Wes Brot ich ess, des Lied ich sing? Wieder einmal legt das IGES Institut ein Gutachten vor, dass belegen soll, MVZ im Eigentum von Investoren (IMVZ) zeigten ein auffälliges Abrechnungsgeschehen.
Verdiente Aufmerksamkeit?
Das erste stammt aus dem Jahr 2020 und untersuchte im Auftrag der KZBV die Entwicklung und Auswirkungen der Investorenbetriebene MVZ in der vertragszahnärztlichen Versorgung. Ein vom BMG beauftragtes Rechtsgutachten folgte dem Verdikt des IGES-Gutachtens in der Analyse der von der KZBV zur Verfügung gestellten Abrechnungsdaten erst einmal nicht: „Da beiden Vergleichsgebiete – 6 KZV-Bezirke für ZMVZ in Vergleich zu 13 KZV-Bezirken bei BAG und Einzelpraxis – nicht deckungsgleich sind, lässt sich nicht ausschließen, dass die Unterschiede allein aus der unterschiedlichen Versorgungsstruktur der betrachteten KZV-Bezirke herrührt.“
Auch das neue IGES-Gutachten „Versorgungsanalysen zu MVZ im Bereich der KV Bayerns mit besonderem Augenmerk auf MVZ im Eigentum von Finanzinvestoren“, das von der KVB beauftragt wurde, macht wenig Hehl daraus, zu welchem Ergebnis es gelangen soll. Ihm liegt die „Hypothese einer stärker von ökonomischen Motiven getriebenen Vorgehensweise der MVZ beziehungsweise der IMVZ“ zugrunde. Dafür lassen sich dann bei rund 178 Millionen ambulanten Behandlungsfällen von knapp 12 Millionen Patienten aus dem Zeitraum Q1 2018 bis Q4 2019 sicher auch Zahlen finden.
Zum Teil lesen sich die Ergebnisse irritierend banal. So kommen die Gutachter zum Schluss, dass ein MVZ in der Regel mehr Praxisstandorte hat als eine Einzelpraxis. Braucht es für diese Erkenntnis ein Gutachten? Sätze wie: „Die Anzahl von Arztpraxisstandorten im Eigentum von Private-Equity-Gesellschaften hat sich im untersuchten Zeitraum um +72 Prozent erhöht. Im vierten Quartal 2019 befanden sich fast 10 Prozent aller Praxisstandorte von MVZ im Eigentum von Private-Equity-Gesellschaften“ werden sogar farbig hinterlegt. Die Zahlenlage dahinter: Von den 16.235 „Hauptbetriebsstätten“ waren 536 MVZ und davon befanden sich 41 in Investorenhand. Das klingt dann schon anders, aber eben nicht so skandalös.
Zahl der Behandlungsfälle im IMVZ deutlich höher
Laut IGES-Analyse liegt das Honorar pro Behandlungsfall liegt bei IMVZ (82,75 Euro) etwa auf dem gleichen Niveau wie das in einer Einzelpraxis (81,24 Euro) oder BAG, wohingegen es bei einem Nicht-Investoren-MVZ (95,91 Euro) deutlich höher liegt. Ein eklatanter Unterschied zeigt sich allerdings in der Anzahl der Behandlungsfälle pro Arztstelle. Bei einer Einzelpraxis sind es 644 und 1.028 bei einem IMVZ. Dadurch ergibt sich ein entsprechend höheres Honorarvolumen je Arztstelle im IMVZ. So kommt das IGES-Gutachten zu dem Schluss: „Die Analyse ergibt, dass bei gleicher Patientenstruktur, gleichen Vorerkrankungen und gleichen Behandlungsanlässen das Honorarvolumen von Arztgruppenfällen in MVZ fachrichtungsübergreifend um +5,7 Prozent höher ausfällt als in Einzelpraxen. Bei MVZ im Eigentum von Finanzinvestoren liegt das morbiditätsadjustierte Honorarvolumen je Fall sogar um +10,4 Prozent über dem von Einzelpraxen.“
Aus diesem Ergebnis wird dann im ARD-Magazin „Panorama“ boulevardesk: „Praxen, die Finanzinvestoren gehören, rechnen höhere Kosten für vergleichbare Behandlungen ab.“ Erkenne den Unterschied.
Die Frage, die sich nach diesen Zahlen eigentlich stellt, ist doch die nach dem Grund für die höhere Anzahl an Behandlungsfällen im IMVZ. Ist es ein Müssen-Wollen im Sinne einer rationalistischen Akkordarbeit? Oder Motivation durch Umsatzbeteiligung? Oder liegt es an einer höheren Effizienz einer MVZ-Struktur durch Auslagerung von Bürokratie und Abrechnungswesen? Diese Fragen bleiben ungeklärt.
Eines hat das Gutachten jedenfalls erreicht: Aufmerksamkeit. Mission accomplished.