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Digitale Planung verbessert Gewebestabilität bei angulierter Implantatversorgung

Durch die Anwendung von digitalen Technologien hat sich der Arbeitsablauf besonders bei der Anwendung von alternativen Verfahren zur Insertion von Implantaten mit reduziertem Augmentationsverfahren am stärksten verändert [4]. Wird beim klassischen Vorgehen mit einer vertikalen Augmentation oder einer Sinusbodenelevation im ersten Behandlungsschritt das Knochenlager augmentiert, ist meistens nur eine genaue Diagnostik über das reduzierte Knochenangebot notwendig. Die Simulation des angestrebten prothetischen Ergebnisses ergibt einen Hinweis auf den Umfang der benötigten Operation; Hilfsmittel wie Schablonen werden dafür aber selten verwendet [17].

Digitale Verfahren zur ­OP-Vorbereitung

Bei der Verwendung von anguliert gesetzten Implantaten ist neben der genauen Diagnostik des vorhandenen Knochenangebotes besonders auch die Positionierung unter prothetischen Aspekten wichtig [1, 2]. Hier können zwei Wege unter Nutzung der digitalen Technologien beschrieben werden. Bei dem Full-Guided-Vorgehen wird eine Navigationsschablone mithilfe eines 3-D-Planungsprogramms erstellt, das entweder über die vorhandene Restbezahnung oder mit Fixierpins in der korrekten Position für die anatomisch genaue Implantatinsertion gehalten wird [27]. Bei einem stark parodontal geschädigten Zahnsystem ist dies aufgrund der starken Lockerung aber oftmals nicht möglich (Abb. 1). Auch zeigt sich bei einem starken vertikalen Knochenverlust keine eindeutige Fixierungsmöglichkeit besonders im zahnlosen Kiefer, sodass mit höheren Abweichungen der Implantate von der geplanten Position zu rechnen ist.

Unterkiefer mit Restzahnbestand in digitalisierter Ansicht

Abb 1: Digitalisierung der klinischen Situation zur Vorbereitung der Sofortimplantation mit Sofortversorgung im Unterkiefer

Daher empfiehlt sich bei diesen Ausgangsvoraussetzungen die Anwendung einer Orientierungsschablone, damit die Implantate unter prothetischen Aspekten inseriert werden können. Der völlige Verzicht auf eine Operationsschablone erfordert eine sehr genaue Vorstellung des Operateurs, da nach der Entfernung der Restbezahnung im atrophierten Kiefer nur noch wenige Orientierungspunkte vorhanden sind. Kleinere Abweichungen der Implantatposition von der idealen Position sind bei der Verwendung  einer reduzierten Anzahl von Implantaten akzeptabel, da die Versorgung mit einer zirkulären Brücke erfolgt und die Position der Schraubkanäle individuell mit Kunststoff verschlossen wird.
Nach der Digitalisierung der klinischen Situation erfolgt die Vorbereitung der Sofortimplantation mit Sofortversorgung durch den Zahntechniker. Hierzu wird im CAD/CAM-System sofern nötig, die nicht erhaltungsfähige Restbezahnung digital radiert und das Provisorium anhand der antagonistischen Versorgung konstruiert (Abb. 2). Diese Konstruktion wird dann in zwei Varianten weiter verarbeitet. Die erste Konstruktion erhält Perforationen an den vom Zahnarzt definierten Implantatpositionen für die Titanzylinder sowie zusätzliche Abstützungsflächen im posterioren Bereich bei Versorgungen im Unterkiefer oder einem Gaumenbügel im Oberkiefer, damit am Ende der Implantatinsertion das gefräste Provisorium zur Verfügung steht. Die zweite Variante wird für die Herstellung der Orientierungsschablone verwendet. Anstelle der Perforationen für die Titanzylinder werden in dieser Variante breite Öffnungen unter Erhalt der vestibulären und lingualen Kronenanteile konstruiert, damit eine intraoperative Orientierung für die Positionierung des Vorbohrers gegeben ist [27].

Provisoriumsanischt in der Planungssoftware

Abb. 2:  Konstruktion des Provisoriums mit Perforationen für die Titanzylinder und Abstützungsflächen im posterioren Bereich

Antimikrobielle photodynamische Therapie

In den vergangenen Jahren wurden daher verschiedene Verfahren mit einem photodynamischen oder photothermischen Therapieansatz für die Prävention oder Therapie von oralmanifestierten Infektionen vorgestellt [12]. Leider wurden diese Therapieansätze vor der Markteinführung nicht immer effektiv wissenschaftlich evaluiert, sodass nur ausgewählte Verfahren heute einen klinischen Einsatz rechtfertigen [10, 11]. Ein inzwischen für den parodontologischen Einsatz wissenschaftlich dokumentiertes System ist die antimikrobielle Photodynamische Therapie (aPDT) nach dem Helbo-Verfahren, bei der mit einem hoch konzentrierten sterilen Farbstoff unter ausreichender Einwirkzeit mit einem Diodenlaser im Niedrigenergieniveau die Aktivierung entsprechend den Wellenlängen des Photosensitizers erfolgt [6, 22, 26]. Damit kommt es zu einer Reduktion des pathologischen Keimspektrums, wodurch eine physiologische Rekolonisierung im Mund erreicht wird. Die Anwendung des Low-Level-Lasers unterstützt dabei die photobiologische Wirkung der Geweberegeneration, wodurch wiederum Wundheilung und Osseointegration unterstützt werden [7]. Dieses Verfahren hat sich auch für die Dekontamination der Extraktionsalveolen im Rahmen der Sofortimplantation etabliert (Abb. 3). Hierfür wird der Farbstoff nach der mechanischen Kürettage des chronisch infizierten periradikulären Gewebes am günstigsten mit einem getränkten Gazestreifen eingebracht [21]. Durch die Applikation für ein bis optimal drei Minuten kommt es zu einer Diffusion auch in die oberflächlichen Gewebeschichten, sodass es dort zu einer Anfärbung der parodontalpathogenen Keime kommt. Da ein hoch konzentrierter Farbstoff verwendet wird, ist ein Spülen mit physiologischer Kochsalzlösung notwendig, damit die Schichtdicke reduziert werden kann. Anschließend erfolgt die Bestrahlung jeder Alveole für ca. eine Minute [20]. Durch die photochemische Reaktion bildet sich Singulett-Sauerstoff an der Zellwand der Membranen [3]. Die Folge ist eine Lipidoxidation und somit die Zerstörung der Bakterien. Ein negativer Einfluss der verbleibenden Farbstoffmoleküle auf das Erreichen der Osseointegration ist nicht bekannt, sodass direkt nach Abschluss der Aktivierung des Photosensitizers die Implantataufbereitung und Insertion unter Anwendung der Orientierungsschablone erfolgen kann.

UK-Ansicht nach Extraktion mit weißer Kanüle

Abb. 3: Antimikrobielle Photodynamische Therapie zur Dekontamination der Extraktionsalveole zur Vermeidung von Wundheilungsstörungen (Helbo, bredent medical, Walldorf)

Prothetische ­Implantatpositionierung

Bei Anwendung der Orientierungsschablone empfiehlt sich die vorsichtige Darstellung der Foramina mentalia, damit eine möglichst weite anteriore-posteriore Abstützung der prothetischen Versorgung erreicht wird (Abb. 4). Für die Sofortversorgung ist eine ausreichende Primärstabilität notwendig, alternativ zu besonderen Aufbereitungsverfahren kann diese sicher mit einem Implantatsystem mit konischen Designanteilen und einem doppelgängigen Gewinde erreicht werden (Abb. 5). Die Ausrichtung der angulierten Implantate erfolgt ebenfalls mithilfe der Orientierungsschablone, sodass das Provisorium dann direkt einprobiert werden kann. Bei der Anwendung eines Implantatsystems mit einer konischen Aufbauverbindung zeigt das gingivale Durchtrittsprofil genügend Raum, sodass sich auf dem mikrostrukturierten Implantathals Knochen anlagern kann [16, 29]. Somit ist das typische Risiko bei Implantaten mit einer geraden Implantataufbauverbindung, die anguliert inseriert werden, mit unterschiedlichen Knochenkanten und somit verbundenem tiefen Weichgewebsattachment am distalen Anteil gelöst [15]. Im Verlauf zeigt sich häufig eine zusätzliche Knochenanlagerung an der Implantatoberkante, die auch als Bone­GrowthConcept bezeichnet wird. Dies wird umso leichter erreicht, wenn zur periimplantären Augmentation im Wesentlichen die bei der Nivellierung des Kieferkamms und bei der Implantatbettaufbereitung gesammelten Knochenspäne verwendet werden [13]. Zur sicheren Fixierung der Titanhülsen sollten diese vor dem Wundverschluss eingebracht werden. Das vorbereitete Provisorium wird dann einfach mit Kunststoff am Ende der Operation fixiert (Abb. 6). Somit ist keine weitere Manipulation der Implantate in der initialen Osseointegrationsphase notwendig. Da das Provisorium basal offen gestaltet wird, erfolgt die Nahtentfernung ohne Entfernung des Provisoriums.

CAD/CAM-Versorgung mit ­zirkulärer Brücke

Nach einer Osseointegrationsphase von mindestens sechs Wochen erfolgt idealerweise nach drei Monaten die Osseointegrationskontrolle und die digitale oder konventionelle Abformung der Implantate auf Schleimhautniveau (Abb. 7). Auch hier erleichtert der digitale Behandlungsablauf das zahntechnische und prothetische Vorgehen, da die Abformung mit der Ausgangssituation überlagert werden kann, um eine Orientierung für die vertikale Rekonstruktion zu erreichen (Abb. 8). Durch die Vorarbeiten bei der Planung läßt sich die definitive Versorgung zielgerichtet mit der Konstruktion des Gerüstes angehen, das dann ebenfalls mit einem CAD/CAM gefrästen Multicolor-Kunststoff in einem Stück verklebt werden kann (Abb. 9 und 10).
Durch das strukturierte Vorgehen unter Nutzung der digitalen Verfahren sind die Behandlungsschritte definiert, und der Patient kann über den Umfang und die Dauer der prothetischen Sitzungen genau informiert werden. Dies erhöht die Patientenzufriedenheit, da die Behandlungsschritte genau geplant werden können [23] (Abb. 11).

Fazit für die Praxis

Seit 15 Jahren ist die Full-Arch-Sofortversorgung mit angulierten Implantaten ein anerkanntes und etabliertes Verfahren [18]. Das Komplikationsrisiko der Sofortimplantation kann durch die antimikrobielle Photodynamische Therapie reduziert werden. Die Verwendung von angulierten Implantaten ermöglicht ein tiefes Abstützungspolygon für zirkuläre Brücken [8]. Der früher vollständig konventionelle Workflow wird jetzt durch digitale Techniken optimiert und ermöglicht eine Sofortversorgung am Ende der Operation mit einer hohen Patientenzufriedenheit.

Prof. Dr. Jörg Neugebauer (1,2, 3), Dr. Steffen Kistler (1), Stephan Adler (1), Dr. Frank Kistler (1)

(1) Praxis Dr. Bayer und Kollegen, Landsberg/Lech
(2) Steinbeis-Hochschule, Berlin, Transfer-Institut Management of Dental and Oral Medicine
(3) Interdisziplinäre Poliklinik für Orale Chirurgie und Implantologie, Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie der Universität zu Köln

Korrespondenzadresse:
Dr. Bayer und Kollegen
Von-Kühlmann-Str. 1
86899 Landsberg am Lech
Neugebauer@implantate-landsberg.de
Telefon: (0 81 91) 9 47 66 60
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Literatur

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