Friedrich W. Schmidt: Zu diesem Zeitpunkt lief bereits seit einigen Jahren eine Fortbildung für Mitarbeiterinnen, die nicht nur in der Stuhlassistenz arbeiteten, sondern irgendwie als rechte Hand der Inhaber tätig waren. Diese bekamen nach Abschluss der Fortbildung ein Zertifikat der HAC.
Etwa zwei Jahre zuvor hatte ich bereits Kontakt mit der IHK Mittleres Ruhrgebiet als zuständige Kammer aufgenommen, um die Bedeutung dieser Fortbildung zu steigern. Zwar hatte die IHK Zahnärzte und ihre Mitarbeiter noch nicht dezidiert als ihr Klientel entdeckt, aber den damals verantwortlichen Leiter des Bildungsbereichs der IHK überzeugte das Konzept – die Kooperation wurde besiegelt und dauert bis heute erfolgreich an.
Herr Feist-Lorenz, was ist Ihnen von IHK-Seite besonders wichtig bei dieser Fortbildung? Welchen Anspruch haben Sie daran?
Andrè Feist-Lorenz: Im Fokus dieser Weiterbildung steht die anspruchsvolle und besonders praxisnahe Qualifizierung von Mitarbeitern aus der Gesundheitswirtschaft. Die persönliche und fachliche Entwicklung, die Vorbereitung auf aktuelle und künftige Herausforderungen sowie die effektive Entlastung der Praxisleiter von organisatorischen Aufgaben bilden den zentralen Mittelpunkt. Besonders wichtig ist dabei die abschließende Projektarbeit, in der ein besonderes Anliegen aus dem Praxisalltag systematisch und lösungsorientiert bearbeitet sowie anschließend vor Dozenten und IHK präsentiert wird. So bringen die Teilnehmer nicht nur jede Menge neues Know-how mit in den Praxisalltag, sondern idealerweise auch gleich eine durchdachte Lösung für ein bestimmtes Problem. So gelingt ein nachhaltiger Wissenstransfer, von dem Arbeitgeber und Mitarbeiter unmittelbar einen echten Mehrwert haben.
Der zahnärztliche Praxisalltag ist von Aufgaben geprägt, die weit über die Patientenbehandlung hinausgehen. Wie spiegelt sich das in den einzelnen Fortbildungs-Bausteinen wider?
Friedrich W. Schmidt: Zahnärztliche Praxen sind kleine beziehungsweise mittelständische Unternehmen, die durch das Dreiecksverhältnis Praxis/Patient/externer Kostenträger in einer besonderen Marktsituation sind. Ein großer Anteil der zu bewältigenden Aufgaben wird weder während des Zahnmedizinstudiums noch während der Fachausbildung für die Mitarbeiterinnen vermittelt. Learning by doing ist die Devise, aber auch die risikoreichste Variante.
Den Mitarbeiterinnen bei der Bewältigung dieser Aufgaben Hilfestellung zu geben, die Behandler für ihr Kerngeschäft zu entlasten, ist Ziel der Fortbildung. Persönlichkeitsentwicklung (Stichwort: Resilienz), Stärkung der kommunikativen Kompetenz nach innen und außen und nicht zuletzt handfeste Arbeitshilfen für Organisation und QM – diese Bausteine der Fortbildung spiegeln den Praxisalltag wider. Sie zeigen Wege auf, wie die Herausforderungen der Praxis besser, effizienter und gesünder zu meistern sind.
Angelika Doppel: Unsere Themen sind sehr nah am Puls der Zeit. Bedingt durch den jeweiligen persönlichen Werdegang und die Branchen-Erfahrungen der HAC-Referenten setzen wir genau da an, wo Hilfe und Tipps gebraucht werden. Seit mehr als 30 Jahren begleiten wir Zahnarztpraxen dabei, sich für die Zukunft gut aufzustellen.
Das Berufsbild Praxismanager ist noch vergleichsweise neu. Wo liegen die Vorteile/Chancen für den Praxisinhaber, eine Praxismanagerin zu beschäftigen? Warum lohnt die Investition in die Fortbildung einer solchen Fachkraft?
Andrè Feist-Lorenz: Der Praxisinhaber selbst muss nicht alles selber können. Bei der heutigen Komplexität einer Praxis ist das auch gar nicht möglich. Aber jeder Unternehmer (und als solcher muss sich ein Praxisinhaber heute auch sehen) sollte seine Mitarbeiter dazu befähigen, ihn aktiv zu unterstützen, den Rücken freizuhalten und einen Blick für das große Ganze zu entwickeln. So kann sich der Behandler auf seine Arbeit konzentrieren, denn für die organisatorischen Fragen, die optimale Abstimmung von Prozessen und die vertrauensvolle Kommunikation im Team kann man die eigenen Mitarbeiter einbinden. So entlastet man sich als Praxisinhaber nicht nur, sondern bietet guten Mitarbeitern auch eine fachliche Perspektive, welche die Zufriedenheit und Bindung erhöht. Das wird sich betriebswirtschaftlich auszahlen, sollte aber auch eine Anerkennung bei den Mitarbeitern finden.
Einer Praxismanagerin bietet sich die Chance, fachliche und persönliche Kompetenzen zu entwickeln, die sie für Managementaufgaben im Gesundheitswesen qualifiziert. Neben dem Gewinn an Know-how kann diese Weiterbildung auch ein Sprungbrett für neue und verantwortungsvollere Aufgaben sein.
Was sind die zentralen Einsatzgebiete für Praxismanager?
Friedrich W. Schmidt: Die Einsatzgebiete sind abhängig von der Praxisgröße, ihrer Struktur und letztlich von der Entscheidung des Behandlers, wo er Unterstützung wünscht. Und vom Vertrauen, das der Behandler seiner Praxismanagerin entgegenbringt.
Angelika Doppel: Die Praxismanagerin hält dem Chef den Rücken frei, sodass er sich auf sein Kerngeschäft, die Patientenbehandlung, konzentrieren kann. Sie kann alles Administrative und viel Betriebswirtschaftliches übernehmen. So wird die in der Praxis zur Verfügung stehende Zeit von allen am sinnvollsten genutzt.
Wie haben Sie die einzelnen Themenblöcke konzeptioniert? Welche Bereiche stehen bei der Vermittlung des Lernstoffs besonders im Mittelpunkt?
Angelika Doppel: Die Kommunikation nach Innen und Außen ist der zentrale Punkt. Alle in Bewegung gesetzten Hebel nutzen nichts, wenn das Team nicht mit ins Boot geholt werden kann. Die Sache wird rund, wenn zusätzlich die notwendigen professionellen Instrumente eingesetzt werden können, um Qualität und Prozesse sowie die QM-Sicherung zu etablieren und weiterzuentwickeln.
Wie sieht es mit Teilnehmern aus, die nicht aus der Zahnmedizin kommen? Könnten auch sie an Ihrer Fortbildung teilnehmen, oder ist Ihr Konzept nur auf den Dentalbereich ausgerichtet?
Friedrich W. Schmidt: Bereits in der Vergangenheit waren immer wieder Teilnehmer dabei, die nicht aus der Zahnmedizin kamen; so waren zum Beispiel auch Teilnehmer aus Facharztpraxen, Tierarztpraxen und Apotheken vertreten. Selbstverständlich kommen die meisten Beispiele aus dem Bereich der Zahnmedizin; diese werden bei Bedarf aktiv in den jeweils anderen Bereich transformiert. Ich kenne den gesamten Gesundheitsmarkt seit vielen Jahren, eben nicht nur den zahnärztlichen Bereich, sodass hier auch für die Teilnehmer der anderen Bereiche „geliefert“ wird. Natürlich müssen sich diese Teilnehmer darüber klar sein, dass sie hier die Minderheit bilden.
Ist die Fortbildung so entwickelt, dass Zahnmedizinische Fachangestellte ihr Wissen berufsbegleitend erweitern können und praxisnahe Inhalte so vermittelt bekommen, dass sie sich direkt im Arbeitsalltag vermitteln lassen?
Friedrich W. Schmidt: Ja, eindeutig, der Aufbau ist so angelegt, das zwischen den Präsenzphasen ausreichend Zeit liegt, die neuen Erkenntnisse und Erfahrungen in der Praxis auszuprobieren. Dies auch, weil sich die Abschlusspräsentation ja einem konkreten, praxisbezogenen Thema widmen soll. Übrigens ein weiterer Grund für die Praxis, sich mit dieser Fortbildung zu beschäftigen.
Stichwort „Sandwich-Position“: Mit welchen Schwierigkeiten haben Praxismanager mitunter zu rechnen?
Friedrich W. Schmidt: Mit keinen besonderen Schwierigkeiten. Vielmehr mit ganz normalen Alltagssituationen, die jeder erlebt, der „aus der Schar der Mitarbeiter“ in die Rolle einer Führungskraft kommt: eben „Sandwich“, Druck von oben, Druck von unten.
Aber, und das ist viel wichtiger, die Damen und Herren, die ihr Zertifikat bekommen haben, sind vorbereitet für diese Situation. Sie wissen, worauf es ankommt – und ergänzend bieten wir ja in der HAC seit geraumer Zeit noch eine zusätzlich „Stärkung“, zum Beispiel (nach den ersten Erfahrungen in der Praxis) mit dem Angebot „Als Sandwich überleben …“
Die Fortbildung schließt mit einem IHK-Zertifikat ab. Was bringt das den Teilnehmern?
Andrè Feist-Lorenz: Die Zusammenarbeit zwischen der Haranni Academie und der IHK spricht für die hohe inhaltliche Qualität und die kaufmännische Ausrichtung der Weiterbildung. Es steht gerade nicht der fachliche Input aus einer Disziplin der Gesundheitswissenschaft im Vordergrund, sondern der Kompetenzgewinn im Management eines Unternehmens der Gesundheitswirtschaft. Wer könnte hier ein besserer Partner sein als die Organisation, die das Gesamtinteresse der Wirtschaft vertreten darf?
Gerade im Ruhrgebiet gibt es einen ausgeprägten Mittelstand mit seinen besonderen Ansprüchen und Herausforderungen. Dazu passt die zunehmend wirtschaftlich agierende Gesundheitsbranche bestens. Besonders die IHK Mittleres Ruhrgebiet (verantwortlich für Bochum, Hattingen, Herne und Witten) hat in der Wirtschaft einen besonders guten Ruf in allen Fragen der beruflichen Weiterbildung. Das eigene BildungsCentrum (kurz BiC) bietet mehr als 300 Weiterbildungsangebote für fast 3.000 Teilnehmer an. Der Schwerpunkt im kaufmännisch-betriebswirtschaftlichen Bereich spiegelt sich auch in der Kooperation mit der Haranni Academie wider. So verzahnen sich verschiedenen Interessen- und Wirtschaftszweige perfekt mit einander.
Integraler Bestandteil der insgesamt achttägigen Power-Fortbildung (aufgeteilt in drei Blöcke) ist die individuell zu erarbeitende, kursbegleitende Projektarbeit, die jeder Teilnehmer am Abschlusstag präsentiert. Welche Themen werden dabei behandelt? Wo liegt der konkrete Nutzen für die Praxen?
Angelika Doppel: Indem die Teilnehmer sich bei uns in der Analyse eines Problems üben und ein realistisches Ziel, den Weg dorthin, die erforderlichen Änderungsmaßnahmen sowie den Prozess beschreiben müssen, trainieren sie ihre Handlungsfähigkeit. Es ist eben ein Unterschied, ob man etwas (nur) weiß, oder ob man dieses Wissen auch anwenden kann.
Die Teilnehmer trainieren bei uns ihre Handlungsfähigkeit: Sie üben sich in der Analyse eines Problems, beschreiben ein realistisches Ziel und den Weg dorthin sowie die erforderlichen Änderungsmaßnahmen und beschreiben den gesamten Prozess.
Friedrich W. Schmidt: Die Bandbreite der Projektthemen ist sehr groß und orientiert sich an den Themen der Fortbildung. Wurden anfänglich überwiegend Hygienethemen bearbeitet, so werden immer stärker auch die Bereiche des Miteinanders, der Organisation von Arbeitsabläufen und der Praxisentwicklung einbezogen. Der konkrete Nutzen für die Praxis liegt in der Anwendbarkeit, der Praxisrelevanz.