Anzeige

Patientenkategorien: ILA bei Risikopatienten

In der Reihe Stichpunkt Anästhesie von Lothar Taubenheim geht es weiter um Schmerzausschaltung und die in Betracht kommenden ­Patienten – Patientengut (5): ILA bei Risikopatienten.

Grundsätzlich ist die intraligamentäre Anästhesie (ILA) für alle Patientenkategorien anwendbar. Sie beeinträchtigt den Patienten in der Regel weniger als die konventionellen Methoden der Lokalanästhesie – Infiltrations- und Leitungsanästhesie des N. alveolaris inferior.  

In der zahnärztlichen Praxis kommt der Behandlung von Risikopatienten eine besondere Bedeutung zu. Die Gefahren durch Leitungs- und/oder Infiltrationsanästhesie für gesundheitlich beeinträchtigte Patienten wurden unter anderen von Cawson et al. (1983) belegt [1]. Eine sorgfältig erhobene Anamnese setzt den Zahnarzt darüber in Kenntnis, ob eine allgemeine Erkrankung des Kreislaufs und des Herzens, eine innersekretorische Störung oder eine vegetative Dystonie vorliegt. Es muss unter anderem weiter nach eventuell vorhandenen hämorrhagischen Diathesen und Allergien gefahndet werden.

Mit der demografischen Entwicklung nimmt auch die Zahl der älteren Patienten zu, die zur zahnärztlichen Behandlung kommen. Nicht wenige der Patienten, die täglich behandelt werden, sind wegen vorausgegangenen Herzinfarkts, kardialen Bypässen und Kreislauflabilität für eine gegebenenfalls erforderliche Lokalanästhesie als Risikopatienten zu kategorisieren. Eine systematische Erhebung der Anamnese des Patienten (Anamnesebogen) ist bei der Planung der anstehenden Behandlung erforderlich. Das Risiko von Zwischenfällen ist durch eine entsprechende Prophylaxe zu minimieren, wenn nicht gar weitestgehend zu vermeiden.

Ob die intraligamentäre Anästhesie auch bei Risikopatienten angewandt werden kann, war Thema einer Studie von Garfunkel et al. (1985) [2]. Insgesamt 69 Patienten inklusive „Bluter“ und Herz-Kreislauf-Patienten wurden 0,2 bis 0,8 Milliliter Anästhesielösung injiziert. Die Ergebnisse wurden wie folgt zusammengefasst:

  • Es wurden keine Adrenalin (Epinephrin) verursachten kardialen Veränderungen von Patienten berichtet oder vom Behandler festgestellt.
  • Auch wurden keine Blutungen oder Hämatome beobachtet.
  • Es gab keine Fälle von Synkopen oder Bewusstseinsverlust.
  • Die Anästhesietiefe war zufriedenstellend.
  • Die erreichte Anästhesierate war derjenigen bei gesunden Patienten ähnlich.

 

ILA Risikopatienten
Tabelle: Ergebnisse der intraligamentären Anästhesie
bei Risikopatienten (nach Garfunkel et al. 1985)

 

Unter den 69 Patienten befanden sich:

  • 26 Patienten mit hämorrhagischer Diathese
  • 13 Patienten mit kardiovaskulären Erkrankungen
  • vier Patienten mit chronischer Steroidtherapie
  • drei Hämodialyse-Patienten
  • drei Chemotherapie-Patienten
  • fünf Thalassämie-Patienten
  • zehn Patienten mit neurologischen Erkrankungen
  • fünf weitere

Die Autoren kommen zu der Aussage, dass die Methode der intraligamentären Anästhesie zuverlässig zu sein scheint, einfach und ohne Nebeneffekte (side-effects) ist und als solche für Patienten mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen empfohlen wird (siehe Tabelle).

Infolge der deutlich geringeren Menge injizierter Anästhetikalösung ist sie auch nach Heizmann und Gabka (1994) geeignet für Risikopatienten mit Erkrankungen des Kreislaufs und des Herzens, Stoffwechselkrankheiten, hämorrhagischer Diathese, Medikation von Antikoagulantien, vegetativer Dystonie, psychisch labile Patienten mit großer Angst und mit psychogener Hypertonie [3].

Durch die im Vergleich mit Leitungs- oder Infiltrationsanästhesie nur geringen erforderlichen Mengen Anästhetikum ist die intraligamentäre Anästhesie für Risikopatienten bevorzugt in Betracht zu ziehen.

Lothar Taubenheim, Erkrath

 

Literatur

[1] Cawson RA, Curson I, Whittington, DR. The hazards of dental local anesthetics. Br Dent J 1983;154:253–258.
[2] Garfunkel AA, Kaufman E, Galili D. Intraligamentary anesthesia (transligamentary anesthesia) for health compromized patients. Gerodontics 1985;1:63–64.
[3] Heizmann R, Gabka J. Nutzen und Grenzen der intraligamentären Anaesthesie. Zahnärztl Mitt 1994;84:46–50.