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Praxisabgabe (3): Abgeber und Übernehmer treffen aufeinander

Praxisabgabe: Horst Willeweit zur Gleichung Praxisabgabeplanung plus Praxisübernahmeplanung 
gleich beidseitiger Erfolg (Teil 3)

Nachdem beide Seiten sich grundsätzlich und separat auf ihre Interessen abgestimmt vorbereitet haben, ist es über das Internet, über die Mund-Propaganda, über Werbebriefe der Abgeberseite und, besonders wirksam, durch gestaltete Printofferten zur Kontaktaufnahme gekommen. Übrigens ist nach wie vor ein mit „persönlich/vertraulich“ vom Übernahmeinteressenten an die Abgeber-Adresse verschickter Brief positiv beeindruckend. Telefonisch kommt dann zumeist ein Termin zustande.

Übernahmeinteressenten haben dabei den Führungsstab in ihrer Hand, denn wir befinden uns in einem Käufermarkt. Bereits im Telefonat sollte der Abgeber darauf hingewiesen werden, dass Sie als Übernahmeinteressent zwei Vorbereitungen von ihm erwarten:

  • eine detaillierte, jeden Gegenstand 
ausweisende materielle Wertermittlung zum Substanzwert und 
  • eine Wertermittlung des ideellen Werts (Goodwill), addiert zum Gesamtgeschäftswert der abzugebenden Praxis. 

Für etwaige Finanzierer ist es wichtig zu erkennen, auf welchem Wege, auf welcher Grundlage die ausgewiesenen Werte ermittelt wurden. Grundsätzlich haben wir einen freien Markt. Jeder kann seine Forderung respektive Zahlungsbereitschaft nach Gutdünken formulieren. Ein mittlerer Verhandlungswert, unabhängig vom Außenstehenden erarbeitet, sollte aber als Orientierungsbasis auf dem Tisch liegen.

Wie in Teil 1 und Teil 2 dieser kleinen Serie erwähnt, kommen die gegenseitigen Vorhabenswünsche in Listenform zum Abgleich. Gesprächsweise werden Übereinstimmungen (personelle Ausstattung/das Humankapital, der mögliche Termin zur Übergabe der Praxis, Formen angebotener oder festgesetzter Mitarbeit des Abgebers, Wünsche und räumliche Möglichkeiten der Modernisierung und/oder Erweiterung zur Sprache.

No-Gos direkt und offen ansprechen

Jetzt ist es von Vorteil, wenn beide Seiten „No-Gos“ ebenso wie Übereinstimmungen offen notieren (nicht nur im Gespräch stehen lassen), offenlegen und nicht einander vertröstend zudecken. Am Ende des Kennenlerntreffens verlesen beide Parteien die im Vergleich zu den Vorhabenslisten neu hinzugekommenen Inhalte. 

Nicht alle Punkte werden in einem ersten Treffen geklärt werden können. Ein zweiter Termin mit klaren, schriftlich niederzulegenden Punkten inklusive der Zuweisung, wer bis dahin was zu klären hat, wird bereits im ersten Treffen festgelegt. So erkennen die Parteien die Ernsthaftigkeit des Gegenübers

Zum Rahmen eines solchen Treffens: Es sollte in der Praxis des Abgebers bei Tageslicht und zudem an einem Werktag erfolgen. Ideal sind Montag bis Donnerstag in der Zeit von 9 bis 16 Uhr. Das normale geschäftige Umfeld am Ort, in der Straße, im Praxisgebäude zum Zeitpunkt des Treffens sollte „inhalierbar“ sein. Abends und am Wochenende herrscht Friedhofsruhe; das verfälscht die Einschätzung.

Wer sollte teilnehmen? Für Abgeber wie Übernehmer ist es eine einmalige Lebenssituation, behaftet mit Hoffnungen, Ängsten und Emotionen. Die privaten (Ehe-)Partner sollen teilnehmen. Das ergibt eine brauchbare Basis zur Beurteilung der weichen, durchaus auch wichtigen Werte. Stimmt die Chemie? Zu den Sachfragen des materiellen Werts des Abgabeangebots sollte neutrales, dentales Fachwissen zur Verfügung stehen.

Materieller Wert 
und Goodwill

Der ausgewiesene Goodwill sollte, ermittelt auf Basis der vier bis fünf gängigen Wertermittlungsmethoden, ausgemittelt und im Rechenweg ausgewiesen vorliegen. Manchmal kann eine neutrale Person die richtungsweisenden Fragen stellen, vermitteln und in den Gesprächsverläufen die Themenableitung bremsen und zur Zielführung rufen. All zu leicht schweifen Jung und Alt ins Fachliche ab und trennen sich, ohne Wesentliches besprochen zu haben. 

Dem Übernahmeinteressenten sollte Gelegenheit gegeben werden, allein und in aller Ruhe die zuvor besichtigten Praxisräume ohne lobende Erklärungen im Nacken ein zweites Mal zu erkunden. Das gibt zusätzliche Sicherheit.

Keinesfalls ist eine flüchtige Praxisbesichtigung mit anschließendem Gespräch im Wohnzimmer der Privatwohnung des Abgebers, möglichst noch mit Rotwein und leckeren Kanapes, zu empfehlen. Dann bleiben die harten Fakten auf der Strecke. Empfohlen hingegen werden kann ein gemeinsames Mittag- oder Abendessen gleich im Anschluss an das vielleicht zwei- oder dreistündige Praxistreffen. Gemeinsamkeiten beim Essen lockern, verbinden und erleichtern die gegenseitige Einschätzung außerhalb harter Fakten. Ein Erfolgsbaustein in sich.

Vor-Ort-Gespräch statt Wohnzimmer des Abgebers

Gängige Vorbereitungspunkte für beide Seiten im Nachgang sind Abstimmungen mit den jeweiligen Steuerberatungen, gegebenenfalls ein Kontakt zur Rechtsberatung, was einen mög­lichen Kaufvertrag angeht, seitens des Über­nehmers auch eine Prüfung der Machbarkeit ­geplanter Praxismodernisierungen durch ein Dental-Depot.

Liegt seitens des Abgebers bereits ein freibleibendes Finanzierungsangebot für den Übernahmepreis vor, mag das für den Moment genügen. Andererseits kann der Übernahmeinteressent sich bis zum zweiten Treffen auch hinsichtlich der Finanzierbarkeit, auch seiner Erweiterung-/Modernisierungswünsche bei seiner Hausbank erkundigen. Nicht unlogisch ist es auch, die bisherige Hausbank des Abgebers mit einzubeziehen. Es gilt die Existenzgründungskonditionen auszuloten. Für Existenzgründer sind Leasingverträge in der Regel wenig sinnvoll. 

Praxisnachfolger sind Rechtsnachfolger

Bei ordentlicher Vorbereitung kann bereits beim zweiten Treffen Finales festgelegt werden. Zum Beispiel die Vorstellung des Übernehmers vor den Mitarbeitern der Praxis (deren Einwilligung, übernommen zu werden, muss eingeholt werden). Die Vermieterseite kann ebenfalls mit an den Tisch kommen. So kann eine Aktualisierung des Mietvertrags skizziert werden. In einem dritten Treffen dann kann der definitive Kaufvertrag geschlossen werden.

Ein besonderes Kapitel sind die in der zu übernehmenden Praxis existierenden Bestandsverträge, hier liegen Tretminen, aber auch Chancen. Praxisnachfolger sind Rechtsnachfolger. Dem Abgeber ist im Vorfeld abzuverlangen, sämtliche Verträge einsehbar zu machen; sie sind zu oft verstaubt und entsprechen manchmal nicht mehr der aktuellen Rechtslage.

Da sind zunächst die Arbeitsverträge zu nennen, aber es kann auch lohnen, die Versicherer bestehender Verträge auf eine Neufassung für den Übernehmer abzuklopfen. Oh Wunder, da treten manchmal Leistungssteigerungen ohne Mehrpreis oder gar Preisreduzierungen zu Tage! Es gibt im Regelfall eine Vielzahl von Verträgen, zum Beispiel mit Energielieferanten, Telefongesellschaften oder Internetanbietern.

In jedem Fall muss der Praxisabgeber erklären, dass die zu verkaufende Ware der Praxiseinrichtung in seinem freien Eigentum steht und nicht, etwa aus Besicherungsgründen einer Finanzierung, an Gläubiger eigentumsübertragen wurde. Auch bestehende Leasingverträge sind ohne Einwilligung des Leasinggebers (ihm gehört die Ware) nicht einfach so übertragbar.

Ganz unterschiedliche Nutzungsbestimmungen, gepaart mit Wartungsverträgen, sind im Bereich der Software zu beobachten. Auch hier hilft nur: Der Vertrag muss gelesen werden.

Und dann ist da noch das Ding mit den Gerätebüchern, den Prüfauflagen nach MPG/MDR. Sind darin Lücken in den von Verordnungen und Gesetzen sowie von Herstellern gesetzten Vorgaben vorhanden, kann das schnell teuer werden oder Preisabschläge bedeuten. Denken wir etwa an die seit Jahren je Behandlungseinheit zu belegenden Hygienezeugnisse der Wasserqualität in den Dentaleinheiten sowie den separaten Prophylaxegeräten.

Finanzierung muss in Form der festen Bankzusage vorliegen

Für den Übernehmer ist zuvor Folgendes zu beachten: Die Finanzierung muss in Form der festen Bankzusage vorliegen. Weiter müssen sämtliche notwendigen Versicherungen bereits abgeschlossen sein, darunter Sachversicherungen, Gesundheitsrisiken, Berufshaftpflicht für Selbstständige, Versicherung gegen Sachschäden (Feuer, Löschwasser, Allmählichkeitsschäden, Leitungswasserschäden, Vandalismus), aber auch gegen Schwachstromschäden, gegen Betriebsunterbrechung und gegebenenfalls weitere Risiken. Der Gefahrenübergang beginnt zumeist mit der Unterschrift zum Kaufvertrag, nicht erst bei Aufnahme der Tätigkeit.

Genau definiert werden soll darüber hinaus, was der Abgeber der Praxis bei Beendigung seiner Tätigkeit aus den Räumen entnehmen will. Übernehmer haben sich schon gewundert, dass die Wände beim Praxisstart plötzlich kahl waren, Kunstgegenstände und Teppiche waren verschwunden. 

Rechtliche Vorgaben existieren auch für die Weitergabe von Behandlungsdaten wiederkehrender Patienten. Dazu beraten KZV und gegebenenfalls Kammer. Beobachtung: Zumeist werden wirklichkeitsgerechte Formen gefunden.

Auch wichtig: Häufig benötigen Übernehmer am Ort der Praxis oder in dessen Nähe eine Wohnung. Hier kann der ortskundige Abgeber um Mithilfe gebeten werden. Wer sich die Praxisübernahme allein nicht zutraut, kann eine Kollegin/einen Kollegen zur Mitübernahme einwerben. Da ergeben sich gerade für Frauen familienfreundliche Konstellationen. 

Abschließend und aus jahrzehntelanger persönlicher Erfahrung: Die Berufsausübung in freier Praxis ist bezogen auf die unabdingbare Zuneigung der Patienten in der Zahnmedizin manifestiert.

Horst Willeweit, Bielefeld

Titelbild: hanohiki  – stock.adobe.com

Horst Willeweit

Nach 45 Jahren als Praxiseinrichter ist Horst Willeweit im Feld der Dienstleistungen für Dentalhandel, Herstellung sowie der Wertermittlung zahnärztlicher Praxen und zahntechnischer Labore bundesweit tätig (Abgaben/Übernahmen, materiell wie ideell/Goodwill).
Kontakt auf www.willeweit.de

Mitglied seit

7 Jahre 2 Monate