Seit einiger Zeit erfreut sich die Versorgung durch Mini-Implantate und sofortigen Zahnersatz immer größerer Beliebtheit. Die Abrechnung der minimal-invasiven Chirurgie wirft in den Praxen allerdings immer wieder Fragen auf – beispielsweise, ob für die angewandte Methode eine Analogberechnung oder eine Steigerung der Hauptleistung aufgrund des erhöhten Zeitaufwands angesetzt werden sollte.
Um diese und weitere häufige Unsicherheiten aufzuklären, haben wir nachfolgend einen beispielhaften Behandlungsablauf für Implantate mit sofortigem Zahnersatz skizziert, anhand dessen die anzusetzenden Abrechnungspositionen nachvollzogen werden können.
Planungsphase
Der Patient kommt zur Kontrolluntersuchung, und es wird ein OPG angefertigt. Der Zahnarzt stellt fest, dass die verbleibenden Zähne 13 und 23 nicht mehr erhaltungswürdig sind. Der Patient bekommt einen Gesprächstermin, um alle Planungsvorschläge zu besprechen.
Die Dauer der Beratung hat eine Zeit von mehr als 10 Minuten in Anspruch genommen, da der Behandler sich viel Zeit für die Besprechung der Behandlungsmethoden genommen hat, und löst damit die Ziffer Ä3 aus.
Der Patient entscheidet sich für die Extraktion der Zähne 13 und 23 sowie sechs Mini-Implantate mit dem dazu passenden Zahnersatz. Zu seinem nächsten Termin bringt er den unterschriebenen HKP mit.
Vorbereitung
Der Zahnarzt entfernt die beiden Zähne 13 und 23 mit dem Piezo-Surgery-Gerät. Da sich in diesem Fall nur das Verfahren ändert beziehungsweise diese Maßnahme eine besondere Ausführung der Hauptleistung darstellt, löst dieses Verfahren nach Paragraf 4 Abs. 2 der GOZ keine zusätzliche selbstständige Leistung aus. Der Zahnarzt hat also lediglich die Möglichkeit, die Hauptleistung zu steigern. Da die Extraktionsleistungen (GOZ-Ziffer 3000 ff.) nicht besonders gut bewertet sind, ist eine Steigerung nach Paragraf 5 Abs. 2 GOZ möglich. Sollten Sie den 3,5-fachen Satz überschreiten, ist eine abweichende Vereinbarung mit dem Patienten nach Paragraf 2 Abs. 1 und 2 der GOZ zu schließen.
Dieses Vorgehen gilt übrigens auch im Rahmen der Behandlung mit dem Piezo-Gerät bei der Parodontologie, Osteotomie, Wurzelspitzenresektion oder Implantologie.
Nachbehandlung
Nach der Extraktion entscheidet sich der Zahnarzt für eine Abheilphase der Extraktionswunden. Der Patient kommt nach einer Woche zur Nachkontrolle und Unterfütterung der Oberkieferprothese.
Darf die GOZ-Ziffer 3300 zusammen mit der GOZ-Ziffer 3290 (Kontrolle nach chirurgischem Eingriff) berechnet werden? Hier gibt es verschiedene Auffassungen: Unser GOZ-Experte Dr. Peter H. G. Esser ist der Ansicht, dass eine Berechnung beider Ziffern bei derselben Wunde in derselben Sitzung nicht vertretbar ist. Die Bundeszahnärztekammer sieht die gleichzeitige Berechnung wiederum als durchaus vertretbar an. Somit steht es dem Behandler frei, sich für oder gegen diese Berechnungsvariante zu entscheiden.
Implantatplanung
Nach drei Monaten erscheint der Patient zu seinem nächsten Termin in der Praxis. Die Extraktionswunden sind gut verheilt.
Anstelle des DVTs wäre auch die OPG-Aufnahme (Ä5004) möglich.
Implantation
Der Zahnarzt entscheidet sich für die minimal-invasive Implantation mit vorheriger Schleimhautstanzung und bringt die Implantate Regio 16, 14, 12, 22, 24, 26 direkt in den Knochen ein. Die Bohrschablone kommt hier ebenfalls zum Einsatz. Das Legen einer Naht ist nicht notwendig.
Anschließend kommt der Patient zur Nachbehandlung und zur anschließenden Versorgung mit dem neuen Zahnersatz, und die Behandlung ist damit vorerst abgeschlossen.
Auffüllen eines periimplantären Knochendefektes
Nach zwei Jahren erscheint der Patient erneut in der Praxis und hat an den Implantaten 16 und 14 einen PA-Spalt. Die Diagnose ist ein periimplantärer Knochendefekt. Der Zahnarzt empfiehlt dem Patienten das Auffüllen der Knochendefekte.
Fazit
Minimal-invasive Verfahren haben für den Patienten den Vorteil, dass die Behandlung durch gute Koordination der chirurgischen, prothetischen und zahntechnischen Leistungen möglichst schnell und schmerzfrei gestaltet werden kann.
Abrechnungstechnisch weichen die minimal-invasiven chirurgischen Eingriffe nicht zwingend von der normalen Implantation ab. In den meisten Fällen entfallen aber durch den blutungsfreien Eingriff die Nachbehandlungen beziehungsweise das Entfernen der Nähte und es tritt eine bessere und schnellere Heilung der Behandelten ein. Aus diesem Grund kommt für den Patienten eine kürzere Behandlungsstrecke zustande.