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„Wir müssen mutiger werden“

Dr. Anna-Christin Konermann

Professor Dr. Anna-Christin Konermann ist die jüngste zahnmedizinische Professorin Deutschlands.

Professor Dr. Anna-Christin Konermann schrieb ihre Habilitation innerhalb von zwei Wochen. Da war sie 31 Jahre alt. Mit 33 wurde sie die jüngste zahnmedizinische Professorin Deutschlands und gleichzeitig die erste Professorin in der Zahnmedizin am Universitätsklinikum Bonn. Frauen, die eine wissenschaftliche Karriere anstreben, rät sie zu mehr Mut.

Im Interview mit dzw-Redakteurin Nina Eckardt verrät sie, wie man mit Selbstvertrauen erfolgreich wird.

Warum haben Sie sich für die wissenschaftliche Karriere entschieden?

Prof. Anna Konermann: Als ich nach dem Staatsexamen in einer allgemeinzahnärztlichen Praxis war, habe ich gemerkt, dass ich Kieferorthopädin werden möchte, was ich vorher nie in Erwägung gezogen hatte. Zu dem Zeitpunkt wusste ich schon, dass ich an der Universität arbeiten möchte. Für mich war es immer spannend zu behandeln, zu forschen und zu lehren. Diese Vielfalt kann eine Praxis niemals bieten. Außerdem schreibe ich sehr gerne, ich wollte als Kind immer in einer Redaktion arbeiten. Meine Dissertation und Habilitation sind mir deshalb sehr leicht von der Hand gegangen. Zwischendurch zweifelt man zwar, aber für mich war dieser Weg eigentlich schon immer klar.

Die Wissenschaft wird von Männern dominiert. Müssen Frauen in der Forschung mehr leisten als Männer?

Konermann: Ich glaube nicht, dass Frauen es schlechter haben und mehr tun müssen als Männer. Ich kann mir vorstellen, dass das früher sicher mal so war, in den vergangenen Jahren wurde aber extrem viel für Frauen getan. Wir müssen mutiger und selbstbewusster werden und die Chancen, die uns geboten werden, annehmen. In den Köpfen der meisten Frauen ist immer noch der Gedanke verwurzelt, dass sie nicht so gut sind wie Männer und nicht an ihren Erfolg in der Forschung glauben. Ich denke, das ist der eigentliche Knackpunkt.

Immer wieder heißt es „die Zahnmedizin ist weiblich“. Wird es auch bei den Professuren einen Wandel geben?

Konermann: Mein persönliches Empfinden ist, dass man in der Zahnmedizin, aber auch in der Medizin und Biologie, sehr viele Frauen sieht. Allerdings wird die Luft dünner, je höher man steigt. Zurzeit muss man Frauen noch aktiv unterstützen, um irgendwann ein Gleichgewicht zu erreichen. Aber da sind wir auf einem guten Weg. Für die Förderung von Professorinnen haben insbesondere der Dekan der Medizinischen Fakultät in Bonn, Professor Wernert, und die Gleichstellung unserer Fakultät in den vergangenen Jahren sehr viel getan. 2012 waren wir noch bei einem Professorinnenanteil von 7 Prozent. 2017 waren es 17 Prozent. Ich sehe es mit einer Portion Optimismus und ausreichend Realismus so, dass es in Zukunft ein Gleichgewicht geben wird. Weil man bemerkt: Da ist Nachholbedarf. Wenn die Frauen es zudem schaffen, mutiger zu sein, ist der Wandel sicherlich bald erfolgt.

Spielen Vorurteile in Ihrem Arbeitsalltag eine Rolle?

Konermann: Ich merke schon, dass Leute im Positiven verwundert sind, wenn sie mich kennenlernen und offensichtlich denken: die ist sehr jung und schon Professorin. Da passt dann die Schublade erst mal nicht. Man stellt sich unter einem Professor ja eher einen älteren Mann mit Bart und Brille vor und keine junge Frau. Die eigene Wahrnehmung ist ausschlaggebend. Wenn man denkt, dass man in seine Rolle eigentlich nicht hineingehört, dann strahlt man dies auch nach außen. Wenn man sich hingegen mit seiner Position identifiziert, wird man selbstbewusst in den Kontakt mit dem Gegenüber treten. Ich hatte persönlich noch nie mit Vorurteilen zu kämpfen.

Wie setzt man sich als Frau gegen Alphamännchen durch?

Konermann: Man sollte den Alphamännchenhabitus keinesfalls imitieren. Alphamännchen mit Ruhe und Gelassenheit zu begegnen ist sicher nicht immer einfach, aber es funktioniert. Man sollte sich seiner Stärken bewusst sein und sich nicht einschüchtern lassen. In der Ruhe liegt die Kraft. An passender Stelle sollte man das Wort erheben und seinen Ansichten Gehör verschaffen.

Gibt es in Bonn institutionalisierte Programme zur Förderung und Gleichstellung von Frauen? Sind diese effektiv?

Konermann: Wir haben etablierte Gleichstellungsmaßnahmen an der Medizinischen Fakultät und am UKB in Ergänzung zu den zentralen universitären Maßnahmen. Unser Exzellenzcluster Immunosensation 2 ermöglicht Wissenschaftlerinnen ein zusätzliches Seminar- und Beratungsangebot, SHKs zur Unterstützung während der Elternzeit, Subventionierung externer Kitaplätze und Mittel für Ferien- und Notfallbetreuungen von Kindern. Weiterhin gibt es bei Bonfor, dem Bonner Forschungsförderprogramm, eine Frauenförderung mit Verlängerung der Projektlaufzeiten bei Mutterschutz von Projektleiterinnen, Flexibilisierung des Förderzeitraums für Mütter, monatliche Kinderzulage und Berücksichtigung der Kinderbetreuungszeiten bei Antragstellung. Neu ist an unserer medizinischen Fakultät die Habilitationsförderung für Ärztinnen und Wissenschaftlerinnen mit Fakultätsgeldern für klinische Freistellungen und sonstige flexible Unterstützung. Dies ist ein Vorgriff auf die zu erwartende Finanzierungshilfe durch das Wissenschaftsministerium NRW, das Unterstützung in Form von Fördermitteln für Frauen zugesagt hat. Man sieht, es passiert unheimlich viel. Unser Dekan ist zu Recht stolz drauf, dass er den Frauenanteil insbesondere bei den sehr kompetitiven W3-Stellen erhöhen konnte. Wir konnten wirklich exzellente Ärztinnen und Wissenschaftlerinnen rekrutieren.

Welche Tipps geben Sie Absolventinnen, die eine wissenschaftliche Karriere anstreben?

Konermann: Der eingeschlagene Weg wird, wenn man sich sicher ist und Spaß hat, funktionieren. Man sollte nicht aufgeben, seinen Weg verfolgen und sich von äußeren Einflüssen oder auch eigenen Zweifeln nicht einschüchtern lassen. Am Ende zählt die Qualität. Wir sollte nicht im Hinterkopf haben „ich bin ja nur eine Frau und deshalb klappt es nicht“. Ich glaube, das ist der größte, selbstlimitierende Faktor. Alles beginnt im Kopf, man kann alles erreichen, was man will. Man sollte mutig sein und sich nicht beirren lassen.