Derzeit werden viele Produkte in der Werbung gerne mit Schlagwörtern wie Umweltschutz, Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung belegt. Deshalb ist es wichtig, zwischen Möchtegern-Trends und echten Qualitätsprodukten zu unterscheiden.
Jährlich werden in Deutschland allein 1,6 Milliarden Euro für Zahnpflegeprodukte ausgegeben. Laut einer Studie von 2017 legt jeder Fünfte Wert auf natürliche Inhaltsstoffe. Auch unsere Patienten in der Praxis verlangen immer öfter nach Produkten, die nicht nur für sie selbst gründlich, schonend und natürlich, sondern eben auch für die Umwelt unschädlich sind. Die Nachfrage nach biologisch-hochwertigen Produkten ist bei Zahnpasten besonders hoch. Natürlich – schließlich gehört die Zahnpasta zu unserer täglichen Mundpflegeroutine. Aber worin genau unterscheidet sich eine herkömmliche Zahnpasta – abgesehen von der Konsistenz – von dem immer stärker nachgefragten Zahnpulver?
Inhaltsstoffe und Abrasivität
Bei Zahnputzpulver handelt es sich um ein trockenes Pulver beziehungsweise Zahnreinigungsmittel, das anders als die handelsübliche Zahnpasta mit ihrer cremigen Konsistenz erst im Mund angefeuchtet wird.
In der Tat können Zahnputzpulver eine nachhaltige und wirksame Alternative zur klassischen Zahnpasta sein, wenn der Inhalt stimmt. Konventionelle Zahnpflegeprodukte beinhalten oft Wirkstoffe, die für unsere Gesundheit bedenklich sein können. Zwar verzichten einige Hersteller bereits auf den einen oder anderen chemischen Zusatzstoff; bei biologischen Zahnpflegemitteln geht die Industrie jedoch noch einen Schritt weiter und verzichtet auf Zusätze wie Schaumstoffe, Konservierungsmittel, Emulgatoren, Stabilisatoren und Ähnliche oder ersetzt diese durch pflanzliche Alternativen.
Zusätzlich punkten können diese Pulver in Bio-Qualität, die vollständig ohne diese Zusätze auskommen und auch kein Wasser und Glycerin benötigen, denn diese Stoffe stehen häufig unter Verdacht, hormonell wirksam oder für Allergien verantwortlich sein zu. Bio-Mundpflegeprodukte sind auch frei von synthetischen Geschmacks- und Duftstoffen, da an deren Stelle ätherische Öle eingesetzt werden.
Um leichte Farbbeläge und Ablagerungen von Tee und Kaffee beim Putzen zu entfernen, gilt auch hier das Motto „so wenig wie möglich, aber so viel wie nötig”; es bedarf also einer guten Stabilität der Putzkörper und einer minimalen Abrasivität. Hier eignen sich besonders Stoffe wie etwa die pflanzliche Cellulose*, die aus nachwachsenden Rohstoffen produziert werden, oder auch Rügener Heilkreide, deutsche Tonerde oder Natron.
Antibakterielle und entzündungshemmende Wirkung
Viele Pulver enthält auch den Zuckeraustauschstoff Xylit beziehungsweise Birkenzucker, der nachweislich den Bakterienstoffwechsel hemmt, damit auch gegen Streptokokkus mutans wirkt und so insgesamt vor Karies schützen kann. Gleichzeitig regt Xylit die Speichelproduktion an. Gemeinsam mit Natron und Heil- oder Tonerde wird das Mundmilieu basisch – eine gute Voraussetzung, um Säuren abzupuffern und die Remineralisation der Zähne zu fördern. Ätherische Öle (bei Bio-Produkten aus kontrolliert biologischem Anbau) unterstützen durch die antibakterielle und beruhigende Wirkung ihrer Pflanzenextrakte das gesunde Mundmilieu.
Hierbei wirken
Pfefferminzöl* → antibakteriell, entzündungshemmend, erfrischend
Zitronenöl* → antiseptisch, vitalisierend, beruhigend
Kurkuma-Extrakt* → antioxidativ, entzündungshemmend, energetisierend
Ingweröl* → antibakteriell, antiviral, durchblutungsfördernd
Zitronengrasöl* → entzündungshemmend, antiseptisch, durchblutungsfördernd
Rosmarinöl* → antibakteriell, antifungal, durchblutungsfördernd, belebend
Thymianöl* → antiseptisch, immunstimulierend
Mandarinenöl* → immunstärkend, wärmend
Kamilleöl* → antibakteriell, entspannend
Bei Patienten in homöopathischer Behandlung sind Pulver ohne ätherische Zusätze zu empfehlen, da sonst der Behandlungserfolg reduziert werden kann.
Vorteilhaft wäre es natürlich außerdem, wenn die Pulver tierversuchsfrei, vegan und frei von GMO (gentechnisch veränderten Organismen) sind.
Neues Putzerlebnis: Putzen mit Pulver
Wer das Zahnputzpulver ausprobieren möchte, sollte sich auf eine kleine Umstellung einstellen. Die fängt sicherlich schon beim Entnehmen des Pulvers aus dem Glas an. Auf dem Markt sind derzeit zwei Varianten erhältlich, nämlich Streugläser oder solche zur direkten Entnahme des Pulvers mit der Zahnbürste. Die meisten Hersteller empfehlen, die Zahnbürste direkt in das Zahnpulver zu drücken und die daran haftende Menge – idealerweise ca. 0,3 Gramm – zum Putzen zu verwenden.
Natürlich ist das für uns Gewohnheitstiere erst einmal eine etwas seltsame Vorstellung. Allerdings besitzt Pulver nicht zuletzt durch seine trockene Darreichungsform viele Vorteile. Dazu gehören zum Beispiel die selbstkonservierende Eigenschaft und die natürliche antibakterielle Wirkung der darin enthaltenen ätherischen Öle.
Da es für den ein oder anderen unappetitlich erscheinen mag, mit der Bürste in das Glas zu dippen, sollte jeder sein eigenes Glas, je nach geschmacklichen Vorlieben, benutzen.
Zahnputz-Tabs (zum Beispiel Denttabs) hingegen sind trocken gepresst. Sie benötigen deshalb keine Konservierungsstoffe oder Zusätze zur Keimhemmung und sind einzeln entnehmbar. Dass Zahnputztabletten eine echte Alternative zur herkömmlichen Zahnpasta darstellen können [1], haben Wissenschaftler der Universität Witten-Herdecke bereits 2012 belegt.
Bei sanften Zahnputzpulvern mit niedrigem RDA-Wert, zum Beispiel von der Firma Teethloovers (teethlovers.de), löst sich das Pulver im Mund sofort auf, sodass keine Gefahr einer Abrasion am Zahnschmelz besteht. Die Zähne fühlen sich mit der Zunge so glatt an wie nach einer Politur. Studien haben außerdem gezeigt, dass Plaque und Verfärbungen von Zahnpulvern effektiver beseitigt werden können als von Zahnpasten [2]. Zahnputzpulver und Tabs gibt es mit und ohne Fluorid, sodass es je nach Kariesrisiko individuell ausgewählt werden kann.
Zero-Waste-Zahnpflege
Immer mehr Hersteller von Pulvern oder Tabletten versuchen, ihren ökologischen Fußabdruck zu verbessern, indem sie natürliche Inhaltsstoffe verwenden, auf eine ökologisch unbedenklichere Herstellung setzen und Recyclingpapier oder Bioplastik (Verzicht auf erdölbasiertes Plastik) sowie umweltfreundliche Umverpackungen einsetzen.
Diese Pulver werden in Tüten (Firma Denttabs) oder in Gläsern (zum Beispiel von der Firma Birkengold oder Lebenskraft) hergestellt. Eine besonders ökologisch-wertvolle Variante ist ein Glas mit Bambusdeckel (Firma Teethlovers), die zudem auch noch auffüllbar ist. Erhältlich ist das Zahnputzpulver unter anderem lose in Unverpackt-Geschäften und mit kompostierbaren Nachfüllpackungen.
Der Vorteil bei der gläsernen Verpackungsform ist, dass das Pulver rückstandslos entnommen werden kann. Ganz nebenbei tut man mit dem Kauf eines solchen Bio-Zahnputzpulvers nicht nur seinen Zähnen etwas Gutes, man schützt die Umwelt gleich doppelt. Denn viele Hersteller geben von ihrem Gewinn etwas ab und unterstützen damit Umweltaktionen. Von daher ist das Thema Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung nicht nur werbetechnisch von Bedeutung, sondern ein Handlungsprinzip im dentalen Markt, um langfristig einen ökologischen Grundgedanken und ein umweltschonendes Konzept auch in Form von Mundhygieneartikeln wie beispielsweise Zahnputzpulver und Tabletten zu etablieren.
(* von der Europäischen Kommission als ungefährlich für den menschlichen Körper eingestuft
Literatur
[1] Klinische Bewertung der Mundhygieneeffektivität einer Zahnputztablette
[2] Comparison of the plaque-removing efficacy of toothpaste and toothpowder
Birgit Schlee
ist neben ihrer Tätigkeit in der Praxis Ernährungsberaterin, Hypnoseassistentin, Laserschutz- und QM-Beauftragte. Sie gibt Seminare/Inhouse-Schulungen und hält Vorträge zu den Themen Prophylaxe, Parodontologie, Laser PDT/PTT, Bio-Prophylaxe sowie Geriatrie und ist Autorin zahlreicher Fachbeiträge. Schlee ist außerdem Mundhygieneexpertin in der Werbung, arbeitet an Produktentwicklungen mit und ist Botschafterin von „Die grüne Praxis“. Und ganz „nebenbei“ bietet sie in der von ihr gegründeten Bio-Akademie Seminare und Workshops an.