Ursächlich für den entzündungshemmenden Effekt ist laut der Studie, die kürzlich im "Journal of Clinical Periodontology" veröffentlicht wurde, in erster Linie das damit im Speichel in höherer Konzentration vorhandene Nitrat.
Die Autoren – Lebensmittelwissenschaftler der Universität Hohenheim und die Zahnmediziner Prof. Dr. Ulrich Schlagenhauf und Dr. Yvonne Jockel-Schneider, Universität Würzburg – hatten für ihre Studie 44 Patienten aus dem Parodontitis-Recall mit chronischer Gingivitis in zwei Gruppen eingeteilt.
Zu Beginn der prospektiven, randomisierten und doppelt-verblindeten Untersuchung wurden der Gingival-Index (GI), ein Plaque-Control-Record (PCR) und der Nitratgehalt des Speichels bestimmt (SNL). Beide Gruppen erhielten über 14 Tage dreimal täglich 100 Milliliter Gemüsesaft. Die Testgruppe (n = 23) nahm damit 200 Milligramm Nitrat pro Tag auf, in der Placebogruppe (n = 21) wurde das Nitrat aus dem Saft entfernt.
In der Gruppe, die den nitrathaltigen Saft getrunken hatte, war nach 14 Tagen der Gingival-Index deutlich verbessert, die Entzündung reduziert. Zugleich war ein höherer Nitratgehalt im Speichel nachzuweisen. Der PCR hatte sich jedoch nicht verändert.
Schlagenhauf und Jockel-Schneider untersuchten die Probanden jeweils vor Beginn der Studie sowie erstmals nach 14 Tagen. "Wir waren erstaunt über die Unterschiede", stellte Schlagenhauf fest: "Bereits nach zwei Wochen waren deutliche und statistisch signifikante Verbesserungen bei den Zahnfleischentzündungen unserer Patienten zu beobachten. In der Placebogruppe, also in der Gruppe, in der das Nitrat im Testgetränk entfernt wurde, konnten wir hingegen keine Verbesserung feststellen."
Natürlicher Nitrat-Nitrit-NO-Stoffwechsel
Der Wirkmechanismus geht, so die Autoren, auf das Nitrat zurück, bei den Probanden war ein deutlich erhöhter Nitratgehalt im Speichel festgestellt worden. Mit der Nahrung aufgenommenes Nitrat wird rasch im Magen und dem oberen Dünndarm aufgenommen und anschließend über das Blut zu den Speicheldrüsen transportiert. Ein gutes Viertel des aufgenommenen Nitrats werde dort in den Speichel abgegeben. Auf diese Weise sei die Nitratkonzentration im Mundraum nicht nur beim Trinken des Salatsaftgetränks, sondern auch über einen längeren Zeitraum danach deutlich messbar erhöht.
Bestimmte Bakterien, die im gesamten Rachenraum und insbesondere in den Approximalräumen vorkommen, wandeln das Nitrat in Nitrit um. Dieses wirke einerseits selbst antimikrobiell und könnte durch die Hemmung schädlicher Bakterien direkt einen Beitrag zur Linderung der Zahnfleischentzündung leisten. Andererseits werde es zu Stickstoffmonooxid (NO) umgewandelt. Letzteres gilt als blutdrucksenkend, durchblutungsfördernd und kann im Körper entzündungshemmende Prozesse auslösen.
Gesundheitsdebatte über Nitrat neu befeuert
"Die Studienergebnisse dürften auch die Gesundheitsdebatte über Nitrat aus pflanzlichen Lebensmitteln neu befeuern", mutmaßt Prof. Dr. Reinhold Carle, Universität Hohenheim. Nitrat spiele eine wichtige Rolle bei Wachstum und Gesundheit von Pflanzen. Es häuft sich in den Blättern an. Daher zählen viele Blattgemüse wie Rucola, Spinat, Mangold und verschiedene Blattsalate zu den bedeutsamsten Nitratquellen in der Ernährung des Menschen.
"Nitrat an sich ist nicht gesundheitsschädlich", so der Lebensmittelwissenschaftler Carle. Allerdings habe der Verzehr von nitratreichen Lebensmitteln bisher als kritisch gegolten, weil Verdauungsprozesse Nitrat unter gewissen Umständen zu Nitrit, Stickoxiden und sogenannten Nitrosaminen umsetzen. "Insbesondere Nitrosamine gelten als stark krebserregend und werden mit der Entstehung von Speiseröhren- und Magenkrebs in Verbindung gebracht."
Blattgemüse ausgewogen zusammenstellen
Carle: "Weder die Weltgesundheitsorganisation noch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit raten übrigens vom Verzehr von Blattgemüsen ab, insbesondere wenn man sich nicht ausschließlich auf den besonders nitratreichen Rucola beschränkt, sondern verschiedene Blattsalate und -gemüse ausgewogen zusammenstellt und zubereitet."
Studien der vergangenen Jahre hätten beim Verzehr von nitratreichen Blattgemüsen aber zunehmend gesundheitsfördernde Effekte beobachtet. Denn: "Wenn zusammen mit dem Nitrat auch Vitamin C aufgenommen wird, unterbleibt die Nitrosaminbildung", stellt Dr. Ralf Schweiggert von der Universität Hohenheim klar.
Dies sei in der Regel auch der Fall: "Pflanzliche Lebensmittel enthalten meist ausreichende Mengen an natürlichem Vitamin C. Deshalb müssen wir die Nitrataufnahme aus Blattgemüsen ganz anders bewerten als bei gepökelten Fleischwaren, denen die Zusatzstoffe Nitrat beziehungsweise Nitrit hinzugefügt werden."
Literatur: Jockel-Schneider, Y., Goßner, S.K., Petersen, N., Stölzel, P., Hägele, F., Schweiggert, R.M., Haubitz, I., Eigenthaler, M., Carle, R., Schlagenhauf, U. (2016). Stimulation of the nitrate-nitrite-NO-metabolism by repeated lettuce juice consumption decreases gingival inflammation in periodontal recall patients: a randomized, double-blinded, placebo-controlled clinical trial; in: "The Journal of Clinical Periodontology", doi: 10.1111/jcpe.12542.