Kostendämpfungspolitik gefährdet GKV-Patientenversorgung
Die Folgen der Mittelbegrenzung durch das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz (GKV-FinStG) sind in der Patientenversorgung voll angekommen. Hiervon betroffen sind vor allem Patienten, die an Parodontitis leiden. Dabei hatte die im Juli 2021 eingeführte neue, präventionsorientierte Parodontitis-Behandlungsstrecke zum Ziel, die Volkskrankheit endlich nachhaltig zu bekämpfen.
Neue Daten der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) belegen jedoch einen dramatischen Einbruch der Neubehandlungsfälle bei dieser Therapiestrecke: Allein im November 2023 sind die Neubehandlungen im Vergleich zum Vorjahresmonat um fast ein Drittel zurückgegangen, bei einer weiterhin unverändert hohen Krankheitslast.
Zu befürchten ist, dass sich der durch die Gesetzgebung ausgelöste langfristige Schaden für die Parodontitisversorgung im Laufe des Jahres 2024 noch weiter verschärfen wird. Zahnarztpraxen müssen sich nämlich zwangsläufig auf die schlechteren Rahmenbedingungen infolge der Budgetierung durch das GKV-FinStG einstellen.
Strikte Budgetierung für alle Zeiten beenden
Hierzu erklärt Martin Hendges, Vorsitzender des Vorstandes der KZBV:
„Eine Bundesregierung, die sich die Prävention auf die Fahne geschrieben hat, darf die bestehende Versorgungsnot nicht ignorieren, sondern muss sofort handeln. Im Sinne einer weiterhin flächendeckenden und qualitativ hochwertigen Patientenversorgung lautet unsere klare Forderung an die Politik, die mit dem GKV-FinStG wiedereingeführte strikte Budgetierung für alle Zeiten zu beenden! Angesichts der alarmierenden Versorgungssituation müssen die Leistungen der Parodontitistherapie sofort aus der Budgetierung herausgenommen werden. Alles andere hat erhebliche negative Folgen für die Mund- und Allgemeingesundheit der Patientinnen und Patienten und führt gerade zu keiner nachhaltigen Entlastung der GKV-Finanzen.“
Unbehandelte Parodontitis verursacht hohe Folgekosten
Die Patientenversorgung zu stärken, bedeutet, neben der Entbudgetierung im hausärztlichen Bereich auch sämtliche zahnärztlich erbrachte Leistungen zu vergüten. Nur so kann Prävention speziell von Herz-Kreislauferkrankungen erfolgreich umgesetzt werden. Denn die Parodontitis nimmt Einfluss auf schwere Allgemeinerkrankungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen und rheumatische Erkrankungen und steht unter anderem unmittelbar in Wechselwirkung zu Diabetes mellitus.
Eine unbehandelte Parodontitis verursacht zudem hohe Folgekosten: Allein im zahnärztlichen Bereich summieren sich diese auf rund 200 Millionen Euro jährlich. Hinzukommen indirekte Krankheitskosten durch Parodontitis, die eine international vergleichende Studie für Deutschland mit rund 34,79 Milliarden Euro angibt. Die konsequente Prävention und Therapie von Parodontitis würde diese Kosten zumindest reduzieren.
„Wir appellieren eingehend an Bundesgesundheitsminister Lauterbach, mit uns gemeinsam die Weichen zu stellen, um auch künftig eine präventionsorientierte Patientenversorgung zu ermöglichen. Wird jetzt nicht gehandelt, sind die Patientinnen und Patienten in Deutschland die Leidtragenden“, erklärt Hendges.
Zum Hintergrund
Ende September 2023 hat die KZBV gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Parodontologie ihren Evaluationsbericht veröffentlicht, der die fatalen Auswirkungen der Budgetierung auf die Parodontitisversorgung anhand klarer Daten und Fakten unmissverständlich belegt.
Das Verlaufsdiagramm zeigt, dass sich die Situation seit Veröffentlichung des Berichts nochmals verschärft hat. Die KZBV fordert die Politik bereits seit Monaten mit Nachdruck auf, ihre Kostendämpfungspolitik endlich zu beenden und zu einem versorgungsorientierten System zurückzukehren. Um auf die negativen Folgen des GKV-FinStG aufmerksam zu machen, führt die KZBV ihre im vergangenen Sommer gestartete bundesweite Kampagne „Zähne zeigen“ auch in diesem Jahr fort.
Lesen Sie auch den dzw-Artikel über den Evaluationsbericht:
Präventionsorientierte Parodontitisbehandlung vom Scheitern bedroht