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Vollverblendung: Jeder kennt doch die Schwierigkeit!

Brücke auf Modell, Vollverblendung

„Jeder kennt doch die Schwierigkeit bei Vollverblendung! – Die private Zusatzversicherung offensichtlich nicht. Was also tun bei fehlender Anerkennung?

Aus dem Schreiben eines Zahnarztes: „Jeder kennt doch die Schwierigkeit bei Vollverblendung! – Aber die private Zusatzversicherung erkennt die Begründung einfach nicht an. Mache ich etwas falsch? Die Zusatzversicherung erkennt bei einer Brücke die Begründung ‚erhöhter Schwierigkeitsgrad und Zeitaufwand wegen Keramikvollverblendung‘ nicht an, weil sie nicht patientenbezogen sei.

Die angesprochene Zahnärztekammer scheint zu meiner großen Überraschung der Argumentation der Zusatzversicherung zu folgen. Es wurde mir erklärt, dass die von mir vertretene Auffassung, dass auch methodenspezifische Begründungen, hier mit präparatorischem Mehraufwand, Farbbestimmung, Rohbrandanprobe, Einschleifmehraufwand etc.) für eine Faktorsteigerung herangezogen werden können, schlichtweg falsch sei. Mein Hinweis, dass andere Kammern verfahrensbezogene Begründungen zulassen, sei nicht relevant, weil GOZ Ländersache sei.

Es gibt aber zum Beispiel den Beschluss des GOZ-Ausschusses der Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg vom 4. Juli 2012, der sagt: ‚Auch methodenspezifische (verfahrensbezogene) Begründungen wie die Verblendung einer Krone sind zulässig, z.B. Keramikverblendung (S, Z); […].‘

Zur Untermauerung wird auf das vom Bundesverwaltungsgericht bestätigte Urteil des Verwaltungsgerichtshofs (VGH) Baden-Württemberg (17. September 1992, Az.: 4 S 2084/91) verwiesen, welches bestätigte, dass im Rahmen der Gebührenbemessung nicht nur „patientenbezogene Umstände Berücksichtigung finden, sondern auch Besonderheiten des angewandten Verfahrens, […].‘ Was nun?

Aber dieses letzte Urteil stammt aus der Zeit vor der GOZ-Novellierung. Beide Kammern haben großenteils Recht, aber sie haben sich nicht ganz geschickt ausgedrückt.

In meinem Begründungstext heißt es: ‚Erhöhter Schwierigkeitsgrad und Zeitaufwand wegen Keramikvollverblendung‘. Aber die Verblendung selbst ist etwas, was Patient und Zahnarzt  letztendlich vorfinden und die fertige Verblendung als Resultat zahnärztlicher und zahntechnischer Tätigkeit macht selber – von sich aus – auch keine Schwierigkeiten.

Fast keine, außer sie ist doch zu hoch etc. (Korrekturen sind abgegolten). Anfrage: Was soll man jetzt tun?“

Eins steht fest: Die Begründung ist zulässig. Das heißt aber nicht, dass sie verstanden wird! Aber in der Anfrage ist der Zahnarzt eigentlich schon auf dem richtigen Weg mit den Einzeldarstellungen „präparatorischer Mehraufwand, […] etc.“

Erläuterung der Begründung: Man sollte daher kurz und knapp dem Patienten (Zahlungspflichtigen) eine „Erläuterung der Begründung“ sagen/schreiben, die er an die private Zusatzversicherung weiterreichen kann. Etwa so: „Die mit dem Gebührensatz 3,0 bemessenen Leistungen ‚Vollkrone mit Schulter-/Stufenpräparation (5010 GOZ) an den Zähnen […] und für die Brückenspanne (5070 GOZ) bei […] wurden vollauf verordnungskonform gemäß Paragraf 5 Absatz 2 GOZ von mir persönlich als ausführendem Behandler nach billigem Ermessen bestimmt.

Hiermit erläutere ich auf Verlangen des Zahlungspflichtigen (Patienten) förmlich gemäß Paragraf 10 Absatz 3  Satz 2 GOZ die schriftliche Begründung des Steigerungssatzes auf der Rechnung zu dieser Brückenversorgung: Die betreffenden Kronen und die Brückenspanne waren allseitig verblendet (vollverblendet), woraus im konkreten Fall neben weiteren damit verbundenen Gründen summiert ein um ca. 30 Prozent erhöhter Schwierigkeitsgrad und Zeitaufwand im Vergleich mit dem durchschnittlichen resultiert.

Im Detail:

a) Die allseitige Verblendung erforderte unter besonderer Berücksichtigung des ursprünglich irregulär verzahnten Gegenbisses einen deutlich überdurchschnittlichen Zeitaufwand – im Vergleich mit dem für eine zahngleiche Vollgusskrone – durch eine dafür nötige doppelte Präparationstiefe, was naturgemäß bei doppeltem Zahnsubstanzabtrag auch doppelten Zeitaufwand für die Teilleistung ‚Präparation‘ (50 Prozent von der Gesamtgebühr gemäß GOZ-Nummer 5050) mit sich brachte.

b) Die Farbbestimmung war schwierig und somit auch zeitaufwendig, weil es sich nicht um ein unverändertes jugendliches Gebiss handelt, sondern eines mit im Lauf der Jahre vielfältigen Veränderungen von Farbe, Struktur und Oberflächen (Textur), die sich innerhalb der Zahnreihe auch noch deutlich von Zahn zu Zahn unterschieden.

c) Unter derartigen Voraussetzungen ist eine zusätzlich Rohbrandeinprobe zwecks Passungskontrolle und intraoralem Farb-, Form- und Wirkungsabgleich, gegebenenfalls mit Korrekturfeststellungen erforderlich, die eine oft nicht notwendige zusätzliche Behandlungssitzung kostet – Zeitmehraufwand ca. 20 Prozent gegenüber Goldguss beziehungsweise einer Brücke ohne Anprobenotwendigkeit.

d) Einen zeitlichen Mehraufwand stellt das Einschleifen von Keramik- gegenüber dem Einschleifen von Goldkauflächen dar (mindestens 50 Prozent mehr), es wurde aber im konkreten Fall durch die Verzahnungsproblematik (Tendenz zum Kreuzbiss) noch weiter verkompliziert.“

Abschlussfeststellung (und Hinweis): „Hiermit wird festgestellt:  Die von Paragraf 10 Absatz 3 Satz 2 GOZ geforderte Erläuterung der Begründung bei entsprechend geäußertem Verlangen ist hiermit verordnungskonform erfolgt.  Somit ist gemäß Paragraf 10 (1) GOZ der den 2,3-fachen Gebührensatz übersteigende Betrag rechtswirksam fällig gestellt. Das gilt sinngemäß auch für die zu erfolgende Erstattung.“

Dazu noch ein paar einführende Zeilen im Anschreiben für den Patienten, etwa so: „Sehr geehrter Patient, diese Erläuterung der Begründung sollte im Originalwortlaut weitergegeben werden mit einer Notiz von Ihrer Seite, dass Sie nun volle Erstattung erwarten, andernfalls hiermit einen rechtsmittelfähigen Bescheid verlangen.“

Bema-Nr. Betrag GOZ-Nr. Faktor
20a 130,54 Euro 2200 1,8
20b 139,36 Euro 2210 1,5
91a 104,076 Euro 5000 1,8
91b 112,896 Euro 5010 1,4

Einordnen der Vergütungshöhe: Man sollte als Zahnarzt natürlich im Auge behalten, dass die GKV-Vergütung (in der Tabelle bereits mit ZE-Punktwert 2017 gerechnet) ziemlich niedrig ist, aber auch nur metallische oder im vorderen Bereich teilverblendete Vollkronen betrifft.

Rückfrage des Zahnarztes: „Ich bin davon überzeugt, dass sich kein Zahnarzt findet, auch nicht in der Zahnärztekammer, der ernsthaft einen Behandlungsmehraufwand bei einer Keramikvollverblendung im Vergleich zu einer Vollgussrestauration negiert. Der erhöhte Steigerungsfaktor wird ja nicht für die laborseitige Ausführung der Versorgung angesetzt, sondern für den zahnärztlichen Behandlungsmehraufwand, um die zahntechnische Realisierung überhaupt zu ermöglichen. Wie kann sich bei so offensichtlichem Sachverhalt ein solches Abrechnungsproblem ergeben?“

Antwort des Autors: Weil Begründungen sich an Laien richten, die zum Teil wenig von Zahnmedizin wissen. Einem Laien sind die Behandlungsschritte, die unter anderem zu einer Vollverblendung einer problemlos inkorporierten Krone geführt hatten, nicht bekannt und er kann sie auch als Patient nur zum Teil sehen und verstehen. Daher muss gemäß Paragraf 10 (3) Satz 1 GOZ die Begründung ja auch „verständlich und nachvollziehbar“ sein.

Noch mal das Zitat: „Der erhöhte Steigerungsfaktor wird ja nicht für die laborseitige Ausführung der Versorgung angesetzt.“ – Das wissen wir Fachleute, aber die Begründung sagt „wegen Verblendung“. Der Laie versteht dann auch „wegen Verblendung“, also wegen „der weißen Schicht“ auf der Krone.

In unseren Zahnärzteköpfen geht ab, was wir dafür tun müssen, damit der Techniker gute Verblendungen durchführen kann. Aber wir sagen es nicht, die Allgemeinheit weiß es nicht.

Warum trifft das oben genannte Urteil des VGH Baden-Württemberg nicht mehr vollumfänglich zu? – Die GOZ wurde novelliert zum 1. Januar 2012. Das bedeutet, es hat sich auch bei den Kronen etwas geändert mit der neuen Berechnungsbestimmung: „Zu den Kronen nach den Nummern 5000 bis 5040 gehören Kronen (Voll- und Teil- und Teleskopkronen sowie Wurzelstiftkappen) jeder zahntechnischen Ausführung.“

Die Verblendkrone ist eine zahntechnische Ausführung der Vollkrone, somit in der GOZ beschrieben. Es gibt kein Bemessen des Leistungsbestandteils „Vollverblendung“.