Wenn wir zum Arzt müssen, eine Operation ansteht oder wir uns in irgendeiner Form behandelt lassen, dann begegnen wir häufig überaus freundlichen Menschen. Alles wird für uns bereitet, wir werden freundlich begrüßt, unterhalten und umsorgt. Manchmal werden wir so liebevoll behandelt, dass es richtig angenehm ist, mal nicht der Helfende, sondern der Patient zu sein.
Gleichzeitig haben viele Menschen in helfenden Berufe nicht das Gefühl, besonders sympathisch zu wirken. Sie machen ihren Job gefühlt „ganz normal“ und freuen sich sehr darüber, dass wir „Danke“ sagen oder sogar eine Kleinigkeit vorbeibringen. Weil wir uns so wohlgefühlt haben.
Menschen sind beliebter als sie annehmen
Nicht nur in helfenden Berufen wird die sympathische Wirkung unterschätzt. Tendenziell sind viele Menschen beliebter als sie es selbst annehmen. Das wiesen kürzlich Forscher der Cornell Universität nach. Sie setzten einander unbekannte Personen gegenüber und ließen sie fünf Minuten miteinander ins Gespräch kommen. Danach sollten beide bewerten, wie sympathisch sie den anderen fanden und ob sie Interesse daran haben, den anderen intensiver kennenzulernen. Was anfing wie ein übliches Blind Date, entwickelte sich zu einem sozialpsychologischen Experiment. Denn anschließend sollten die Versuchspersonen einschätzen, wie sehr ihr Gegenüber sie wahrscheinlich mochte.
Die Gesprächspartner schätzten ihre Wirkung auf andere systematisch schlechter ein, als diese tatsächlich war. Sie irrten sich. Unbeteiligt Dritte hingegen konnten bei Durchsicht der Videoaufnahmen deutlich erkennen, wer wem sympathisch war. Hinweise wurden in diesen Gesprächen also ausreichend gesendet. Die Gesprächspartner waren demnach so sehr damit beschäftigt, sich selbst kritisch zu reflektieren, dass sie die positiven Signale des Gegenübers nicht ausreichend wahrnehmen konnten.
Das ist ganz spannend, wenn Sie an Ihre Patienten denken. Vermutlich fühlen diese sich bei Ihnen und Ihrem Team besser aufgehoben, als Sie annehmen. Oft schauen wir kritisch auf unsere Leistungen und unseren Service und wissen auch genau, was bei der einen oder anderen Behandlung nicht richtig lief. Die Patienten nehmen das vermutlich ganz anders wahr. Ein netter Ton, ein freundliches Gesicht oder ein beruhigendes Wort wirken in der angespannten Situation stresslösend und unterstützen das Wohlbefinden der Patienten.
Tipps fürs Team
Man kann also im Teammeeting öfter mal positiv erwähnen, dass es jede Woche wieder gelingt, das Wohlbefinden der Patienten zu erhöhen. Bei allem Anspruch an Perfektion und dem Wunsch, Fehlerquellen und Umständlichkeiten abzubauen, sollte dieser Aspekt nicht zu kurz kommen. Und das darf man sich auch gegenseitig zurufen. In manchen Unternehmen bekommen Mitarbeiter inzwischen Punkte, die sie anderen Mitarbeitern geben können. Ein Punkt heißt: „Danke“ oder „Tolle Zusammenarbeit“. Ähnlich wie der Smiley oder der Stempel der Lehrerin unter dem Grundschuldiktat. Was manchmal noch monetär gekoppelt ist, wirkt auch so, und es braucht gar nicht unbedingt ein System dahinter.
Beispielsweise fühlt sich eine Azubine, die kurz vor der Prüfung steht, sehr gut aufgefangen, wenn sie am Morgen der Prüfung auf ihr Handy blickt: Das Praxisteam schickt ihr ein Gruppenfoto. Gemeinsam hält das Team ein großes Transparent mit der Aufschrift „Viel Glück“. Alle Daumen zeigen nach oben, und alle schauen sie freundlich und ermutigend an. „Wie süß“, freut sich die Azubine und steht sofort etwas aufrechter auf ihren Beinen. Was soll jetzt noch schiefgehen, wenn alle so lieb an sie denken? Gute Wünsche und Daumen drücken erhöhen kurzfristig das Gefühl von Selbstwirksamkeit. Die Azubine wird dadurch souveräner in die Prüfung gehen und kann gezielter Informationen abrufen. Bei gleichem Lernstand steht die Chance, dass die Prüfung nun besser ausfällt, gut.
Eine kleine Geste, ein „Gutes Gelingen“, ein „Du schaffst es“ fühlt sich nicht nur im Team gut an, sondern wirkt auch nach außen. Wenn es dann mal etwas holpert, man warten muss oder etwas vergessen wird, verzeihen Patienten gerne. Denn das ganze Team wirkt sympathisch. Mehr, als Sie es selbst wahrnehmen.