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Praxisaufgabe wegen zu hoher Arbeitsbelastung

Jede zweite niedergelassene Arzt oder Psychotherapeut geht derzeit davon aus, aus Altersgründen aus der vertragsärztlichen und psychotherapeutischen Versorgung auszuscheiden und die Zulassung zurückzugeben. Etwa 20 Prozent der Befragten wollen die vertragsärztliche beziehungsweise psychotherapeutische Versorgung vorzeitig, also noch vor dem Renteneintrittsalter, verlassen, um in den Ruhestand zu treten. Weitere 14 Prozent geben ihre eigene Niederlassung auf, um sich in einer anderen Praxis oder in einem medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) anstellen zu lassen. 

Vorzeitiger Ruhestand wegen Arbeitsbelastung

Immerhin acht Prozent der Befragten planen, ihre Zulassung abzugeben und den Standort als Privatpraxis weiterzuführen. Von den Befragten, die vorzeitig in den Ruhestand treten, haben fast zwei Drittel angegeben, dass sie die Arbeitsbelastung in ihrer aktuellen Situation als zu hoch empfinden. Nur 22 Prozent der vorzeitig Ausscheidenden gaben an, dass sie dies taten, weil sie der Überzeugung waren, dass ihre Altersvorsorge bereits abgesichert sei. Zu hohe Praxiskosten beziehungsweise Fachkräftemangel beim nicht-ärztlichen Personal ist von jedem fünften vorzeitigen Ruheständler als entscheidendes Motiv genannt worden.

Das sind die zentralen Ergebnisse einer aktuellen Schwerpunktauswertung, die das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) im Rahmen des Zi-Praxis-Panels (ZiPP) 2023 vorgenommen hat. Von den insgesamt 68.000 angeschriebenen niedergelassenen Ärzten sowie Psychotherapeuten haben mehr als 4.000 Praxisinhaber bei der aktuellen ZiPP-Befragung Angaben zum Thema Praxisübergabe gemacht. Von diesen beschäftigen sich aktuell etwa 1.200 Teilnehmer intensiv mit dem Thema. Die umfassende Befragung zur wirtschaftlichen Lage der Praxen wird jährlich wiederholt; viele Angeschriebene nehmen in mehreren Jahren teil.

Stimmung nachhaltig eingetrübt

„Die aktuelle Umfrage bestätigt unsere repräsentativen Befragungsergebnisse von Dezember 2023 zur Lage in den Praxen. Damals hatten gut 60 Prozent der befragten Praxen angegeben, aufgrund der Rahmenbedingungen zu überlegen, vorzeitig aus der Patientenversorgung auszuscheiden“, sagt der Zi-Vorstandsvorsitzende Dr. Dominik von Stillfried. Erneut zeige sich sehr deutlich, dass die Stimmung unter den Praxisinhabern nachhaltig eingetrübt ist. 

Kuchendiagramm mit Beschriftungen in blau/grün

Von Vertragsärzten genannte Pläne zur Übergabe der Praxis beziehungsweise der Zulassung

Bürokratie und Teuerung sorgen für Frust

„Die wohnortnahe Gesundheitsversorgung in Deutschland ist dadurch in akuter Gefahr. Noch versorgen die rund 99.000 Praxen die Menschen auf höchstem Niveau. 578 Millionen Behandlungsfälle und über eine Milliarde Arzt-Patienten-Kontakte sprechen eine deutliche Sprache für den Einsatz der mehr als 180.000 niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten“, betont von Stillfried. Doch das Fundament bröckele rasant. Ein maßgeblicher Grund: Immer mehr bürokratische Auflagen und Belastungen durch Fehlleistungen der von Digitalisierungsvorgaben oft überforderten Praxissoftware-Systeme. „Mehr als 61 Tage pro Jahr muss jede Praxis im Durchschnitt für ‚Papierkram‘ aufwenden, die häufigen Unterbrechungen des Praxisablaufs durch IT-Zusammenbrüche nicht mitgerechnet“, so von Stillfried.

Zudem mache die allgemeine Teuerung auch vor den Praxen nicht Halt. Kosten für Personal, Energie, Mieten, Material oder medizinische Geräte stiegen stärker als die Inflation. „Während die Verbraucherpreise zwischen 2019 und 2022 um fast 12 Prozent zunahmen und die Finanzlage der gesetzlichen Krankenkassen sich ähnlich verbessert hat, haben die Praxen in dieser Zeit zusammengerechnet nur 6 Prozent mehr pro Leistung erhalten. Viele Praxisführende machen damit Jahr für Jahr ein reales Minus. Die Rahmenbedingungen stimmen nicht mehr.“ Dieses Bewusstsein veranlasse immer mehr Niedergelassene, vorzeitig den Ausstieg aus der medizinischen Versorgung in Auge zu fassen, obwohl sie ihren Beruf schätzen. „Die Politik muss dieses Warnsignal ernst nehmen. Ein Verlust der Praxisstrukturen schädigt die lokale Infrastruktur und die medizinische Versorgung nachhaltig. Dies kann durch Krankenhäuser, Telemedizin oder andere Heilberufe nicht aufgefangen werden. Handlungsleitend muss vielmehr die Frage sein: Was veranlasst niedergelassene Ärzte dazu, ihren Beruf wieder eher länger als kürzer auszuüben und die Praxen für die Patientinnen und Patienten offenzuhalten?“

Titelbild: Jürgen Flächle – stock.adobe.com