Die Jahrestagung 2019 der Neuen Gruppe vom 14. bis 16. November 2019 in Münster widmete sich der roten Ästhetik am natürlichen Zahn und um Implantate. Auch in diesem Jahr war es der Neuen Gruppe gelungen, hochkarätige Referenten aus ganz Europa einzuladen und den Teilnehmern ein durchdachtes, auf das Fokusthema abgestimmtes Programm zu bieten.
Seit mehr als 50 Jahren finden sich in der Neuen Gruppe Zahnärzte zusammen, um hochwertige Fortbildung und kollegiales Miteinander zu verbinden. Unter anderem dienen die Jahrestagungen dazu, die international besten Methoden zahnärztlicher Behandlungsmöglichkeiten interessierten Zahnärzten zugänglich zu machen.
In diesem Jahr fand in Münster die 53. Jahrestagung statt. Im Fokus: „Rote Ästhetik heute – perfekter Rahmen gesunder Zähne und Implantate.“ Der Präsident der Neuen Gruppe, Dr. Raphael Borchard, begrüßte die Teilnehmer und bedankte sich unter anderem bei den Kooperationspartnern: DGÄZ e.V., Dentista e.V. und Gnathologischer Arbeitskreis e.V.
Rote Ästhetik am natürlichen Zahn
Der erste Kongresstag widmete sich der roten Ästhetik am natürlichen Zahn. Ein systematisches und mit Evidenz untermauertes Behandlungskonzept stellte Prof. Dr. Maurizio Tonetti (Genua/Italien, Hong Kong) vor.
Er zeigte unter anderem die Evolution hinsichtlich der Herangehensweise an die Rezessionsdeckung. Rezessionen teilt er nicht nach der Miller-Klassifikation ein, sondern nach der Cairo-Klassifikation. Die Art des Eingriffes sei von der Stärke der keratinisierten Gingiva und dem Vorhandensein der Schmelz-Zement-Grenze abhängig. Sei die Schmelz-Zement-Grenze zerstört (nicht kariöse Zahnhalsdefekte), werde sie vor dem Eingriff mit Komposit imitiert. Die Rezessionsdeckung erfolge mittels Bindegewebstransplantat, das in mehreren Studien gegenüber Ersatzmaterialien die besseren Ergebnisse zeige.
Die praktische Umsetzung demonstrierte Dr. Pierpaolo Cortellini (Florenz/Italien). Er veranschaulichte die Deckung von Rezessionen, Verfahren zur Entnahme des Bindegewebstransplantats und die Weichgewebsaugmentation. Seine zum Teil mehr als zehnjährig dokumentierten Langzeitergebnisse und Behandlungsbeispiele untermauerten die beschriebene Literatur.
Prof. Dr. Henrik Dommisch (Berlin) erläuterte die Integration der plastischen Parodontalchirurgie. Anhand von Fallpräsentationen zeigte er, wie und wann das Bindegewebstransplantat in synoptischer Herangehensweise sinnvoll ist.
Prof. Dr. Michael Christgau (Düsseldorf) besprach resektive Maßnahmen zur Verbesserung der roten sowie weißen Ästhetik. Er ging unter anderem auf entwicklungsbedingte Eruptionsstörungen sowie verschiedene Notwendigkeiten ein, welche resektive Maßnahmen erforderlich machen. Anhand eines umfassend dokumentierten Patientenbeispiels erläuterte er verschiedene Aspekte für das Mock-up zur Behandlungsplanung und Visualisierung, um vorhersagbare Ergebnisse zu erreichen.
Den Erhalt und die Vermehrung des ortsständigen Knochens stellte Dr. Gernot Mörig (Düsseldorf) vor. Er riet vom „vorschnellen“ Griff zur Zange ab und zeigte, dass mittels forcierter Extrusion Zähne langfristig erhalten bleiben können, oder die forcierte Extrusion dem Erhalt des krestalen Knochens und der Vorbeugung von Kieferkammresorptionen dienen kann.
Sei eine Extraktion unumgänglich, geschehe dies mit einem Benex-Extraktor. Die Deckung der Alveole zur Stabilisation des Blutkoagels erfolge durch eine Zahnscheibe, die dem extrahierten Zahn entnommen und analog zur Socket-Shield-Technik in die Alveole eingelegt werde.
Prof. Dr. Petra Ratka-Krüger (Freiburg) stellte sich der Frage, wie Misserfolge in der Parodontalchirurgie verhindert werden können und arbeitete unter anderem den Stellenwert eines guten Aufklärungsgesprächs sowie einer ordnungsgemäßen Dokumentation heraus.
Rote Ästhetik am Implantat
Kongresstag zwei widmete sich der Implantologie. Dr. Inaki Gamborena (San Sebastián/Spanien) – Experte für komplexe ästhetische Rehabilitationen im Frontzahnbereich – demonstrierte, dass Weichgewebe und nicht Knochen der Schlüssel zum Erfolg sei.
Beeindruckend war sein minimalinvasives Vorgehen; hier bestehe die größte Herausforderung, denn das Verhalten des Weichgewebes sei unberechenbarer als zum Beispiel die Wurzelkanalbehandlung. Einer Implantatinsertion gehe eine dreidimensionale Röntgendiagnostik voraus, um das Knochenangebot zu beurteilen und auf Basis dessen eine Schablone zur geführten Implantation herzustellen.
Dr. Ueli Grunder (Zollikon/Schweiz) – einer der führenden Experten für Implantationen und Knochenaugmentationen im ästhetischen Bereich – konzentrierte sich im Vortrag auf die Augmentation des ortsständigen Knochens mittels Guided Bone Regeneration (GBR). Er beschrieb seine über Jahre hinweg perfektionierte Technik mit vier prägnanten Grundprinzipien: „protected blood clot“, „space maintaining“, „stabilization“, „time“.
Im zweiten Teil des Nachmittags zeigte der Referent Behandlungsansätze bei Misserfolgen und band die Kongressteilnehmer aktiv in den Vortrag ein. Gemeinsam wurden verschiedene Behandlungsstrategien für die Praxis erarbeitet.
Fazit
Die 53. Jahrestagung der Neuen Gruppe war geprägt von evidenzbasiertem Wissen und Know-how für den Praxisalltag. Der praktische Bezug wurde mit wissenschaftlichem Background vereint. Zusätzlich zum Fortbildungs- und Lernwert ist die freundschaftlich-kollegiale Atmosphäre zu betonen, die den Erfolg dieses Kongresskonzepts ausmacht, so die Veranstalter.
Die 54. Jahrestagung ist bereits in Planung. Sie findet vom 19. bis 21. November 2020 in Berlin statt und verspricht unter dem Titel „ZahnArzt“ einen interdisziplinären Blick über den Tellerrand.
Quelle: Neue Gruppe