Das Zahnmobil von Dr. Blum (Fachzahnarzt für Oralchirurgie) ist eine mobile Zweigpraxis, die regelmäßig vor Seniorenheimen und Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen haltmacht. Beim Einsatz im Bildungs- und Pflegeheim St. Martin in Düngenheim machte sich Dr. Peter Mohr, seines Zeichens Vizepräsident der Landeszahnärztekammer Rheinland-Pfalz, ein Bild von der Arbeit seines Kollegen. Im Interview mit dzw-Redakteurin Evelyn Stolberg erläutert er, warum das Engagement für diese Patientengruppen so wichtig ist.
Wie finden Sie das Zahnmobil?
Dr. Peter Mohr: Ich finde es beeindruckend, vor allem die Ausstattung. Ich bin selbst Fachzahnarzt für Oralchirurgie und konnte sehen, dass die Arbeit hier auf einem sehr hohen Level erfolgt, auch unter hygienischen und röntgenologischen Aspekten. Damit ist es möglich, vor Ort eine qualifizierte zahnmedizinische Versorgung für Patienten mit Beeinträchtigungen zu gewährleisten.
Unterstützt die Landeszahnärztekammer das Modell und eventuelle Nachahmer?
Mohr: Ja, die Landeszahnärztekammer unterstützt dieses Modell, da es die qualifizierte Versorgung von Menschen mit Beeinträchtigungen ermöglicht. Mein Eindruck ist: Es dürfte nicht einfach sein, da jemanden zu finden. Ich denke, das liegt an dem hohen Investitionsaufwand, der damit verbunden ist, aber auch der Kreativität, die Sie mit einem solchen Zahnmobil an den Tag legen müssen. Letztlich ist es auch eine Frage der Honorierung, denn die muss zumindest kostendeckend sein. Ich bin beeindruckt von dem Idealismus, den Dr. Blum zeigt, denn außerhalb der Praxis zu arbeiten hat seine besonderen Herausforderungen.
Finanziell macht es für Zahnärzte einen Unterschied, ob sie pflegebedürftige Menschen im Seniorenheim oder in einer Einrichtung für Menschen mit Behinderungen behandeln. Warum ist das so?
Mohr: Diese Frage kann Ihnen eher die Kassenzahnärztliche Vereinigung beantworten. Als Vertreter der Landeszahnärztekammer möchte ich da niemandem reinreden. Wenn Sie mich aber als Kollegen fragen, finde ich, dass zu Recht bei den Senioren neue Positionen geschaffen wurden, die aber natürlich allen Menschen mit Beeinträchtigungen zugute kommen sollten.
Finden Sie es ungerecht, dass Menschen mit Behinderung bei den neuen Positionen scheinbar vergessen wurden?
Mohr: Gerechtigkeit ist ein hohes Gut, und wir streben natürlich stets die größtmögliche Gerechtigkeit an. Es wird viel über Inklusion geredet, deshalb muss man nachdenken, wie die KZV oder die Krankenkassen diese Fragen beantworten können. Vielleicht ist es auch eine Aufgabe, der sich ein Ministerium oder eine Aufsichtsbehörde widmen sollte. Letztlich müssen wir uns aber auch als Gesellschaft fragen: Wollen wir Inklusion oder nicht?
Wie können die Zahnärzte in Deutschland die generelle Versorgung gewährleisten und zugleich den zeitintensiveren Patientengruppen, also Pflegebedürftigen und Menschen mit Behinderungen, gerecht werden?
Mohr: Das ist eine ganz große Herausforderung, denn ein Patentrezept gibt es dafür nicht. Ich habe meine Praxis selbst in Bitburg, das ist eine kleine Stadt in der Eifel. Dort bin ich in diversen Seniorenheimen unterwegs. Da kennt man sich, und ich versuche natürlich nach Kräften, viel zu tun. Aber die zeitlichen Möglichkeiten sind in den meisten Praxen einfach begrenzt. Ich denke, dass man den demografischen Wandel noch viel stärker im Zahnmedizinstudium abbilden sollte. Vielleicht muss man auch die gesamte Aus- und Weiterbildung viel stärker diesem Thema widmen.
In der Landeszahnärztekammer Rheinland-Pfalz planen wir deshalb gerade ein neues Curriculum zum Thema Alterszahnheilkunde. Auf Dauer kann ich mir die aufsuchende Betreuung ohne Modelle wie die von Dr. Blum nicht vorstellen. Ein Transport in die Praxis ist für viele eingeschränkte Patienten eine zu große Belastung. Die freie Arztwahl sehe ich hierdurch auch nicht beeinträchtigt. Die hat einen hohen Wert, an dem man nicht rütteln darf. Wenn es aber so ein attraktives Angebot wie das von Dr. Blum gibt, habe ich keine Bedenken, dass es gerne angenommen wird. Und letztlich wird das Zahnmobil ja nicht primär aus finanziellen Gründen betrieben. Wenn Inklusion aber mehr sein soll als ein hohler Begriff, sollten wir als Gesellschaft insgesamt bereit sein, hierfür auch das entsprechende Geld in die Hand zu nehmen.