Dentalmaterialien werden in ihrer Farbgebung und Biegefestigkeit dem natürlichen Zahn immer ähnlicher: So tritt Komposit dank seiner hohen Anpassungsfähigkeit zunehmend in der modernen CAD/CAM-Technologie in Erscheinung. Wie die Auswahl des passenden Kronenwerkstoffs gelingt, zeigt folgender Patientenfall.
Selbst bei unkomplizierter Therapieplanung müssen für eine geeignete Materialauswahl viele Faktoren beachtet werden. Zu Beginn steht immer die Analyse der ätiologischen Faktoren. Darüber hinaus spielen die Erwartungen des Patienten eine maßgebliche Rolle bei der Gestaltung des Zahnersatzes. Materialspezifische Eigenschaften dürfen nicht außer Acht gelassen werden, wie beispielsweise mechanische Bruch- und Biegefestigkeit, mögliche Herstellungsmethoden oder der Befestigungsmodus zum Zahn und anderen verwendeten Dentalmaterialien.
Neuversorgung nach endodontischer Revision
Bei einem 32-jährigen Patienten war eine Neuversorgung von Zahn 36 durch eine Einzelkrone erforderlich. Grund hierfür war die notwendige Revision einer vorangegangenen Wurzelkanalbehandlung mit insuffizienter Obturation der Kanäle. In der Röntgendiagnose war eine apikale Aufhellung erkennbar, die auf einen nicht abgefüllten zweiten distalen Kanal hinwies.
Eine Perforation der mesio-lingualen Wurzel konnte mittels Mineral Trioxid Aggregaten (MTA) gedeckt werden. Anschließend wurde das Wurzelkanalsystem mit warmer Guttapercha dauerhaft obturiert und der Zahn provisorisch versorgt. Nach sechs Monaten bestätigte die Röntgenkontrolle die erfolgreiche endodontische Revision.
Auffällig waren bei der klinischen Untersuchung diverse Attritionen – insbesondere an den oberen Frontzähnen. Bei Überprüfung der dynamischen Kontakte wurde zudem festgestellt, dass auf der linken Seite Balancekontakte bestanden. Nach manueller Kiefergelenkuntersuchung konnten weitere Auffälligkeiten hinsichtlich einer craniomandibulären Dysfunktion (CMD) ausgeschlossen werden. Schließlich führte die Befragung des Patienten zur Verdachtsdiagnose Schlafbruxismus.
CAD/CAM-Komposit zur Bruxismustherapie
Der Bruxismus und die Balancekontakte im Bereich der linken Molaren spielten eine entscheidende Rolle bei der Materialauswahl. Durch den Wunsch des Patienten nach einer zahnfarbenen Versorgung schieden metallische Legierungen aus. Darüber hinaus schien es aus zahnmedizinischer Sicht sinnvoll, eine monolithische Versorgung anzufertigen, um Chipping zu verhindern.
Beim Kronenwerkstoff fiel die Entscheidung auf LuxaCam Composite des Hamburger Herstellers DMG. Aufgrund seines dentinähnlichen Elastizitätsmoduls verfügt das CAD/CAM-fräsbare Komposit über eine „stoßdämpfende“ Wirkung und ist antagonistenschonend. Im vorliegenden Fall sollte das indirekte Komposit den endodontisch behandelten Zahn versorgen und weiteren unnötigen Abrasionen vorbeugen.
Klassische Abformung und Digitalisierung
Im ersten Schritt wurde die provisorisch zementierte Krone abgenommen. Die Präparationsgrenze wurde dabei geringfügig nachgearbeitet und finiert. Die konventionelle Abformung erfolgte mit klassischem Polyether, die Gegenkieferabformung konnte mit Alginat durchgeführt werden.
Zur präzisen Darstellung der Funktion diente eine Oberkieferübertragung nach arbiträren Referenzpunkten mittels Gesichtsbogen.
Nach Herstellung der Meistermodelle wurde eine Krone im herkömmlichen Verfahren aufgewachst. Das manuelle Aufwachsen bot den Vorteil, dass die statische und dynamische Okklusion ideal gestaltet und überprüft werden konnte.
Mithilfe eines Laborscanners wurde die Krone für die weitere Konstruktion im CAD/CAM-Verfahren digitalisiert. Dabei wurden die Standard Tesselation Language Daten (STL) mit der ebenfalls eingescannten Präparation überlagert. Die genaue Form der Krone konnte am digitalen Sägeschnittmodell in der CAD-Software der Firma 3shape nachbearbeitet werden.
Kronenfräsen aus der Ronde
Die eigentliche Herstellung der Einzelkrone erfolgte auf einer Zeno 4030 Fräseinheit der Firma Wieland i-mes GmBH, prinzipiell kann LuxaCam Composite aber auf allen gängigen CAD/CAM-Systemen verarbeitet werden. Der Werkstoff wird auch in Rondenform angeboten. Im vorliegenden Fall kamen zwei Kompositronden mit jeweils einem Durchmesser von 98,5 Millimetern und einer Höhe von 20 Millimetern in den Farben A1 und A2 zum Einsatz.
Durch den Füllstoffgehalt des Materials von 70 Prozent Silikatglas wurde eine andere Frässtrategie im Vergleich zu herkömmlichen indirekten Kunststoffen notwendig. Der entscheidende Unterschied in der Spanhebung zeigte sich vor allem bei der Verarbeitung: Die keramischen Komponenten führen zu geringerer Spanbildung und vermehrtem, feinem Schleifstaub. Für die trockene Bearbeitung des Werkstoffs wurde ein zweischneidiger Fräser mit Diamantbeschichtung gewählt, der für die Verarbeitung von Zirkoniumdioxid verwendet wird. Vorschub, Bahnabstand und Zustelltiefe wurden geringgehalten, um gute Ergebnisse bei einer langen Standzeit der Fräser zu gewährleisten.
Vier verschiedene Farbvarianten
Bei monolithischen Versorgungen müssen sich Zahnärzte und Zahntechniker auf die jeweilige Farbgebung des Materials verlassen können. Derzeit gibt es LuxaCam Composite in sieben Farben auf Basis des Vita Classic-Farbrings. Weitere individuelle Anpassungen lassen sich leicht mit kompositbasierten Materialien, polymerisierbaren Malfarben, beziehungsweise den passenden Bondingsystemen, umsetzen.
Um die Möglichkeiten der farblichen Individualisierung aufzuzeigen, wurden in vorliegendem Fall vier Kronenvarianten aus den Fräsronden der Farbe A1 und A2 angefertigt.
In einem zweiten Schritt konnten mit dem Bondingsystem LuxaCam Glaze & Bond farbliche Veränderungen vorgenommen werden. Hierzu wurden die gefrästen und nachbearbeiteten Kronen mit 50 Mikrometer (μm) Aluminiumoxid-Strahlkorund mit 1,5 Bar angeraut. Das Bondingsystem wurde im Anschluss mit einem Pinsel aufgetragen und ausgehärtet. Durch die Glasur konnte insgesamt eine chromatischere Farbe der Krone erreicht werden, die in etwa einem Zwischenton der beiden A-Farben entsprach.
Bei der Einprobe der Kronen zeigten sich die farblichen Unterschiede besonders deutlich. Ausgewählt wurde letztlich die individualisierte, aus der A2-Ronde gefertigte Krone. Der Zahnersatz gliederte sich harmonisch in die natürliche Zahnreihe ein.
Fazit
Bei einer Kronenneuversorgung spielt der häufige Wunsch des Patienten nach einer metallfreien, zahnfarbenen Lösung eine ebenso zentrale Rolle für die optimale Materialauswahl wie die mechanischen Eigenschaften des verwendeten Dentalwerkstoffs. Gerade bei Bruxismus stellt der Einsatz moderner CAD/CAM-Komposite einen innovativen, langfristig zuverlässigen Therapieansatz dar. Der indirekt fräsbare Werkstoff in Rondenform kann wie gewohnt nach traditionellen Abform- und Modellationstechniken verarbeitet werden und lässt sich dabei flexibel individualisieren.
Autoren
• Zahnarzt Oskar Bunz ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Zahnärztliche Prothetik und Dentale Technologie, Department für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, Fakultät für Gesundheit an der Universität Witten/Herdecke.
• Mathias Sieger ist Zahntechnikermeister bei Sieger dental design in Herdecke.
• Prof. Dr. Andree Piwowarczyk ist Lehrstuhlinhaber für Zahnärztliche Prothetik und Dentale Technologie am Department für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, Fakultät für Gesundheit an der Universität Witten/Herdecke.