Denn, so Mindermann, wie auf jedem Fachgebiet macht der Fortschritt auch in der Kieferorthopädie nicht bei dem vom Fünften Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) geforderten Ausreichenden, Zweckmäßigen und Wirtschaftlichen halt, sondern es haben sich Behandlungsapparaturen und Behandlungsmöglichkeiten entwickelt, die unseren Patienten eine Behandlung ermöglichen, die sie unsichtbarer, angenehmer, schneller oder mit weniger notwendiger Disziplin zu dem gewünschten Behandlungsergebnis führt.
Feld war nie eindeutig geklärt
Aber genau dieses Feld von Anspruch auf Grundleistung durch die Gesetzliche Krankenversicherung einerseits und Einbeziehung der erweiterten Möglichkeiten auf unserem Gebiet andererseits war nie eindeutig geklärt. Wir haben 2004 intensiv für die Wahlfreiheit unserer Patienten und Kolleginnen und Kollegen gekämpft – so kam es bei Mehrleistungen zu Einzelverträgen in einigen KZV-Bereichen und auf Bundesebene mit der TK. Das Problem: Dieses System war ansonsten nur geduldet, vor allem deshalb, weil es auch nicht im Interesse der Kassen lag, die Wahlfreiheit ihrer Versicherten extrem zu begrenzen. Diese Freiheit, das mussten wir leider feststellen, wurde jedoch nicht von allen Kolleginnen und Kollegen wirklich verantwortungsbewusst umgesetzt.
Politisch relevant nach medialer Aufbereitung von Einzelfällen
Durch die mediale Aufbereitung von Einzelfällen wurde dieses Thema auch politisch relevant. Patientenschutzbeauftragte wandten sich an die Politik und forderten Klärung der Verhältnisse. Die Politik wandte sich an die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) und forderte von dieser die Klärung der Sachlage. Daraufhin entwickelten die KZBV und der BDK mit wissenschaftlicher Begleitung durch die DGKFO und die DGZMK eine Definition der Regelversorgung und den Letter of Intent mit dem Ziel: mehr Transparenz für alle Beteiligten in der Handhabung und Umsetzung von Mehrleistungen, Zusatz- und außervertraglichen Leistungen. Es war allen Beteiligten ein Anliegen, die Transparenz für die Patienten bei der Auswahl der ihnen zur Verfügung stehenden Behandlungsmittel und -methoden zu erhöhen und vor allem auch Transparenz der entstehenden Kosten zu gewährleisten.
Ein wesentlicher Punkt in der nunmehr geschlossenen Vereinbarung ist die Sicherheit, dass der Patient bei der Wahl von Mehrleistungen, Zusatz- und außervertraglichen Leistungen seinen Anspruch auf Leistungen der Gesetzlichen Krankenversicherung nicht verliert. Für die Kieferorthopäden und kieferorthopädisch tätigen Zahnärzte schafft die Vereinbarung Klarheit und Sicherheit darüber, dass Mehrleistungen ebenso wie Zusatz- und außervertragliche Leistungen im Einklang mit ihren vertragszahnärztlichen Pflichten vereinbart werden können. Daher ist diese Vereinbarung für alle Beteiligten von wesentlicher Bedeutung.
Unruhe beruhte auf falschen Vorstellungen
Im Vorfeld dieser neuen Vereinbarung gab es durch Einzelne verursachte Kritik. Sie zeigte sich in einer neuen Form, die in unserer Kollegenschaft und im Vorstand einige Unruhe ausgelöst hat: anonym im Netz in einer Art Shitstorm. Lassen Sie mich es so sagen: Einige aus der Berufsgruppe, die sich über Jameda, Sanego und die anonyme Möglichkeit der Negativbewertung durch Patienten beschweren, waren sich nicht zu schade, nun selbst diesen Weg zu wählen. Dabei wurde ganz deutlich, dass die Unruhe auf falschen Vorstellungen beruhte.
Deshalb fand am vergangenen Wochenende in Frankfurt (Main) die erste von drei Informationsveranstaltungen des BDK mit über dreihundert Mitgliedern statt. Im Verlauf der mehrstündigen Versammlung konnten Unklarheiten beseitigt und die Notwendigkeit und der Inhalt der Vereinbarung vorgestellt werden. Die Fragen entstanden zum größten Teil durch falsch verstandene Verpflichtungen aus der Vereinbarung. Zum Abschluss wurde deutlich: Wer auch bisher schon immer fair und transparent mit seinen Patienten gesprochen und die Leistungen schriftlich und sachlich korrekt vereinbart hat, hat nun eine zusätzliche Sicherheit durch die neue gemeinsame Vereinbarung.
Dr. Gundi Mindermann, Bremervörde