: Auch neue Behandlungsformen führen immer wieder zur Kürzung durch die Kostenträger. Klassische Beispiele hierfür sind die analoge Berechnung der photodynamischen Therapie oder der Lasertherapie als selbstständige Leistung (zum Beispiel zur Dekontamination des Sulkus). Kostenträger lehnen diese Leistungen häufig mit dem Hinweis ab, es handle sich um keine wissenschaftlich anerkannten Behandlungsmethoden beziehungsweise es würden keine Langzeitstudien vorliegen. Laut der gängigen Rechtsprechung sind vorliegende Langzeitstudien jedoch nicht Voraussetzung für die Erstattung.
Letztlich verursachen die massiven Kürzungen der privaten Kostenträger und das Erstellen der erforderlichen Stellungnahmen einen immensen Aufwand in der Zahnarztpraxis und zerstören das Vertrauensverhältnis zwischen Patient und Zahnarzt. Hilfreich ist in diesem Fall, wenn die Praxis über einen Factoring-Dienstleister abrechnet, der über einen professionellen Erstattungsservice verfügt.