Kaum sind die ersten warmen Sonnenstrahlen da, schon steigt das Bedürfnis nach Bräune. Dennoch sei Vorsicht geboten, warnt Dr. Titus Brinker von der Universitäts-Hautklinik Heidelberg. Mit der von ihm entwickelten „Sunface“-App möchte er vor allem Jugendliche und junge Erwachsene für Gefahren durch die UV-Strahlung sensibilisieren. Seine digitale Idee zur Hautkrebsprävention wurde jetzt mit dem mit 25.000 Euro Preisgeld dotierten Young Research Award der La Roche-Posay Foundation ausgezeichnet.
Prof. Dr. Alexander Enk, Ärztlicher Direktor der Universitäts-Hautklinik Heidelberg, der die Auszeichnung bei der Frühjahrstagung der Universitäts-Hautklinik Heidelberg Ende März 2018 mit überreichte, erklärt: „Die Haut vergisst nichts. Die ‚Sunface‘-App verdeutlicht das sehr eindrücklich und richtet sich primär an eine Altersgruppe, die man ansonsten mit Präventionsmaßnahmen nur schwer erreicht.“
So funktioniert es
Ob bei ausgedehnten Sonnenbädern oder häufigem Solariumbesuch – die UV-Strahlung setzt der Haut nachhaltig zu. Wie sich das eigene Gesicht im Laufe der Jahre dadurch verändern kann, veranschaulicht die „Sunface“-App. Und so funktioniert es: Die App herunterladen (für iPhones und Android-Smartphones kostenlos), ein Selfie schießen, den Hauttyp sowie eine von drei Verhaltensoptionen (Sonnenschutz, kein Sonnenschutz oder wöchentlicher Solariumbesuch) auswählen, und schon kann man dem um fünf oder 25 Jahre gealterten Ich ins Gesicht blicken – und zwar in 3-D und mit animierten Effekten. Dazu berechnet die App, wie stark sich, je nach Verhalten, das Hautkrebsrisiko erhöht, erklärt, wie man Hautkrebs und seine Vorstufen bei sich erkennen kann, und gibt Tipps für den richtigen Sonnenschutz. Wer will, kann sein animiertes Selfie via Social Media teilen.
„Vor allem junge Leute wollen mit dem ungesunden Bräunen ihre Attraktivität steigern. Das zeigen Befragungen unter Solariumnutzern“, erklärt Brinker. „Dass dieser Schuss nach hinten losgeht, die Haut schädigt und ihre Alterung beschleunigt, zeigt die ‚Sunface‘-App als Blick in den Spiegel in naher oder auch etwas weiter entfernter Zukunft.“ Sich im Urlaub oder später auch im Solarium bräunen zu lassen, sei immer noch in Mode. „Da ist noch viel Aufklärungsarbeit nötig“, betont Brinker.
Forschungsbedarf immer noch groß
Der junge Arzt hat bereits mehrere Gesundheits-Apps entwickelt, darunter die Tabakpräventions-Apps „Smokerface“ und „Smokerstop“. Außerdem ist er Inhaber der Smart Health Heidelberg GmbH, die Gesundheits-Apps unter Nutzung von künstlicher Intelligenz entwickelt und vertreibt. Seit Dezember 2017 ist Brinker am Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg tätig und leitet während seiner Facharztweiterbildung an der Universitäts-Hautklinik die App-Entwicklung am NCT. Die vierköpfige Forschungsgruppe verfolgt insgesamt das Ziel, digitale Gesundheitsangebote für Smartphone und Webbrowser zu entwickeln und auszuwerten.
Inwieweit die „Sunface“-App Jugendliche und Erwachsene für Hautschutz und Hautkrebsprävention sensibilisieren und ihr Verhalten diesbezüglich beeinflussen kann, sollen mehrere groß angelegte internationale Studien unter Heidelberger Federführung klären. Eine erste Befragung unter insgesamt 205 Schülern im Alter von 13 bis 19 Jahren in Essen zeigte bereits: Die App motivierte die Schüler, sich besser vor UV-Strahlung zu schützen und das Solarium zu meiden. „Die ‚Sunface‘-App scheint ihren Zweck als niederschwellige Präventionsmaßnahme zu erfüllen“, so Brinker. „Prospektive Effekte müssen langfristig angelegte Folgestudien mit Vergleichsgruppe allerdings noch bestätigen.“
Fakten
Der schwarze Hautkrebs – das Melanom – nimmt in seiner Häufigkeit so rasant zu wie weltweit kein anderer bösartiger Tumor: Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts haben sich die Erkrankungsraten in Deutschland seit den 1970er-Jahren mehr als verfünffacht. Jährlich erkranken hierzulande rund 21.000 Menschen an schwarzem Hautkrebs, rund 3.000 sterben daran. Wichtigster Risikofaktor ist die natürliche oder künstliche UV-Strahlung durch Sonne oder Solarien, insbesondere in der Kindheit und Jugend.