Das 18. Keramiksymposium der Arbeitsgemeinschaft für Keramik in der Zahnheilkunde (AG Keramik), fand im Rahmen des Deutschen Zahnärztetags 2018 statt.
Der Materialselektion für vollkeramische Restaurationen widmete sich Prof. Dr. Sven Reich (RWTH Aachen) mit Untersuchungen zum Werkstoff- und Antagonistenverschleiß. Prof. Dr. Andree Piwowarcyk (Universität Witten/Herdecke) führte die Zuhörer in die Indikation für Okklusal-Veneers aus Keramik und keramikdotierten CAD/CAM-Komposits ein. Dr. Karl-Ludwig Ackermann, Fachzahnarzt für Oralchirurgie (Filderstadt), legte seine Erfahrungen mit implantatgetragenen Hybrid-Abutmentkronen aus Zirkoniumdioxid- und Lithiumdisilikat-Keramik offen. Prof. Dr. Petra Gierthmühlen, vertreten durch Dr. Johannes Boldt (Universität Düsseldorf), stellte komplexe Behandlungsfälle zur Rehabilitation massiver Zahnhartsubstanzverluste durch Reflux, Bulimie, Bruxismus vor.
Im Hauptprogramm der DGZMK stellte Dr. Bernd Reiss (Malsch), Vorsitzender der AG Keramik und der DGCZ, mit der seit 20 Jahren in niedergelassenen Praxen laufenden, multizentrischen Feldstudie „Ceramic Success Analysis“ ein Instrument zur Qualitätssicherung für die konservierende und prothetische Restauration vor. Für sein Wirken in Standesorganisationen wurde Reiss mit der Ehrenmedaille der DGZMK ausgezeichnet.
Positionierung und Okklusion
In seinem Thema „Klinische Langzeitbewährung von kombinierten, vollkeramischen Restaurationen auf Implantaten“ wies Ackermann darauf hin, dass die ideale Positionierung des Enossalteils im Knochen entscheidend dazu beiträgt, die Belastung auf das Implantatsystem zu minimieren. Zudem sei eine exakt eingestellte Okklusion bei Implantaten von großer Bedeutung für die orale Funktion und für die Prävention von implantatbedingten Komplikationen. Bei okklusaler Überlastung können Schraubenlockerungen und Frakturen im Implantat sowie in der Suprastruktur auftreten.
Bei der Auswahl der prothetischen Werkstoffe stehen die Anforderungen an eine natürliche Ästhetik den Bedingungen für eine hohe Stabilität gegenüber. Zudem sind ästhetische Ansprüche, die keine Einschränkungen durch prothetische Materialien zulassen, auf den Front- und Prämolarenbereich beschränkt. Im Molarenbereich dominieren mechanische Vorgaben, die laut Ackermann metallische Werkstoffe (Titan, EM, NEM) in die Wahl einbeziehen (Abb. 1).
Die Überlebensraten von implantatgetragenen Kronen aus verblendetem Zirkoniumdioxid (ZrO2) wurden in der Praxis des Referenten mit zahngetragenen ZrO2-Kronen im Zeitraum von 10 Jahren verglichen. Die Überlebensraten lagen jeweils bei 86 Prozent. Technische Komplikationen durch Verblendfrakturen (Chipping) traten besonders aufgrund funktioneller Interferenzen bei Implantatkronen auf. Deshalb empfahl Ackermann das nächtliche Tragen von Schienen zur Prävention von Chippings, besonders bei Parafunktionen und Bruxismus.
Abrasion der Restaurationswerkstoffe
Die Konditionierung der Grenzfläche einer vollkeramischen Restauration als Kontaktfläche zu Schmelz und Dentin bestimmt mit der adhäsiven Befestigung den nachhaltigen, klinischen Erfolg. Eine weitere Grenzfläche nimmt ebenso Einfluss auf die längerfristige, klinische Erfolgswahrscheinlichkeit – das Abriebverhalten der Okklusalflächen im Kontakt zum Antagonisten. Für die „Grenzbetrachtungen“ untersuchte Reich Kronen aus ZrO2, die im Ruf stehen, sich aggressiver als Alternativwerkstoffe zu verhalten. In einer Zweijahresstudie In-vivo wurde das Verschleißverhalten von ZrO2, Lithiumdisilikat (LS2) und von einem keramikdotierten CAD/CAM-Komposit auf Antagonisten ermittelt (Abb. 2).
Bei der ZrO2-Krone waren nach 24 Monaten am Schmelz des Antagonisten 120 μm abradiert, am ZrO2 selbst nur 20 μm. Die LS2-Krone löste auf dem Antagonisten-Schmelz einen Verschleiß von 80 μm aus, auf der LS2-Restauration 60 μm. Beim Okklusalkontakt von LS2 und dem digital gefrästen Hybrid-Komposit verlor die keramikdotierte Polymer-Krone 110 μm, das LS2 60 μm. In der Vergleichsgruppe Gold vs. Lithiumdisilikat abradierte EM um 100 μm, LS2 um 60 μm. In-vitro Studien mit ZrO2 zeigten, dass die Verschleißrate besonders von der Oberflächenpolitur der Restauration abhängt. Glasiertes ZrO2 scheint mehr Verschleiß am Antagonisten zu verursachen als poliertes ZrO2. Ermittelt wurde auch, dass die Glasur durch Kaubelastung schnell abradiert. Dadurch hat die ZrO2-Kaufläche die Möglichkeit, besonders bei rauer Oberfläche auf den Antagonisten verschleißend einzuwirken.
Funktionserhalt durch Okklusal-Veneers
Zur Wiederherstellung von anatomischen Kauflächen im Abrasions- und Erosionsgebiss stellte Piwowarczyk Okklusal-Veneers aus Keramik und aus keramikdotierten Kompositblocks vor. Nach funktionalen Prinzipien hergestellt, dienen diese Versorgungen auch zur Bisserhöhung, der Veränderung der horizontalen und der vertikalen Kieferrelation sowie der Wiederherstellung einer adäquaten statischen und dynamischen Okklusion (Abb. 3). Der Einsatz einer defektorientierten Kaufläche in Form einer adhäsiv befestigten Okklusionsschale aus Keramik oder keramikdotiertem Hochleistungspolymer gewährleistet eine ästhetische Adaptation an den Restzahn sowie eine gute chemische und mechanische Beständigkeit.
Boldt berichtete in Vertretung von Gierthmühlen über komplexe Behandlungsfälle wie Bisserhöhung bei Knochenresorption und bei Schmelz-Erosion durch Bruxismus, Bulimie und Reflux sowie die Therapie einer Amelogenesis Imperfecta (weicher Zahnschmelz, Abb. 4). Befundung, Weichgewebschirurgie und Rekonstruktion der Zahnhartsubstanz wurden mit analogen und digitalen Techniken durchgeführt. Dadurch konnte das anvisierte klinische Ergebnis, ausgehend von der Situationsanalyse über die Behandlungsplanung mit prothetischem Mock-up unter Einbeziehung der ursprünglichen Zahnhartsubstanz, mit einem minimal-invasiven Konzept vorausbestimmt und erfolgreich umgesetzt werden.
Qualitätssicherungsinstrument in der Praxis
Die seit 20 Jahren laufende multizentrische Studie „Ceramic Success Analysis“ (CSA) in niedergelassenen Praxen stellte Reiss im Hauptprogramm des Deutschen Zahnärztetags vor. 12.000 Befunde aus 150 Praxen belegen, dass vollkeramische Restaurationen eine hohe Überlebensrate haben. Die jährlichen Misserfolge blieben in 20 Jahren konstant niedrig, auch geschuldet der adhäsiven Befestigungstechnik. Alle Teilnehmer dieser Studie erhalten nach Eingabe ihrer Befunddaten (www.csa-online.net) die Vergleichswerte. Damit können eigene Vorgehensweisen hinterfragt und mit dem Procedere aller teilnehmenden Zahnärzte verglichen werden.
Manfred Kern, Wiesbaden