Die Genehmigungspraxis der KZVen im Hinblick auf die Beschäftigung zahnärztlicher Vorbereitungsassistenten ist alles andere als einheitlich koordiniert. Ein Überblick von RA Dr. Karl-Heinz Schnieder.
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Gerade wenn der Vorbereitungsassistent nicht in einer Einzelpraxis, sondern in einem Praxiskonstrukt mit mehreren Zahnärzten tätig werden möchte, drohen böse Überraschungen. Manchmal scheint es, als gingen die KZVen in diesem Rahmen nach dem Willkürprinzip vor.
Schon Kollege RA Thomas Bischoff hat sich in seinem Beitrag „Z-MVZ: Darf mehr als ein Vorbereitungsassistent ausgebildet werden?“ mit dieser Thematik unter Hervorhebung der Situation beim zahnärztlichen Medizinischen Versorgungszentrum (Z-MVZ) auseinandergesetzt. Er weist insbesondere auf den Missstand hin, dass die meisten KZVen derzeit die Ansicht vertreten, in Z-MVZ – ganz gleich, wie groß diese auch sein mögen – sei nur ein einziger Vorbereitungsassistent genehmigungsfähig.
Die Situation im Z-MVZ
Diese Haltung der KZVen ist nicht nachvollziehbar, geschweige denn überzeugend: Die in einem Z-MVZ angestellten Zahnärzte könnten sich alternativ auch eine vertragszahnärztliche Zulassung besorgen. Sie stehen, aus dem Blickwinkel fachlicher Kompetenz betrachtet, ihren niedergelassenen Kollegen also in nichts nach. Dennoch soll nach der festen Haltung einiger KZVen in einem Z-MVZ nur ein Vorbereitungsassistent genehmigungsfähig sein. Begründung: Es gibt nur einen zahnärztlichen Leiter.
Ein Vorbereitungsassistent pro Leiter? Bizarr!
Den treffenden Argumenten des Kollegen Bischoff ist in der Sache unbedingt beizupflichten. Es sei an dieser Stelle ergänzend hinzugefügt, dass das Abstellen mehrerer KZVen auf den ärztlichen Leiter eines MVZ schon deshalb nicht zielführend ist, weil dieser sich weder fachlich noch im Hinblick auf seinen Status zwingend von seinen im Z-MVZ angestellten zahnärztlichen Kollegen unterscheiden muss. Es ist sogar gang und gäbe, dass der zahnärztliche Leiter selbst „nur“ auf Angestelltenbasis im Z-MVZ beschäftigt ist (vergleiche dazu Paragraf 95 Absatz 1 Satz 3 des Fünften Buchs Sozialgesetz [SGB V]). Vor diesem Hintergrund erscheint die Differenzierung nach dem Posten als zahnärztlicher Leiter geradezu bizarr.
Unterschiedliches Vorgehen der KZVen
Gleichzeitig soll aber auch die Gelegenheit genutzt werden, um klarzustellen, dass nicht alle KZVen den Blick auf Sinn und Zweck der Genehmigungsmöglichkeiten gänzlich verweigern. So hat beispielsweise die KZV Bremen für ihren Zulassungsbezirk festgelegt, dass in einem MVZ je angestelltem Zahnarzt auch je ein Vorbereitungsassistent beschäftigt werden darf, sofern die angestellten Zahnärzte vor ihrer Anstellung im MVZ mindestens acht Quartale über eine Zulassung verfügten (vergleiche Ziffer I. 7. der Richtlinie zur Beschäftigung eines zahnärztlichen Assistenten der KZV Bremen).
Zwar müsste richtigerweise auch unabhängig von einer vorherigen Zulassung des im MVZ angestellten Zahnarztes die Genehmigung eines Vorbereitungsassistenten für ihn möglich sein. Der KZV Bremen ist jedoch wenigstens der Ansatz einer differenzierten Betrachtung zugutezuhalten.
Vorbildlich: KZV Hamburg und KZV Thüringen
Besonders fortschrittlich scheinen demgegenüber die Assistenten- und Vertreterrichtlinien der KZV Hamburg zu sein: Nach deren Paragraf 1 Absatz 5 wird jede Genehmigung personenbezogen auf den Antragsteller und den Assistenten erteilt. Dies gilt ausdrücklich auch bei der Beschäftigung des Assistenten in einer Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) und nach Paragraf 7 Absatz 1 ebenfalls in MVZ.
Ähnlich scheint man in Thüringen vorzugehen (vergleiche Paragraf 3 Absatz 4 der Assistentenrichtlinie der KZV Thüringen). Deswegen ist davon auszugehen, dass in diesen Bezirken weitaus liberaler und weniger engstirnig mit der Genehmigung von Vorbereitungsassistenten auch auf angestellte Zahnärzte in MVZ umgegangen wird als in anderen KZV Gebieten.
Ausmaß des Problems bei Einbeziehung von BAGen in die Betrachtung
Es soll jedoch verdeutlicht werden, dass dieselbe Problematik auch über die Grenzen der MVZ Versorgung hinaus von Bedeutung ist. Die ablehnende Haltung gegenüber der Beschäftigung von mehr als einem Vorbereitungsassistenten betrifft nämlich nicht nur MVZ, sondern sogar Berufsausübungsgemeinschaften (BAG).
In einigen KZV-Bereichen herrscht hier der unsägliche Zustand, dass die Zahl der genehmigungsfähigen Vorbereitungsassistenten nicht an die Zahl der an der BAG beteiligten Vertragszahnärzte gekoppelt wird. Vielmehr wird geradeheraus die Sichtweise vertreten, pro BAG sei nur ein einziger Vorbereitungsassistent genehmigungsfähig.
RA Bischoff hat bereits korrekt herausgestellt, dass es eine regelrechte „Vergeudung von Ressourcen“ bedeuten würde, wenn man die in den MVZ zweifellos vorhandenen Ausbildungsmöglichkeiten auch künftig nicht ausschöpfen könnte. Gerade für Vorbereitungsassistenten stellt es sich häufig als in besonderem Maße interessant dar, den Blick während der Assistenzzeit auf die Arbeit in zumeist hochmodernen und technisch-qualitativ hervorragend ausgestatteten Z-MVZ richten zu dürfen. In Anbetracht der sicher anwachsenden, aber statistisch betrachtet (noch!) nicht allzu stark ins Gewicht fallenden Anzahl an Z-MVZ in Deutschland wäre dieser Verlust allerdings noch zu kompensieren, wenngleich er völlig irrational ist.
2016: 142 MVZ, 8.132 BAG
Die tatsächliche Dimension des Problems zeigt sich hingegen erst, wenn man darüber hinausgehend noch berücksichtigt, dass auch in zahnärztlichen BAG die Beschäftigung von Vorbereitungsassistenten oftmals nur sehr restriktiv genehmigt wird. Hierzu einige Zahlen aus dem Jahrbuch 2016 der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV): Ende des Quartals II/2016 nahmen im Bundesgebiet 142 MVZ an der vertragszahnärztlichen Versorgung teil (KZBV-Jahrbuch, Seite 178). Demgegenüber gab es Ende des Kalenderjahrs 2014 – aktuellere Daten sind nicht verfügbar – insgesamt 8.132 zahnärztliche Berufsausübungsgemeinschaften in Deutschland, die somit einen Anteil von 18,6 Prozent an der Gesamtzahl aller Zahnarztpraxen ausmachen (ebenda, Seite 180). Mehr als 20 Prozent dieser BAG werden dabei sogar von mehr als zwei Zahnärzten geführt (berechnet nach Daten auf Seite 180). In diesen Fällen wiegt die Ablehnung von mehr als einem Vorbereitungsassistenten noch schwerer als in den Praxen mit nur zwei Inhabern, da noch mehr Zahnärzten allein aufgrund ihrer Beteiligung an der BAG faktisch die Ausbildung eines Vorbereitungsassistenten verweigert wird.
Flächendeckende, qualitätsorientierte Ausbildung blockiert
Diese Zahlen illustrieren zum einen die quantitative Tragweite der Haltung mancher KZVen, die bei einer isolierten Betrachtung des Z-MVZ nicht so zum Vorschein kommt. Hunderte bereits von einem Vorbereitungsassistenten „besetzte“ Praxen können von anderen Assistenten bei der Suche nach einer Arbeitsstelle gar nicht mehr in Betracht gezogen werden, obwohl die vertragszahnärztliche Situation vor Ort zweifellos hinreichende Kapazitäten für eine sachgerechte Vorbereitungszeit gewährleisten könnte. Zum anderen blockiert die teils vertretene Sichtweise der KZVen auch eine flächendeckend qualitätsorientierte Ausbildung, da Vorbereitungsassistenten die Chance verwehrt wird, sich in größeren Sozietäten auf die eigene vertragszahnärztliche Tätigkeit vorzubereiten.
Die fadenscheinigen Begründungen der KZVen
Die betreffenden KZVen versuchen in der Regel, ihr Vorgehen durch einen Verweis auf die gesetzlichen Vorschriften zu begründen: Paragraf 32 Absatz 3 der Zulassungsverordnung für Zahnärzte gibt vor, dass die Beschäftigung eines Assistenten nicht der Vergrößerung der Kassenpraxis oder der Aufrechterhaltung eines übergroßen Praxisumfangs dienen darf. Ob ein übergroßer Praxisumfang vorliegt, ist in jedem konkreten Einzelfall zu prüfen. Erforderlich ist eine zweieinhalb- bis dreifache Scheinmenge pro Quartal im Vergleich zur Durchschnittspraxis (vergleiche Schallen, Zulassungsverordnung, 8. Auflage 2012, Paragraf 32 Rn. 74 f.), die erst einmal erreicht sein will.
Ausdehnung des Praxisumfangs durch Vorbereitungsassistent zulässig
Der praxisnähere Versagungsgrund dürfte das Ziel einer Vergrößerung des Praxisumfangs sein. Mit dieser Vorschrift soll verhindert werden, dass die Ausbildung des Assistenten in den Hintergrund rückt (Urteil des Bundessozialgerichts [BSG] vom 28. September 2005, MedR 2006, 307 [308]). Gleichzeitig muss man aber berücksichtigen, dass eine Ausdehnung des vertragszahnärztlichen Praxisumfangs bei der Aufnahme eines Vorbereitungsassistenten vielfach zwangsläufig eintritt: Dies ist die geradezu logische Folge eines Behandlerzuwachses.
Das erkennt sogar der Gesetzgeber an, indem er in Paragraf 85 Absatz 4b Satz 4 SGB V einen Punktmengenzuschlag von 25 Prozent bei der Beschäftigung eines (Vorbereitungs-)Assistenten zulässt.
KZVen haben einen Zuwachs hinzunehmen
Wenn der Gesetzgeber eine Steigerung des Praxisumfangs auf diese Weise aber ausdrücklich zulässt, kann der pauschale Verweis auf eine zu erwartende Mengenausweitung durch eine KZV nicht als Begründung taugen, die Beschäftigung eines Assistenten zu verweigern. Ein solcher Zuwachs ist von ihr stets hinzunehmen (vergleiche auch das bereits zitierte Urteil des BSG, MedR 2007, 307 [308]). Erforderlich für eine Verweigerung der Genehmigung auf dieser Grundlage wäre hier eine stichhaltige und einzelfallbezogene Begründung, warum eine übermäßige Ausdehnung des Betriebs zu erwarten wäre.
Nur weil eine Praxis als BAG organisiert ist, kann im Übrigen nichts Anderes gelten. Da die relevanten Punktwerte hier bereits nach der Anzahl der zahnärztlichen Mitglieder zu bemessen sind, wird man auch eine mehrfache Erhöhung der Punktwertobergrenze durch mehrere Vorbereitungsassistenten bis zur Zahl der zahnärztlichen Mitglieder akzeptieren müssen. Etwas Anderes stände erstens Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelungen entgegen und engte zweitens den Ausbildungsmarkt für Vorbereitungsassistenten völlig unnötig ein.
Ausblick: Vernunft besser als Weg über das Gericht
Auch wenn natürlich zu hoffen bleibt, dass sich tatsächlich bald ein Gericht mit diesen Fragen beschäftigen wird, erscheint dies leider wenig realistisch. Denn in den meisten Fällen wird hier Eile geboten sein, und kaum ein Assistent wird sich gedulden wollen, den Zug durch die Instanzen abzuwarten. Hilfe bietet hier möglicherweise nur ein gerichtliches Eilverfahren.
Deshalb sei auch losgelöst von einem gerichtlichen Verfahren der dringende Appell an die insoweit rückschrittlichen KZVen gerichtet, Vernunft walten zu lassen und ihre Genehmigungspraxis von Vorbereitungsassistenten in Z-MVZ und BAG zu überdenken. Die betroffenen Assistentenrichtlinien bedürfen der unbedingten Anpassung – nicht zuletzt mit Blick auf die Zukunft der Zahnärzteschaft.
RA Dr. Karl-Heinz Schnieder, Münster