Gesundheitsexperten: „Können oder wollen sie nicht?“
„Können oder wollen sie nicht?“ – mit dieser provokanten Frage titeln Prof. Dr. Edmund Neugebauer und Dr. Dr. Klaus Piwernetz ihren neuen Artikel im „Monitor Versorgungsforschung“. Die beiden Gesundheitsexperten fordern eine offene Diskussion über die Zukunft des deutschen Gesundheitssystems. Ihr Beitrag analysiert die Hürden, die einer Modernisierung des Gesundheitssystems im Wege stehen, und diskutiert mögliche Lösungsansätze.
Hoffen auf eine Verbesserung durch Reformen
Wieder einmal gibt es viel Unruhe und Bewegung im Gesundheitssystem. Viele hoffen darauf, dass die von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach angestoßenen Reformen endlich eine Verbesserung bringen und zur Genesung des angeschlagenen Gesundheitssystems beitragen.
Prof. Dr. Edmund Neugebauer, ehemaliger Präsident der Medizinischen Hochschule Brandenburg Theodor Fontane (MHB), hat zusammen mit Dr. Dr. Klaus Piwernetz, Mitautor des gemeinsamen Buches „Strategiewechsel jetzt!“ und Geschäftsführer der Münchner Medimaxx Health Management GmbH, in dem jetzt im Fachmagazin „Monitor Versorgungsforschung“ veröffentlichten Artikel „Können oder wollen sie nicht?“ konstruktive Wege aufgezeigt, wie das in entscheidenden Teilen dysfunktionale Gesundheitssystem endlich „Wege aus der Sackgasse“ findet.
„Nahezu alle Fachleute sind sich darüber einig, dass das deutsche Gesundheitssystem an seine Grenzen gestoßen ist und umfassend überarbeitet werden muss. Zwar geben Versicherte und Steuerzahler sehr viel Geld für Gesundheitsversorgung aus, erhalten dafür aber nicht immer entsprechende Spitzenleistungen“, monieren die beiden Autoren.
Jenseits der Beschreibung bekannter Defizite des Gesundheitssystems analysiere der Beitrag, warum es Deutschland trotz der sehr guten inhaltlichen, strukturellen und finanziellen Voraussetzungen nicht gelingt, für ein wirklich modernes, leistungs- und lernfähiges Gesundheitssystem zu sorgen.
Bedarfe der Patienten werden nachrangig behandelt
Als größte Bremse für die Weiterentwicklung des Gesundheitssystems benennen die Autoren dysfunktionale Strukturen: Handelnde Personen müssen zuerst ihre eigenen, überwiegend interessengeleiteten Perspektiven verfolgen. Bedarfe der Patienten werden nachrangig behandelt.
Die beiden Autoren wiesen in ihrem leidenschaftlichen Plädoyer keine individuelle Schuld zu. Vielmehr verhalten sich die in Politik, Verwaltung und Versorgung tätigen Personen rational entsprechend immanenter Systemlogiken ihres jeweiligen politischen, gesellschaftlichen oder unternehmerischen Kontextes. Grundvoraussetzung für die Auflösung der Entscheidungsblockaden sei allerdings ein politischer Gestaltungswille, der über Legislaturgrenzen hinausdenkt. Dazu wäre die Verabschiedung verbindlicher Versorgungsziele ein erster Schritt.
Notwendig hierbei sei ein fundamentaler Perspektiv- und Paradigmenwechsel. Soll das Gesundheitssystem tatsächlich vom Nutzen für die Patienten her gedacht werden, müssten wesentliche Elementen und Steuerungselemente neu gestaltet werden: Frei nach Karl Valentin: Mögen tät ich schon wollen, aber dürfen trau ich mich nicht!