In den vorhergehenden Artikeln unserer Serie haben wir uns intensiv mit der Abrechnung von funktionsanalytischen und funktionstherapeutischen Behandlungen und Aufbissbehelfen beschäftigt. Doch nicht jede eingegliederte Schiene erfüllt den Zweck eines Aufbissbehelfes.
Indikatorschiene zur Visualisierung von Parafunktionen
Auch wenn es sich bei der Indikatorschiene zur Visualisierung von Parafunktionen um eine okklusale Schiene handelt, die im Verlauf von funktionsanalytischen Behandlungen zum Einsatz kommt, handelt es sich nicht um einen Aufbissbehelf, der nach GOZ-Nr. 7000 beziehungsweise 7010 berechnet werden kann.
Die Indikatorschiene ist kein Therapiegerät, sondern wird lediglich zur Diagnostik eingesetzt, um die Verteilung und Stärke von Zahnkontakten sichtbar zu machen. Häufig kommen dazu speziell eingefärbte Folien zum Einsatz, die sich unter starkem Okklusionskontakt abreiben.
Bei diesen Diagnostikschienen handelt es sich um eine selbstständige zahnärztliche Leistung, die in der GOZ nicht aufgeführt und gemäß Paragraph 6 Abs. 1 mit einer nach Art, Kosten- und Zeitaufwand gleichwertigen Leistung der GOZ analog zu berechnen ist. Eine geeignete Gebührennummer für die Analogberechnung kann nur nach Kenntnis des tatsächlichen Zeit- und Kostenaufwands ermittelt werden.
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Unterkieferprotrusionsschiene
Bei der Unterkieferprotrusionsschiene handelt es sich um ein zweiteiliges Schienensystem für Ober- und Unterkiefer, das über seitlich angebrachte Stege miteinander verbunden ist und bei obstruktiver Schlafapnoe zur Anwendung kommen kann. Durch die Protrusion (Vorschieben) des Unterkiefers wird ein nach hinten Rutschen der Zunge verhindert, die Atemwege bleiben frei und störendes Schnarchen und Atemaussetzer bleiben aus.
Seit 01.01.2022 ist die Unterkieferprotrusionsschiene, bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen und Verordnung durch einen Facharzt, als Sachleistung für gesetzlich Versicherte über bema abrechenbar.
In der GOZ beziehungsweise GOÄ sucht man die Unterkieferprotrusionsschiene vergeblich, denn sie hat, obwohl bereits seit vielen Jahren anerkannt, bei der Novellierung der GOZ im Jahr 2012 keine Berücksichtigung im Gebührenverzeichnis gefunden. Deshalb erfolgt die Berechnung für privat Versicherte oder für Kassenpatienten, die keine entsprechende Verordnung vorlegen, als analoge Leistung gemäß Paragraph 6 Abs. 1 GOZ.
Schienen als Interimszahnersatz
Nach Extraktionen kann die entstandene Lücke meist nicht sofort definitiv versorgt werden. Während der Abheilphase wird deshalb häufig Interimszahnersatz notwendig. Nebenfestsitzenden Langzeitprovisorien oder einfachen Klammerprothesen können auch tiefgezogene Schienen mit aufgestellten Zähnen zum Einsatz kommen.
Auch diese Schienen können abrechnungstechnisch nicht den Aufbissbehelfen zugeschrieben werden, den hier ist die Indikation, die der Eingliederung zugrunde liegt, nicht die Behandlung einer Kiefergelenkserkrankung, sondern der Ersatz des fehlenden Zahnes. Die Leistung ist demnach dem Bereich Prothetik zu zuordnen. Im Kapitel F prothetische Leistungen ist die Schiene mit aufgestellten Zähnen als Interimsersatz jedoch ebenfalls nicht zu finden und deshalb bleibt auch hier nur die Berechnung als Analogleistung.
Weitere Analogberechnungen
Die Liste der Schienen, die keinen Einzug in die Gebührenordnung gefunden haben ist lang. Es lohnt sich also die Leistungsbeschreibung der entsprechenden Gebührenposition genau zu betrachten. Wird die erbrachte Leistung von der Gebührennummer nicht umfasst und handelt es sich um eine selbstständige Leistung, die nicht Bestandteil einer anderen Leistung ist, so steht generell die Analogberechnung offen. Dafür ist es unerheblich, aus welchem Grund die Leistung nicht ins Gebührenverzeichnis aufgenommen wurde.
Weitere analog zu berechnende Schienen sind:
- Sportschutzschienen
- Bleaching Schienen
- Strahlenschutzschienen
- bimaxilläre Positionierungsschienen zur Stabilisierung der physiologischen Gelenkstellung
- Herstellung einer individuell angefertigten Schiene als Medikamententräger
Unsere Empfehlung
Bei analog zu berechnenden Leistungen kann der tatsächliche Zeit- und Kostenaufwand sehr stark variieren, deshalb verzichten wir bewusst auf entsprechende Vorschläge zur Wahl der Analogleistung. Man sollte sich wirklich die Mühe machen, die entsprechende Leistung zu analysieren und die als gleichwertig anzusehende Leistung dementsprechend zu wählen.
Bei der Anfertigung von Schienen, denen keine medizinische Indikation zugrunde liegt (Bleachingschienen, Sportschutzschienen etcetera) muss vor Behandlungsbeginn zwischen Zahnarzt und Patient/Zahlungspflichtigen eine Vereinbarung gemäß Paragraph 2 Abs. 3 GOZ getroffen werden. Die Vereinbarung sollte den Vermerk enthalten, dass die Erstattung der Vergütung durch Erstattungsstellen möglicherweise nicht in vollem Umfang gewährleistet ist. Bei der Abrechnung ist die Leistung dann als Verlangensleistung zu kennzeichnen.
Bei der Berechnung der Unterkieferprotrusionsschiene ist zu unterscheiden, ob die Schiene zur Behandlung der obstruktiven Schlafapnoe bei vorliegen einer entsprechenden Diagnose eingegliedert wird oder ob die Eingliederung lediglich dem Unterbinden des Schnarchens ohne entsprechende Diagnose dient. Die Eingliederung einer Anti-Schnarcher-Schiene ohne entsprechende medizinische Indikation wird als Verlangensleistung abgerechnet.
Die Autorin
ZMV+ Birgit Enßlin
Birgit Enßlin ist Mitglied des Abrechnungsreferates, ihr obliegt die Leitung des Abrechnungsteams bei ZMV+. Sie ist Fachreferentin der Apollonia Akademie und Fachautorin. Mit ihrem Wissen steht sie für die Abrechnungsqualität im Unternehmen ZMV+.
Kontakt: www.zmvplus.de
e-mail: abrechnungsreferat@zmvplus.de
Telefon: 08034 90978 10