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Online-Petition zur GOZ: „Es gibt nie den richtigen Zeitpunkt!“

Zwingend notwendige Erhöhung des GOZ-Punktwerts

Um den jahrzehntelangen Punktwert-Stillstand bei der Gebührenordnung Zahnärzte endlich zu beenden, hat ein Gruppe standespolitisch aktiver Zahnärzte um Dr. Rüdiger Schott aus Bayern und Dr. Claus Durlak aus Hamburg am 9. Juni 2022 eine Petition im Deutschen Bundestag eingereicht. Nun ist die Petition zwar registriert, aber noch nicht für Unterschriften freigeschaltet.

Da der Petitionsausschuss bis dato keinen konkreten Termin zum Start der Unterschriftenliste bekannt gegeben hat, haben sich die Petenten entschlossen, bereits jetzt an die zahnärztliche Öffentlichkeit zu gehen und auf die Petition hinzuweisen. Denn die zwingend notwendige Erhöhung des Punktwerts der GOZ braucht ein kraftvolles, über die Zahnärzteschaft hinausgehendes Signal an den Verordnungsgeber, damit sich dieser endlich inhaltlich mit der Fragestellung vollkommen überholter Punktwerte und den daraus resultierenden Konsequenzen vor allem für PKV- und Beihilfepatienten befasst. Das Gespräch führte Dr. Uwe Axel Richter.

Herr Dr. Schott, Ihr Name ziert das Deckblatt der Petition, in der eine Erhöhung des Punktwertes gefordert wird, als sogenannter Hauptpetent. Macht Sie das zu einem Einzelkämpfer oder gibt es weitere Mitstreiter?
Dr. Rüdiger Schott: Für die Petition muss eine Person, der sogenannte Petent, verantwortlich zeichnen. In diesem Fall ist das meine Person, stellvertretend für all diejenigen Kolleginnen und Kollegen, die in persönlichen Gesprächen und unzähligen Diskussionen immer wieder angemahnt haben, sich für eine Anhebung des GOZ-Punktwerts einzusetzen.
Deshalb hat sich eine Gruppe namhafter Standespolitiker wie zum Beispiel die Dres. Durlak, Kinner und Öttl mit mir Gedanken darüber gemacht, wie wir die festgefahrene Situation sinnvoll und konstruktiv angehen könnten. So wurde die Idee einer Petition geboren. Es ist eine Gemeinschaftsaktion von Zahnärzten.

In fünf Jahren und sechs Monaten würde die GOZ 40 Jahre alt. Warum wollen Sie die GOZ nicht so alt werden lassen?
Schott: Wir wollten nicht mehr so lange auf die Feierlichkeiten warten. Doch ernsthaft: Bei fast allen Zahnärztinnen und Zahnärzten hat sich der Eindruck verfestigt, dass die Politik die Gebührenordnung Zahnärzte als etwas Lässliches ansieht. Diesem Eindruck wollen wir mit unserer Petition sachlich und nachvollziehbar begründet entgegentreten. Denn das Gegenteil ist der Fall. Die GOZ ist nicht nur für eine wirtschaftliche Praxisführung essenziell, sie steht für rund die Hälfte der Praxisumsätze. Auf der anderen Seite der Medaille steht die Sicherstellung sowie eine den aktuellen Standards entsprechende, zeitgemäße Versorgung der Privat- und Beihilfepatienten des öffentlichen Dienstes. 

Dr. Claus Durlak: Unsere Petition beabsichtigt primär, die Dame GOZ noch vor ihrem 40. Geburtstag endlich aus dem Punktwert-Korsett, in das sie seit ihrer Geburt gezwängt ist, zu befreien. Während sich Energiekosten, Materialpreise, Mietkosten etc. mit teilweise dreistelligen Steigerungsraten blähen, schnappt der GOZ Punktwert, der diesen Entwicklungen gesetzesgemäß Rechnung tragen soll, auf Geburtsniveau nach Luft. 

Der öffentliche Vorwurf wird sein, dass es Ihnen „nur“ um das Honorar gehe. 
Schott: Das wird zwar immer wieder behauptet, ist jedoch deutlich zu kurz gesprungen. Denn auch bei der GOZ geht es immer um zwei Seiten einer Medaille: Natürlich geht es um das Honorar, aber eben auch um die Versorgung der PKV- und Beihilfepatienten. Diese soll ja auch in Zukunft auf hohem Niveau gesichert sein. Was im Klartext bedeutet, auch in Zukunft am zahnmedizinischen Fortschritt teilhaben zu können.

Was hat Sie dazu veranlasst, gerade jetzt eine Online-Petition im Bundestag einzubringen? Angesichts der wirtschaftlichen und geopolitischen Lage scheint der Zeitpunkt alles andere als gut gewählt. 
Durlak: Die Geschichte der Gebührenordnung für Zahnärzte beweist doch: Es gab in den vergangenen gut 34 Jahren für die Politik nie den optimalen Zeitpunkt, sich ernsthaft mit der GOZ zu beschäftigen, auch nicht in wirtschaftlich prosperierenden Zeiten! Doch auch für uns Niedergelassene hat sich in den letzten Jahren die Situation deutlich verändert, seit Corona jedoch dramatisch. Die Coronafolgen sind noch nicht verdaut, die Kostensteigerungen für Praxismaterialienteils schwanken unter anderem aufgrund von Lieferkettenproblemen von erheblich bis dramatisch, die Energiekosten explodieren, wir sehen inflationsbedingte Preissteigerungen mit daraus erwachsenden Lohnforderungen. Und das alles mit vermutlich hohem Steigerungspotenzial in den kommenden Jahren! Vor diesem Szenario ist die Auflösung der bald 40-jährigen GOZ-Punktwertblockade unabdingbar – und zwar sofort!

Was macht Sie zuversichtlich, die notwendigen 50.000 Unterschriften innerhalb von vier Wochen zu erreichen?
Schott: Auch Zahnärzte brauchen eine belastbare betriebswirtschaftliche Kalkulationsgrundlage. Diese ist bei der GOZ längst nicht mehr gegeben. Denken Sie nur an die Preissteigerungen beim Material. Beim Personal hat der Gesetzgeber durch die selektive Impfpflicht eine personalwirtschaftliche Katastrophe in der ambulanten und stationären Versorgung ausgelöst mit der Folge stark steigender Gehälter. Deshalb gehen wir davon aus, dass alle im zahnmedizinischen Bereich Tätigen, also Zahnärzte, Kieferorthopäden, Mund- und Kieferchirurgen etc. und deren Mitarbeiter, Zahntechniker und natürlich auch die Dentalindustrie diese Petition unterstützen werden. Auch die betroffenen PKV- und Beihilfepatienten sind dazu aufgerufen, schließlich geht es um ihre Versorgung.

Wie realistisch ist diese Hoffnung?
Schott:
Wir sind da sehr optimistisch, denn eine Zahnmedizin, die nicht mehr auskömmlich betrieben werden kann, nutzt keinem, am allerwenigsten den Patienten. Insofern sitzen wir tatsächlich alle in einem Boot.

Gibt es auch Zahnärzte, die die GOZ so belassen wollen wie sie ist?
Schott: Welchen Vorteil hätte dieses? Fakt ist: Seit 34 Jahren wurde der Punktwert nicht mehr erhöht. Unsere Petition zielt nur auf eine Erhöhung des Punktwerts ab, um den Praxen eine vernünftige wirtschaftliche Basis zu geben.

Ein Vorwurf an die Zahnärzteschaft lautet, dass sie den seitens der Justiz aufgezeigten Weg über die Steigerungssätze viel zu selten beschreiten würde. Wie berechtigt ist dieser Vorwurf, würde er doch die Petition als unnötig erscheinen lassen?
Durlak: Diesem Vorwurf liegt ein fundamentales Missverständnis zugrunde: Die Bemessung der Gebühr muss gemäß Paragraf 5 GOZ nach den Kriterien Zeitaufwand, Schwierigkeit und nach den Umständen einer zahnärztlichen Leistung erfolgen. Gestiegene Praxiskosten haben jedoch weder Einfluss auf den Zeitbedarf noch auf die Schwierigkeit noch auf die Umstände einer zahnärztlichen Leistung und können damit nicht (!) für die Kompensation der Praxiskosten in Ansatz gebracht werden. Für einen angemessenen Punktwert hat laut Gesetz allein der Verordnungsgeber zu sorgen.

Die digitale „11-Pfennig-Kampagne“ der BZÄK, primär gerichtet an die Politik und mediale Öffentlichkeit, hat ja die groteske Honorarsituation thematisiert. Einmal mehr wurde deutlich, wie schwierig es ist, Verständnis für eine an die Preis- und Kostenentwicklung angepasste zahnärztliche Gebührenordnung zu wecken. Was kann eine Petition an diesem Umstand ändern? 
Schott: Eine Petition ist ein demokratisches Grundrecht, Probleme in den politischen Fokus zu stellen und die Politik zum Handeln zu bewegen.

Durlak: Ein großer Unterschied in der öffentlichen Wahrnehmung der Thematik ist die „argumentative Wucht“ der schieren Masse, die durch die Petition in einzigartiger Weise sichtbar werden kann.   Während die Kampagne der Kammer nicht klar erkennen lässt, wie viel Feuer sich hinter dem Rauch verbirgt, zeigt die Petition unverhüllt den Flächenbrand, den hoffentlich weit mehr als 50.000 Unterstützer auslösen.

Bei einer Gebührenordnung, die primär für Privatversicherte sowie die Beihilfestellen der Beamten gilt, ist es für die Mehrzahl von Politikern, Journalisten wie auch Patienten kaum vorstellbar, dass die überwiegende Zahl vergleichbarer Leistungen im Bema – also bei den gesetzlichen Krankenkassen – besser bewertet ist als beim 2,3-fachen Satz in der GOZ. Woran liegt es aus Ihrer Sicht, dass dies von den meisten des genannten Personenkreises nicht verstanden wird? Oder sollte man sagen: Nicht verstanden werden will?
Schott: Letzteres dürfte zutreffend(er) sein: Nicht verstanden werden will! Schließlich geht es dem Staat hier nicht primär um die optimale Versorgung von Patienten, sondern um haushälterische Aspekte, also um Finanzen.

Stichwort PKV und Beihilfestellen: Ist deren Sicht auf die GOZ weitestgehend identisch? Oder müssen hier zwei Player unter einen Hut gebracht werden, der beiden nicht passen kann?
Schott: PKV und Beihilfe haben natürlich eines gemeinsam: die Erschließung von Einsparpotenzialen im Sinne des Shareholder-Value-Gedankens auf der einen Seite und die Schonung des Staatshaushalts auf der anderen Seite. Die PKV hebt sich im Markt allerdings noch dadurch ab, dass im Rahmen des Wettbewerbs noch das eine oder andere verbesserte Leistungsangebot gemacht wird.

Durlak: In zumindest einer Hinsicht scheinen mir PKV und Beihilfestellen gut unter den besagten Hut zu passen: Indem sie beide ihn sich tief über die Augen ziehen, schützt er vor der Wahrnehmung, dass der GOZ-Punktwert seit nunmehr fast 40 Jahren eingefroren ist, während die Praxiskosten für Heizung, Strom und Materialien in teilweise dreistelligen Prozentsätzen explodiert sind. Verborgen bleibt so auch die Tatsache, dass inzwischen zahlreiche Leistungen im Bema deutlich besser bewertet sind als mit dem 2,3-fachen Satz der GOZ, eine sicher für viele Privatpatienten, Beihilfeberechtigte und Politiker erstaunliche Erkenntnis!

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