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Mit 20 den Kinderschuhen entwachsen

digitale Erfassung von Quadranten

Abb. 1: Die digitale Erfassung von Quadranten, Ganzkiefer und Weichgewebe speichert Daten für Analysen, Diagnostik, Behandlungsplanung sowie Restauration und liefert damit Informationen für viele Indikationen und Therapielösungen. 

Die computergestützte Restauration in der niedergelassenen Praxis hat vor drei Jahrzehnten ihren Anlauf genommen. Inzwischen den „Kinderschuhen“ entwachsen, hat die CAD/CAM-Technik – angeführt vom Cerec-System – besonders in den vergangenen Jahren eine hohe Akzeptanz und eine deutliche Ausweitung erfahren.

Diese Entwicklung, die einer „stillen Revolution“ entspricht, wird seit 20 Jahren vom Cerec Masters Club – eine unabhängige Studiengruppe sowie Fortbildungseinrichtung und unterstützt vom Karl-Häupl-Institut der Zahnärztekammer Nordrhein – begleitet. Hierbei nutzt der Veranstalter das seit 1999 bewährte Erfolgsrezept, wissenschaftliche Erkenntnisse zur digitalen Restauration mit den Erfahrungen niedergelassener Praktiker zusammenzuführen.

Die 20-jährige Expertise und Fortbildungstätigkeit gipfelte in diesem Jahr im „Cerec-Tag“, der als CAD/CAM-Symposium mit Chairside-Schwerpunkt in Düsseldorf stattfand. Die Bedeutung dieser Veranstaltung wurde daran erkennbar, dass sich hochkarätige Referenten aus Forschung, Klinik, und Praxis bereit erklärt hatten, auf dem Cerec-Tag 2019 zu sprechen und Erfahrungen sowie Perspektiven mit Zahnärzten und Zahntechnikern zu teilen. Es referierten PD Dr. Andreas Bindl (Zürich), Dr. Ralf Böhner (Altstätten), Dr. Allesando Devigus (Zürich), Dr. Michael Dieter (Schaan), Dr. Gerd Frahsek (Velbert), Prof. Dr. Roland Frankenberger (Marburg), Prof. Dr. Dr. Albert Mehl (Zürich), Dr. Frank Spitznagel (Düsseldorf), Dr. Gerhard Werling (Bellheim), Dr. Andreas Kurbad und Zahnärztin Susanne Kurbad (Viersen), Dipl.-Ing. Rebecca Collong und Holger Raschke (Bensheim).

Virtuell Artikulieren vermeidet Einschleifen

Als Physiker und Zahnarzt hatte Mehl mit dem Lehrstuhl an der Universität Zürich das „Erbe“ der Cerec-Erfinder Mörmann/Brandestini übernommen und richtungsweisende Applikationen, zum Beispiel die Biogenerik, das digitale Bissregistrat, den virtuellen Artikulator und die funktionelle Okklusion entwickelt. Unter dem Leitgedanken „Artikulation und Funktion“ stand auf dem Cerec-Tag besonders die Interdigitation einer dynamischen Okklusion im Mittelpunkt von rekonstruktiven Therapielösungen (Abb. 1) mit dem Ziel, dysfunktionelle Situationen zu verhindern und die Kieferposition zu stabilisieren.

Fokkusierte ursprünglich die computergestützte Restauration auf die Einzelzahnversorgung, hat die CAD/CAM-Technik inzwischen auch in der Fertigung von komplexen, prothetischen Versorgungen ihren Platz eingenommen. Damit ist die dynamische Artikulation zu einer Bedingung für die virtuelle Konstruktion geworden, um die Funktion nachhaltig sicherzustellen (Abb. 2, 3). Hierbei werden die digital erfassten Kaubewegungen in die Software des elektronischen, individuell justierbaren Artikulators eingespeist.

Ziel des virtuellen Artikulators ist, mit der funktionellen Okklusion eine individuelle Passgenauigkeit für jede prothetische Restauration zu erlangen – und zwar von Anfang an. Mit den früh gewonnenen Intraoraldaten und den folgenden, konstruktiven Adjustierungen werden materialkompromitierende und zeitraubende Einschleifmaßnahmen nach Eingliederung weitgehend reduziert oder vermieden.

Laut Mehl geht das Zeitalter der rein mechanistischen, an den Möglichkeiten des mechanischen Artikulators orientierten Okklusion zu Ende. Neurobiologische und neuronale Aspekte der Steuerung der Kaubewegungen und Kaukräften werden bei zukünftiger Betrachtung einer funktionellen Okklusion zunehmend wichtiger. Deshalb sollte eine optimale Okklusion kaufunktionell effektiv und interferenzfrei sein, jedoch auch Freiheitsgrade haben, die der neuromuskulären Steuerung Variabilität ermöglichen.

Um die Kaufunktion zu erfassen, adäquat darzustellen und umzusetzen, sind computergestützte Techniken und „virtuelle“ Verfahren künftig unverzichtbar. Die optimale, virtuelle Okklusion ist eine der wichtigsten Aufgaben, denen sich die CAD/CAM-Technik heute stellen muss.

Scan-Genauigkeit auf Polyäther-Niveau

Die Abformgenauigkeit von Intraoralscannern untersuchte Spitznagel. Unabhängig von den unterschiedlichen Aufnahmesystemen liefern die Scanner gute Ergebnisse im Vergleich zu analogen Polyäther- und Silikonabformungen. Bei Einzelzahn- und Quadrantenscans sind die Abweichungen sehr gering, bei Ganzkieferscans sind noch Differenzunterschiede feststellbar. Bei Quadranten wurden mit dem Primescan (Dentsply Sirona) 21,9 µm Abweichung gemessen [Ender et al., 2019]; Toleranzen auf diesem Niveau können in der Regel von den subtraktiv arbeitenden Fräsautomaten nicht umgesetzt werden, weil die Arbeitsteile der Schleifinstrumente größer dimensioniert sind.

Anbetrachts der technisch bedingten Grenzen in der digitalen Weiterverarbeitung der Scandaten sind Abweichungen unter 50 µm laut Spitznagel klinisch nicht relevant. Bei Kronen wurden marginale Spaltmaße zwischen Kronenrand und Präparationsgrenze ermittelt. Konventionell abgeformt und gegossen zeigten 33-88 µm Spaltmaß, via Gipsmodell extraoral gescannt und digital gefräst 51-82 µm, intraoral gescannt und digital gefräst 29-68 µm [Wöstmann et al., 2015]. Damit liegen die marginalen Spaltmaße digital gefertigter Kronen tendenziell unter jenen konventionell gefertigter Metallkronen.

Die Genauigkeit der Scans ist jedoch nützlich, wenn mehrere Aufnahmen als Kieferbogen zusammengerechnet werden. Einer der großen Vorteile von Intraoralscannern ist, Scans von Situationen anzufertigen und diese bei Bedarf nachbearbeiten oder in Teilen neu scannen zu können. Hierzu gibt es bei vielen Scansystemen die Radierer-Funktion, mit der sich kleine Bereiche ausschneiden und anschließend nachscannen lassen.

Unterschiedliche Optionen bieten Intraoralscanner beim Erfassen der Restbezahnung, Präparationen und der Bisssituation. So bestehen prinzipiell drei Möglichkeiten: Die erste Option ist der Scan des gesamten Kiefers inklusive aller Präparationen. Die zweite ist ein Scan des zu präparierenden Kiefers vor der Präparation. Danach werden die entsprechenden Zähne automatisch aus dem Erstscan gelöscht und es erfolgt ein Scan der präparierten Zähne, die dann in den Vorpräparationsscan eingerechnet werden.

Die dritte Option ist ein Scan jedes einzelnen präparierten Zahnes; diese werden dann in einen Scan der Gesamtsituation automatisch eingerechnet. Ferner bieten manche Intraoralscanner die Möglichkeit, Scans auch nach dem Versenden in das zahntechnische Labor wieder zu öffnen und sie – sollten notwendige Korrekturen des Scanergebnisses festgestellt worden sein – nochmals zu bearbeiten.

Adhäsivtechnik in der Praxis

Die Befestigung von vollkeramischen Restaurationen mittels der Adhäsivtechnik ist das Erfolgsrezept und Grund für die hohe Überlebensrate der Versorgungen. Adhäsivrestaurationen sind laut Frankenberger dadurch gekennzeichnet, dass sie durch einen kraftschlüssigen, reproduzierbaren und dauerhaften Verbund an der Zahnhartsubstanz verankert werden. Dadurch ist die Restaurations-Innenseite keine mechanische Grenzfläche mehr, an der rissauslösende Zugspannungen wirksam werden können. Dies führt zu einer erheblichen Erhöhung der Belastbarkeit, sodass hier Silikatkeramiken mit relativ geringer Festigkeit, aber besten optischen Eigenschaften, Verwendung finden.

Voraussetzung für den Verbund ist laut Frankenberger die Säure-Ätztechnik am Zahnschmelz, die Konditionierung der keramischen Fügefläche (Ätzung mit Fußsäure, Silanisierung) und die Verwendung eines Kunststoffkomposits als Befestigungswerkstoff. Dentinkonditionierer sind bei eröffnetem Dentin für den Verschluss der Dentintubuli zwingend notwendig, um postoperative Beschwerden zu verhindern; sie tragen auch zur Stabilität des Fügeverbundes bei.

Anzustreben sind möglichst große Fügeflächen im Zahnschmelz und eine Filmstärke von 50 Mikron für die Fügesubstanz. Die Präparation soll schmelzbegrenzt sein, da für dentinbegrenzte Adhäsivrestaurationen noch keine sicheren klinischen Verfahren beschrieben und belegt sind. Für adhäsive keramische Restaurationen gelten die allgemeinen Kriterien: Defektbezogene Präparation, in ätzbarem Schmelz begrenzte, möglichst rechtwinklig auslaufende Präparationsgrenzen, gerundete innere Linien- und Kantenwinkel (mechanische Retentionen sind nicht erforderlich), Einsatz adhäsiver Aufbaufüllungen aus Komposit zur Erzielung gleichmäßiger Schichtstärken für die Keramik, adhäsives Befestigen unter streng kontrollierten Bedingungen (zum Beispiel Kofferdam). Der klinische Aufwand ist durch die Präparationsziele (Schmelzbegrenzung), provisorische Versorgung (wenig mechanische Retention) und durch die zeitintensive Adhäsiv-technik wesentlich höher als bei konventionellen Gussrestaurationen.

Um den Erfolg der Schmelzätzung sichtbar zu machen, müssen die Schmelzränder getrocknet werden. Dadurch wird aber dem instabilen Kollagenfasergeflecht Feuchtigkeit entzogen. Aus dieser Lage wurde das „wet bonding“ geboren, um ein erneutes Aufquellen des Kollagens zu erreichen mit dem Ziel, postoperative Hypersensivitäten zu vermeiden. In praxi war das Befeuchten des Dentins neben der unabdingbaren Schmelztrockung nicht realisierbar. Deshalb enthalten die Mehr-Flaschen-Adhäsive Wasser, sodass ein wet bonding entfallen kann.

Das Problem der Hypersensivitäten wurde der Phosphorsäure angelastet, deshalb wurden All-in-one-Adhäsive entwickelt, die ohne Säureätzung angewandt wurden. Die Permeabilität gegenüber Wasser führte dazu, dass polymerisiertes Adhäsiv noch hydrophil war und verhinderte eine Dentinversiegelung. Dem gegenüber zeigen Zwei-Schritt-Self-Etch-Adhäsive eine hervorragende Dentinhaftung. Moderne Ein-Flaschen-Systeme beziehungsweise Universaladhäsive haben hinsichtlich Haftkraft im Dentin aufgeholt; sie erfüllen aber noch nicht den Anspruch der Phosphorsäurekonditionierung zusammen mit den klassischen Mehr-Flaschen-Dentinadhäsiven.

Zirkon ist nicht gleich Zirkon

Zirkoniumdioxidkeramik (ZrO2) hat schon mehrere Evolutionsstufen hinter sich. Gestartet war sie als opake Gerüstkeramik, dotiert mit 5,35 Gewichtsprozent Ytriumoxid (Y2O3) zur Stabilisierung der tetragonalen Phase. Dadurch wird eine Umwandlung in die monoklinische Phase verhindert und eine Rissbildung durch eine Volumenexpansion initial gestoppt. Die Opazität des Werkstoffs, ausgelöst durch die geringe Korngröße der tetragonalen Kristalle und deren Lichtreflexion, macht jedoch erforderlich, das Gerüst aufbrennkeramisch zu verblenden.

Laut Dr. Michael Dieter (Schaan) sorgten Unterschiede des thermischen Ausdehnungsverhalten (WAK) und Festigkeitdifferenzen für intrinsische Spannungen zwischen Gerüst und Verblendung; es kam nach Eingliederung zu Chippings und minderte dadurch den klinischen Erfolg.

Um Nachteile wie hohe Opazität und das Risiko von Abplatzungen zu vermeiden, wurden neue Generationen von ZrO2 entwickelt. Der Anteil von Ytriumoxid wurde erhöht und dadurch die Korngröße angehoben. Die geringeren Korngrenzen führten zu einer Lichtstreuung. Dadurch erhielt der Werkstoff isotrope lichtoptische Eigenschaften und Transluzenz. Zahnähnlich eingefärbt, benötigen die Restaurationen meist keine Verblendung.

Der Anteil der in der kubischen Phase stabilisierten ZrO2-Kristallite liegt zwischen 25 bis 50 Prozent. Die Strukturänderung mit Reduzierung der tetragonalen Phase hatte zur Folge, dass die martensitische Transformation (Airbag-Effekt gegen Rissausbreitung) ausfällt. Die Biegebruchfestigkeit sinkt auf 850 bis 650 MegaPascal (MPa). Dadurch schrumpft die Indikation auf Einzelzahnrestaurationen und dreigliedrige Brücken mit einem Pontic zwischen zwei Pfeilern. Wandstärken bei Kronen sollten gemäß Hersteller 0,6 mm nicht unterschreiten.

Der Wunschtraum, die natürlichen Strukturen von Dentin und Schmelz in einem Werkstoff zu vereinen, scheint mit dem „Multilayer Zirkonoxid“ gelungen zu sein. Isostatisch gepresste Schichten, beginnend mit einer dentinopaken Basis aus 4Y-Z, mit semitransparenten Zwischenschichten und einer transluzenten Schmelzschicht aus 5Y-Z sind ein Kompromiss und verbinden Festigkeit sowie Chroma mit Lichtfluss und höherer Transluzenz in der Schneide. Die Teilstabilisierung mit kubisch-tetragonaler Phase führt dazu, dass auch hier ein Tribut an die Ästhetik mit einer abgesenkten Biegebruchfestigkeit (750 MPa) entrichtet werden muss. Der Werkstoff ist dadurch für Einzelzahnkronen und dreigliedrige Brücken bis zum 2. Prämolar zugelassen. Dies alles zeigt, dass Zirkoniumdioxid ein variantenreicher Werkstoff geworden ist.

Generell ermuntern die Keramikhersteller, monolithische Kronen der jüngsten ZrO2-Generation dünnwandig zu gestalten. Dadurch kann die Opazität über die Wandstärke reduziert und durch die Semitransluzenz das Chroma und die Lichtdynamik vitalisiert werden. Grundsätzlich bietet monolithisches ZrO2 die Möglichkeit, substanzschonender zu präparieren. Wurden ursprünglich Kronen-Wandstärken von 1,0-1,5 mm empfohlen, können diese für monolithische Kronen auf 0,6 mm gesenkt werden. Die Verbinder-Querschnitte für  Brücken wurden von den Herstellern von mindestens 16 mm2 auf 12 mm2 (2 Pontics) zurückgenommen.

Kronen aus monolithischem Zirkonoxid wiesen in einer klinischen Studie der Universität Düsseldorf nach drei Jahren eine 100-prozentige Überlebensrate auf. ZrO2-Kronen mit bukkaler Verblendung kamen im gleichen Zeitraum auf 98,5 Prozent.[Spitznagel et al., 2018]. Längerfristige, klinische Studien mit monolithischem ZrO2 liegen jedoch noch nicht vor.

Eine Rolle für die Transluzenz spielt die Sintertemperatur und die Prozessdauer. „Highspeed“-Sintern führt im Durchlicht zu farblich dunkleren Ergebnissen [Jansen, Stawarczyk 2019], längeres Sintern unterstützt die Transluzenz (Abb. 4,5). Eine forcierte Abkühlphase setzt Zugspannungen im Kristallgitter frei, eine kontrollierte Abkühlphase (15 Minuten bis Raumtemperatur) reduziert diesen Effekt. ZrO2-Oberflächen haben aufgrund des hohen Brechungsindex‘ einen höheren Grad an Totalreflexion, verglichen mit Glaskeramik. Eine professionelle Politur beeinflusst das Chroma und den Lichtfluss. Dadurch erhält ZrO2 einen spiegelähnlichen, permuttartigen Glanz, das den visuellen Eindruck bestimmt.

periimplantäres Gewebe

Abb. 6: Das periimplantäre Gewebe wird durch das Provisorium geformt und bietet eine apikale Abdichtung.  

Weichgewebe entscheidet die Ästhetik

Als Protagonist der CAD/CAM-Versorgung in einer Sitzung referierte PD Dr. Andreas Bindl (Zürich) über die Optionen der One-visit Implantologie. Grundsätzlich ist OP und Prothetik computergestützt möglich, allerdings fordern Knochenangebot, Weichgewebe, Rekonstruktionstechnik und Ästhetik Bedingungen, deren Komplexität herausfordernd sind. Die bei Soforttherapien zu erwartenden, vestibulären Konturveränderungen im Alveolarfortsatz müssen funktionell und ästhetisch akzeptabel sein.

Ein Überschuss an Hart- und Weichgewebe ist vorteilhaft. Bei einem Defizit dieser Strukturen, die augmentative Maßnahmen erfordern, sind verzögerte oder späte Therapiekonzepte vorzuziehen. Soforttherapien sind somit eine Ergänzung und keinen Ersatz der konventionellen Protokolle. Das

Sofortimplantat ist ein Konzept für den teilbezahnten Kiefer mit dem Therapieziel festsitzender Zahnersatz.
Bei späten Implantations- und Implantationsbelastungen tritt im Rahmen der Heilung der Extraktionsalveole ein erheblicher Knochenabbau ein, der häufig eine Augmentation im ästhetisch relevanten Kieferareal erforderlich macht. Bei der Sofortimplantation mit Insertion in die frische Extraktionsalveole darf keine akute Entzündung vorliegen. Klinische Studien zeigen weniger Knochenverlust als bei Spätimplantationen.

Bei der Sofortimplantation folgt die Implantatposition nicht exakt dem Alveolenverlauf; die Implantatachse wird aus dem ursprünglichen Alveolenverlauf geneigt in den ortständigen Knochen nach palatinal versetzt und in den basalen Knochen eingerichtet. Bei mehrwurzeligen Zähnen ist auch eine Insertion in den interradikulären Knochen möglich. Mit dem Sofortprovisorium ist eine okklusale Entlastung nur durchführbar, wenn andere Zahn- oder Implantateinheiten im selben Kiefer die Belastung abfangen. Bei Soforttherapien ist mit Schrumpfungsprozessen, das heißt mit Konturveränderungen infolge der Reduktion der Hart- und Weichgewebe zu rechnen. Hierbei können vestibuläre, mukosale Rezessionen 0,5 bis 0,9 mm erreichen.

Die Weichgewebsveränderungen treten innerhalb der ersten drei Monate auf. Risikofaktoren für Mukosarezessionen sind dünne bukkale Alveolenwand, dünner Biotyp, faziale Implantatposition und zu großen Enossalpfeiler-Durchmesser. Das in der Übergangszone befindliche Bindegewebe hat im Vergleich zu natürlichen Zähnen eine schlechte mechanische Widerstandskraft. Deshalb ist das Gewebe auf eine statische Abstützung durch das Sekundarteil und den Zahnersatz angewiesen, um die Konturen der Gingiva zu stabilisieren. Das Konturieren des periimplantären Gewebes erfolgt durch das Provisorium (Abb. 6).

Dadurch kann die Schleimhaut Konturen entwickeln, die sich harmonisch in das Gesamtbild der benachbarten Zähne einfügen.

Sofortprovisorien sollten möglichst verschraubt werden, damit sich im Gewebe unter der Schleimhaut keine Zementeinschlüsse einlagern können. Außerdem lässt sich der Zahnersatz beim Verschrauben nach apikal durch das periimplantäre Gewebe „ziehen“, wogegen er beim Zementieren des Sekundärteils und Implantat „gedrückt“ werden muss und sich leicht Zementpartikel im Operationssitus verfangen können.

Das Provisorium sollte an der Implantatschulter ansetzen und beim Austritt in das Weichgewebe in die trigonale Zahnform vestibulär und palatinal zu den interdentalen Kontaktpunkten übergehen.

Digitalisierung vereinfacht den Workflow

Die Übertragung der Implantatsituation im Mund war bei der analogen Arbeitsweise sehr fehleranfällig. Laut Dr. Gerd Frahsek (Velbert) bieten Intraoralscanner den Nutzen, zunächst den Restkiefer inklusive der offenen Implantatschraube zu scannen, um das Emergenzprofil darzustellen. Danach werden die Scanpfosten eingeschraubt, um die Implantatposition zu übertragen. Mit der Zusammenführung steht ein Datensatz bereit, um den prothetischen Aufbau zu konstruieren. Mit der Meshmixer-Freeware können Provisorien konstruiert und chairside gefertigt werden. Individualisierte Titan-Abutments werden als Modell im 3-D-Drucker gefertigt, die Scandaten zur Fremdfertigung online versandt.

Mit dem Thema „Möglichkeiten und Grenzen ästhetischer Restaurationen in einer Sitzung“ ging Devigus besonders auf die Vielfalt der Keramikwerkstoffe ein. Monolithische Silikat- und mehrschichtige Zirkonoxidkeramik ermöglichen, verblendfrei zu restaurieren, auch im Frontzahngebiet. Lediglich bei stark dentinverfärbten Zahnstümpfen muss zwecks Maskierung zu dickeren Wandstärken oder zu opaken Materialien mit Verblendung gegriffen werden. Die Vielseitigkeit des Cerec-Verfahrens demonstrierte Werling mit der Chairside-Fertigung von Teleskopkronen, basierend auf einem Intraoralscan.

CAD-Komposite mit Keramikdotierung verfügen über einen dentinähnlichen E-Modul und haben – als Krone gefräst – ein stoßdämpfende Wirkung auf die Zahnwurzel. Laut Dr. Ralf Böhner (Altstätten) können Kronenwände dünnwandiger und marginal feiner ausgefräst werden als Silikatkeramik.   

Die neue Cerec Software 5.0 wurde von Dipl.-Ing. Rebecca Collong (Bensheim) vorgestellt. Der hohe Automatisierungsgrad reduziert die Eingabe auf ein Minimum. Die Benutzeroberfläche wird per Touchscreen oder Touchpad aktiviert. Ganzkieferscans werden mit Primescan exakter erfasst. Holger Raschke (Bensheim) stellte den Cerec-Workflow für kieferorthopädische Apparaturen vor. Multi-Brackets und Aligner können dadurch im Praxislabor hergestellt werden.  

In mehreren Beiträgen stellten Andreas Kurbad und Susanne Kurbad (Viersen) die Vorbehandlung von Cerec-Restaurationen, das rationelle Konstruieren sowie das Finalisieren der Versorgungen vor und schlossen mit der Praxisorganisation und dem Cerec-Workflow in ihren Praxen.

Fazit

Der Cerec-Tag 2019 bot einen umfassenden Überblick auf die vielfältigen Möglichkeiten, chairside zu restaurieren. Die Präzision der Intraoralscanner hat sich gesteigert. Der Indikationsbereich des Cerec-Systems wurde wiederum erweitert, die Software bietet mehr Bedienungskomfort und schnelle Reaktionszeiten. In den gewählten Themen fanden die ca. 250 Teilnehmer alle erforderlichen Hinweise und Empfehlungen, um klinisch erfolgreich und nachhaltig zu behandeln. Der Cerec-Tag hat Maßstäbe gesetzt. Somit ist der Cerec Masters Club als Veranstalter in der Pflicht, das Informationsangebot in seinen Kursen und Seminaren zu erweitern.