Allein die demografische Entwicklung in Deutschland, die damit zusammenhängende Zahl an Menschen im Rentenalter und ihr zunehmender Anteil an der Gesamtbevölkerung ist Grund genug, sich mit der Thematik pflegebedürftiger Menschen in der Zahnheilkunde zu beschäftigen. Sich im Rahmen der zahnärztlichen Tätigkeit dieser Herausforderung zu stellen, kann einerseits die Verbesserung der Ertragssituation durch die Abrechnung neuer Gebührenpositionen nach sich ziehen, andererseits stellt die Behandlung älterer sowie pflegebedürftiger Menschen einen wichtigen sozialen Beitrag dar und kann auch durch gezielte Marketingmaßnahmen die Entwicklung der Praxis fördern.
Um einen Einstieg in diese Nische der Zahnheilkunde zu bekommen, ist die Teilnahme – sowohl der Zahnärzte selbst, als auch deren Mitarbeiter – an Fortbildungsmaßnahmen, die in verschiedenen Formen angeboten werden, unumgänglich. Diese stellen zweifelsohne zunächst Aufwand für die Zahnarztpraxis dar. Langfristig werden jedoch die Vorteile, die etwa aus der Umsatzsteigerung resultieren, diesen Aufwand übersteigen. Darüber hinaus mindert – zumindest aus steuerlicher Sicht – der Aufwand für die Inanspruchnahme von Fort- und Weiterbildungen als sofortige Betriebsausgabe die steuerliche Belastung der Zahnarztpraxis.
Derartige Praxen sollten über eine altersgerechte Ausstattung verfügen und bestenfalls barrierefrei sein. Außerdem besteht die Möglichkeit, rollstuhlgerechte Dentaleinheiten zu erwerben. Aus steuerlicher Sicht werden diese Anschaffungen über die vorgeschriebene Nutzungsdauer abgeschrieben und mindern den Gewinn somit nur sukzessive.Ansatzpunkt für die Abrechnungsmöglichkeiten auf diesem Gebiet liefert der seit 2018 durchgesetzte Paragraf 22a des Fünften Sozialgesetzbuches (SGB V). Danach besteht für Versicherte mit einem Pflegegrad nach Paragraf 15 des Elften Sozialgesetzbuches der gesetzliche Anspruch auf präventive Zahnheilkundemaßnahmen. In Anlehnung an die Richtlinie zu Paragraf 22a SGB V ergeben sich folgende abzurechnenden Leistungen: Erhebung des Mundgesundheitsstatus, Erstellung eines individuellen Mundgesundheitsplans, Mundgesundheitsaufklärung sowie die Entfernung harter Zahnbeläge. Zusätzliche Abrechnungspositionen ergeben sich bei Behandlungen außerhalb der Praxisräumlichkeiten, beispielsweise bei Hausbesuchen oder Besuchen in Pflegeeinrichtungen.
Vertragszahnärzte haben seit dem 1. April 2014 die Möglichkeit, mit stationären Pflegeheimen einen Kooperationsvertrag nach Paragraf 119b Abs. 1 SGB V abzuschließen. Hierzu bieten die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen der Länder wie zum Beispiel die Kassenzahnärztliche Vereinigung Nordrhein oder die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg entsprechende Musterkooperationsverträge an. Diese regeln unter anderem die Qualitäts- und Versorgungsziele, die Aufgaben des Zahnarztes sowie die Verpflichtungen der jeweiligen Vertragspartner.
Die Bedeutung pflege- und altersgerechter Zahnmedizin wird zukünftig zweifelsohne weiter ansteigen. Durch den technischen Fortschritt und die zunehmenden Weiterbildungsmöglichkeiten wird nicht nur das Wohlbefinden und die Lebensqualität der Patienten gefördert, sondern es ist auch ein Rückgang der alterstypischen Zahnerkrankungen zu erwarten.
Thorsten Schwardt, Bergisch-Gladbach
Thorsten Schwardt ist Diplom-Betriebswirt und Steuerberater bei Wilde & Partner mbB. Wilde & Partner ist seit mehr als 30 Jahren mit Sitz in der Nähe von Köln in der Beratung von Zahnärzten im gesamten Bundesgebiet tätig. Weitere Infos unter www.wilde-partner.de