Derzeit finden in den meisten Praxen wieder Weihnachtsfeiern statt. Aber müssen Arbeitgeber eine Weihnachtsfeier ausrichten? Und müssen Arbeitnehmer an dieser teilnehmen? Wolfgang Müller, Rechtsexperte der Ideal Versicherung, erklärt, welche Rechte und Pflichten Arbeitnehmer bei betrieblichen Festen haben. Stefanie Thon, Unfallexpertin der Ideal Versicherung, weiß außerdem, wann Versicherungsschutz besteht.
Muss der Chef eine Weihnachtsfeier ausrichten?
Wolfgang Müller: Weihnachtsfeiern sollen die Motivation und den Teamgeist der Mitarbeiter fördern – sind aber keine Pflicht für Arbeitgeber. Dabei handelt es sich um eine freiwillige Leistung, die auch ein Betriebsrat nicht einfordern kann. Selbst wenn es jahrelang ein betriebliches Weihnachtsfest gab, leitet sich daraus kein Anspruch der Belegschaft auf eine Feier im aktuellen Jahr ab.
Besteht eine Pflicht zur Teilnahme an der Weihnachtsfeier?
Müller: Grundsätzlich gilt: Organisiert die Unternehmensleitung eine Weihnachtsfeier nach Feierabend, besteht für die Beschäftigten keine Teilnahmepflicht. Denn außerhalb der im Arbeitsvertrag geregelten Arbeitszeiten, also während der Freizeit seiner Angestellten, hat der Vorgesetzte kein Weisungsrecht – auch Direktionsrecht genannt.
Findet die Feier während der Arbeitszeit statt, beispielsweise als geselliges Beisammensein mit Plätzchen und Glühwein im Konferenzraum, gilt: mitfeiern oder weiterarbeiten. Ist der ganze Betrieb aufgrund der Feier geschlossen, ist der Arbeitgeber verpflichtet, den Mitarbeitern, die nicht mitfeiern möchten, entweder die Arbeit zu ermöglichen oder einen bezahlten freien Tag zu gewähren. Grundsätzlich müssen sich die Mitarbeiter in solch einem Fall mit ihrem Vorgesetzten absprechen: Einfach zuhause bleiben geht nicht.
Glühwein trinken oder Notdienst leisten?
Müller: Trotz vorweihnachtlicher Stimmung können nicht alle Unternehmen ihren Betrieb völlig einstellen, beispielsweise in der Pflege oder im technischen Support. Wer während des Weihnachtsessens oder des Besuchs des Weihnachtsmarktes arbeiten muss und wer feiern darf, kann der Vorgesetzte im Rahmen seines Weisungsrechts bestimmen. Dabei muss er nach „billigem Ermessen“ handeln. Das heißt, er versucht zunächst, Freiwillige für diesen Notdienst zu finden. Wenn das nicht klappt, muss er bei der Auswahl der Mitarbeiter darauf achten, sie abwechselnd zu verpflichten – wer also dieses Jahr die Stellung halten muss, ist nächstes Jahr auf jeden Fall bei der Weihnachtsfeier mit dabei.
Wie steht es um den Versicherungsschutz während der Feier sowie auf dem Hin- und Rückweg?
Stefanie Thon: Bei Unfällen auf der betrieblichen Weihnachtsfeier greift die gesetzliche Unfallversicherung, wenn die Veranstaltung den Zweck hat, die Verbundenheit unter der Belegschaft und mit der Betriebsleitung zu pflegen, der Arbeitgeber Veranstalter der Feier ist, die Geschäftsleitung oder ein Stellvertreter daran teilnimmt, alle Mitarbeiter eingeladen sind und mindestens ein Fünftel auch erscheint.
Für den Weg zur Feier und den Heimweg gilt: Arbeitnehmer sind ebenfalls versichert, solange sie keine Umwege machen. Der Versicherungsschutz greift allerdings nicht, wenn Mitarbeiter nach dem offiziellen Ende weiterfeiern. Kommt es zu Unfällen unter Alkoholeinfluss, prüft die gesetzliche Unfallversicherung den Einzelfall: Sie leistet, wenn der Alkoholkonsum nicht die Ursache für den Unfall ist. Mit einer privaten Unfallversicherung sind Arbeitnehmer auch dann abgesichert, wenn sie nach der Feier mit Kollegen weiterziehen. Doch Vorsicht: Ab bestimmten Promillegrenzen kann der Versicherungsschutz eingeschränkt sein oder entfallen.
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