Was passiert im Fall der Praxisauflösung mit der Facebook-Seite, dem Twitteraccount, der Telefonnummer? Wer darf die Internetadresse nach der Trennung wie weiter nutzen?
Eine fehlende Regelung im Gesellschaftsvertrag führt schnell zu Streit
Was passieren kann, wenn Praxispartner hierzu keine Regelung treffen, zeigt ein Fall sehr deutlich, der letztlich vor Gericht gelandet ist. So kann es gehen: Mehrere Ärzte hatten sich zu einer Berufsausübungsgemeinschaft zusammengeschlossen. Einer der beteiligten Ärzte kündigte die Gesellschaft und verließ diese infolgedessen im Herbst 2013. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte die Berufsausübungsgemeinschaft auch eine Homepage betrieben. Die Website wurde extern auf einem Server gehostet und war dort über ein Administratorpasswort zugänglich. Nur mit diesem Passwort konnten die Homepage und die an die Praxispartner vergebenen E-Mail-Adressen verwaltet werden. Der Administrator konnte außerdem neue Mail-Accounts hinzufügen, solche löschen oder deren Inhalte einsehen.
Nachdem nun der Arzt, der die Gesellschaft gekündigt hatte, die Praxis auch verlassen hatte, stellte die anderen Partner fest, dass dieser sämtliche Internetadressen der Praxis auf sich hatte registrieren lassen. Zudem nutzte er das Administratorpasswort, um den ursprünglichen Zugang zur Internetseite zu sperren und die Präsenz mit einem neuen Passwort zu versehen. Die in der Praxis verbliebenen Ärzte hatten damit keinen Zugriff mehr auf ihre Internetpräsenz. Der ausgeschiedene Arzt nutze das Administratorpasswort zudem auch dazu, Einsicht in E-Mails seiner ehemaligen Praxispartner zu nehmen.
Diese stellten umgehend einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung. Dem Antrag hat das LG Wiesbaden (Az.: 2 O 128/13) dann auch stattgegeben und dem ausgeschiedenen Arzt aufgegeben, es bei Meidunq eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 Euro die Administrator-Zugangsdaten, bestehend aus dem Log-in und Passwort für die Homepage, der Praxis zurückzusetzen.
Ferner wurde ihm aufgegeben, es zu unterlassen, Administrator-Zugangsdaten, bestehend aus dem Log-in und Passwort, für die Homepage der Praxis zu verändern und es zu unterlassen, die E-Mail-Postfächer seiner bisherigen Praxispartner ohne deren Einwilligung einzusehen.
Wirtschaftliche Bedeutung nicht unterschätzen!
So gut wie kein Praxisvertrag enthält Klauseln zum Umgang mit der Website, den Social-Media-Accounts, der Telefonnummer oder dem Briefkopf, wenn es zu einer Trennung kommt. Es liegt auf der Hand, dass diese Fragen einen erheblichen wirtschaftlichen Wert haben können. Und trotzdem wird dieses Thema bei der Gestaltung von Praxisverträgen nach wie vor nicht oder nur sehr stiefmütterlich behandelt. Meist ist nicht einmal geregelt, wer im Falle der Praxisauflösung die Telefonnummer wie weiter nutzen darf. Geschweige denn, wie mit der Website oder Social-Media-Accounts verfahren werden soll. Das ist natürlich nicht mehr zeitgemäß. Die Corporate Identity und der mediale Auftritt der Praxis haben für den Erfolg der Praxis eine immense Bedeutung erlangt.
Gesellschaft sollte Inhaber von Domain und Accounts sein
Was bei der Telefonnummer in der Regel noch selbstverständlich ist, da der Vertrag mit dem Telefonanbieter auf die Praxis läuft, findet bei der Domain für die Website und den Accounts für Social-Media-Kanäle nicht immer Beachtung. Inhaber sollte hier nicht einer der Praxispartner sein, sondern ebenfalls die Gesellschaft. Außerdem sollten sich Anmeldedaten für Administratoren nie im Besitz einer einzigen Person befinden.
Gesellschaftsvertrag sollte Regelungen enthalten
Prüfen Sie, ob Ihr Praxisvertrag Fragen beantwortet, was im Falle der Trennung mit Homepage, Telefonnummer, Social-Media-Accounts passiert. Und wenn nicht, lassen Sie Ihren Vertrag entsprechend ergänzen, damit es im Fall der Fälle keine unnötigen Probleme gibt. Einen sicheren Praxisvertrag kann es nur geben, wenn auch solche zeitgemäßen Fragestellungen geregelt sind. Die vorgegebenen und häufig verwendeten Standards und Musterverträge helfen hier nicht weiter und führen im Streitfall zu hohen und unnötigen Kosten.
Praxistipp
Wie bei den anderen Themen dieser Reihe gilt auch hier, dass das Szenario des Endes der Zusammenarbeit bereits zu Beginn bei der Gestaltung des Gesellschaftsvertrags besprochen und nach den Wünschen und Vorstellungen der Praxispartner geregelt werden sollte. Steht die Trennung der Praxispartner erst einmal fest, kann in solchen Punkten oft keine einvernehmliche Lösung mehr gefunden werden. Deswegen ist es wichtig, sich mit diesen Fragen in „guten Zeiten“ zu befassen, um im Nachhinein unnötigen Streit und Kosten zu vermeiden.
Anna Stenger, LL.M.
Rechtsanwältin und Fachanwältin für Medizinrecht, Bad Homburg
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