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Ungeduldige Patienten

ungeduldig

Wenn es nicht schnell genug geht... Tempoholiker haben die Zeit im Blick.

Warten bis zum Termin, Warten im Wartezimmer – Warten ist für den Patienten immer unangenehm. Er wünscht sich, schnell wieder gesund und schmerzfrei zu sein. Die gefühlte Wartezeit ist dreimal länger als die echte Zeit. Ungeduld verursacht jedoch nicht nur Stress bei Patienten, sondern auch beim Zahnarzt.

Die Erwartungen der Patienten

„Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht“, sagt ein chinesisches Sprichwort. Das wird überhört, der Patient will in den Urlaub und fit sein, er nimmt am liebsten den Zahnarzt in die Verantwortung. Im Internet informieren sich Patienten über die Zahnbehandlung und über den Zeitraum des Heilungsprozesses; dadurch entsteht eine  Erwartungshaltung. Das Warten auf den Behandlungserfolg stellt nicht nur Patienten auf eine Geduldsprobe.

Der Zahnarzt fühlt sich kritisiert, wenn der Patient fragt, ob es nicht schneller geht, ob man die Anzahl der Behandlungen nicht verkürzen kann. Hinter dieser Frage steckt das Informationsbedürfnis des Patienten. Patientenwünsche kann man als eine indirekte Frage verstehen. Kontraproduktiv sind Appelle wie „Sie dürfen jetzt aber nicht ungeduldig sein“ oder „Sie müssen eben mehr Geduld haben.“

Gesprächstechniken bei ungeduldigen Patienten

Längere Behandlungen sind für den Patienten zeit- und kostenaufwendig, er kann die Behandlungsschritte nicht immer nachvollziehen. Auf sein Unverständnis kann eine  verstandsgemäße Antwort des Zahnarztes nur bedingt passen. Gefühle sollten zunächst emotional und mit Anteilnahme beantwortet werden: „Ich kann mir vorstellen, dass Sie einen schnelleren Behandlungserfolg erwarten.“ Nach einer Sekundenpause erklärt man ihm dann, warum die Verkürzung der Zahnbehandlung nicht möglich ist. Patienten reagieren meist positiv, wenn der Erklärungshintergrund erfolgt. Nur detaillierte Informationen machen die Situation für den Patienten transparent. Kann er den Grund für längere Behandlungen nachvollziehen, wird er mehr Verständnis aufbringen. Er muss so viele Informationen erhalten, dass es ihm rational und emotional unmöglich wird, weiterhin seinen Wunsch  aufrechtzuerhalten. Das ist viel wirkungsvoller, als an sein Einsehen zu appellieren.

Gefühle vorwegnehmen (Antizipation negativer Gefühle) hat sich in der Praxis gut bewährt. Statt zu warten, bis der Patient seine Enttäuschung und Ungeduld zum Ausdruck bringt, formuliert man schon im Vorfeld etwa so: „Ich weiß, dass Sie jetzt enttäuscht sind, wenn ich Ihnen sage, dass Sie noch mindestens vier Behandlungen brauchen, weil …“. Damit versetzt man sich in die Situation des Patienten. Zielgerichtet zu reagieren heißt, mit dem Kopf des Patienten denken, sich schnell in seine Lage zu versetzen.

Die „Worst-Case-Methode“ hat sich bei hartnäckigen Patienten bewährt. Danach wird der  Patient darauf hingewiesen, was schlimmstenfalls passieren kann, wenn die Behandlung so durchgeführt wird, wie er sich das wünscht. In hartnäckigen Fällen muss der Arzt sogar „den Teufel an die Wand malen“, also mit den negativen Folgen übertreiben, damit der Patient ihn versteht. Worst Case heißt, mit der Angst des Patienten zu spielen und ist oft die letzte Möglichkeit.

So bewerten ungeduldige Patienten die Zahnarztpraxis

Very best Case   

  • Der Patient bekommt einen schnellen Behandlungstermin, sein Terminwunsch kann meist berücksichtigt werden.
  • Das Team nimmt Anteil an den Emotionen des ungeduldigen Patienten und gibt ihm ein gutes Gefühl.
  • Der Patient erhält nachvollziehbare Informationen, weshalb weitere Behandlungen nötig sind.
  • Ungeduld des Patienten wird nicht als Kritik, sondern als Frage, ob es andere Möglichkeiten gibt, verstanden.
  • Auf die  Meinung des Patienten wird nicht mit Widerspruch geantwortet, sondern mit der „Ja-aber-Methode“.
  • Auch der  ungeduldige Patient genießt die volle Aufmerksamkeit, das Praxisteam lässt sich nicht von der Ungeduld beeinflussen.

Second best Case

  • Häufig dauert es bis er einen freien Termin bekommt und muss dann eine ungünstige Uhrzeit annehmen.
  • Der Patient wird mit „Tut mir leid“ abgefertigt, die individuelle Anteilnahme fehlt.
  • Man empfiehlt dem Patienten, ohne sich um eine Erklärung zu bemühen, gleich weitere Termine zu vereinbaren.
  • Der Zahnarzt reagiert auf Ungeduld mit Appellen und belehrt den Patienten.
  • Eine Meinung, die nicht stimmt, wird gleich korrigiert und das Selbstwertgefühl des Patienten herabgesetzt.
  • Ungeduldige Patienten werden mit Argwohn gesehen, man entzieht ihnen die Sympathie.  

Rolf Leicher, Heidelberg