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Wauwau-Effekt: Schlussfolgerungen und Erfahrung sind nicht immer gute Ratgeber

WauWau_Effekt

Hat zwei Öhrchen, einen Schwanz und Pfoten: ist ein Hund. Damit generalisieren wir und verhalten uns so, wie wir es gewöhnt sind.

Schneller, unsicherer, komplexer. So entwickelt sich die Welt, in der wir leben, und gleichzeitig sollen wir in diesen turbulenten Zeiten kluge Entscheidungen treffen. Dass das nicht mehr mit einfachen Heuristiken gelingen kann, liegt nahe. Dennoch greifen wir gern darauf zurück, wenn wir nach einer Lösung suchen. Dann fallen uns verschiedene Beispiele aus der Vergangenheit ein und wir behandeln die neue Situation genauso. Denn schließlich haben wir aus den Erfahrungen gelernt.

Dieser Wauwau-Effekt kann uns aber fehlleiten. Hat zwei Öhrchen, einen Schwanz und Pfoten: ist ein Hund. Damit generalisieren wir und verhalten uns so, wie wir es gewöhnt sind. Es könnte aber auch eine Katze oder ein Eichhörnchen sein. Und da hat das leichte Wedeln mit dem Schwanz eine ganz andere Bedeutung.

Vom Einzelnen auf die Gesamtheit zu schließen, ist genauso unzuverlässig, wie von der Gesamtheit auf den Einzelfall. Genauso wenig wie alle Frauen zickig sind, ist jede Zahnbehandlung schmerzhaft. Auch wenn das vermutlich die meisten Menschen schon einmal so erlebt haben. Viele Themen rund um eine erfolgreiche Positionierung und gut funktionierende Prozesse in einer Zahnarztpraxis brauchen kluge Entscheidungen. Gar nicht so einfach, wenn man sich verdeutlicht, dass weder Schlussfolgern noch Erfahrung immer eine gute Leitlinie sind. Um in einem unklaren Umfeld zu guten Entscheidungen zu kommen, gibt es vor allem vier erfolgreiche Strategien.

Finden Sie mindestens drei Möglichkeiten

Wenn es um eine Lösung geht, dann sollte man sich die Zeit nehmen und so lange das Thema bewegen, bis man mindestens drei Lösungen gefunden hat. Nur eine Lösung zu haben, macht starr, und bei zwei Lösungen steckt man in einem Dilemma. Erst mit der dritten Lösung beginnt tatsächlich die Flexibilität.

Geht es zum Beispiel um eine optimale Urlaubsplanung, kann man sich folgende Lösungen vorstellen: Alle nehmen Urlaub, wenn die Praxis geschlossen ist. Möglich wäre auch, die längeren Urlaube gleichmäßig über das Jahr zu verteilen, oder die Mitarbeiter abstimmen zu lassen, wie sie sich abwechseln wollen, sodass die Praxis im ganzen Jahr besetzt ist. In der geschlossenen Zeit gibt es vermutlich sehr viele Dinge, die im Arbeitsalltag liegen bleiben, und nun angepackt werden können. Das fängt bei Handwerkerbetreuung für Renovierungen an und kann alle möglichen Papierstapel betreffen.

Aus Optionen wählen zu können oder aus verschiedenen Optionen, die für den Moment beste Lösung zusammenzubauen, macht flexibel und kreativ. Wenn wir das Gefühl haben, es gibt nur eine Lösung, dann sind wir möglicherweise zu fokussiert und übersehen manches.

70 Prozent plus

Jede Entscheidung muss sich gut für alle Betroffenen anfühlen, sonst wird sie nicht umgesetzt. Rechnen Sie beispielsweise aus, dass es am besten ist, wenn jeder Mitarbeiter nur maximal eine Woche Urlaub am Stück nimmt, dann ist das rechnerisch und logisch eine perfekte Lösung. Den meisten Mitarbeitern wird das aber nicht gefallen, und Ihre Praxis wird als Arbeitgeber direkt an Attraktivität verlieren, was Folgeprobleme aufwerfen kann. Jede getroffene Entscheidung muss auf einer Skala von Null bis Hundert zu 70 Prozent positiv bewertet werden, sonst funktioniert sie nicht oder nur kurz.

Entscheidungen, die weniger positiv wahrgenommen werden, können zu Last werden. Wir sollen sie umsetzen, finden aber keine Zeit dafür und finden immer andere Dinge, mit denen wir uns lieber beschäftigen. Deswegen ist es nicht besonders effizient, Entscheidungen zu treffen, hinter denen wir und das Team emotional nicht stehen. Der Alltag wird uns einholen, und wir fallen zurück in alte Verhaltensweisen.

Im Team entscheiden

Alle Entscheidungen, die das Team direkt betreffen, gehören ins Team. Allein trifft sich eine Entscheidung vielleicht schneller. Besser wird sie dadurch aber nicht. Außerdem sind die Erfahrungen Ihrer Mitarbeiter von sehr hohem Wert. Sie haben vermutlich schon mehr Praxen gesehen und erlebt als Sie. Deswegen führt kein Weg daran vorbei, Betroffene zu Beteiligten zu machen und im Team gemeinsam zu guten Lösungen zu finden. Das Schöne daran: Gemeinsam getroffene Entscheidungen werden sehr viel lieber umgesetzt als eine gute Idee des Chefs.

Wenn Teams nicht gewöhnt sind, Verantwortung zu übernehmen und mitzuentscheiden, dann braucht es eine Übergangsphase. Wir können nicht erwarten, dass das plötzlich gelingt. Wichtig ist dann, das Team an die Hand zu nehmen und nach und nach in die Entscheidungsfähigkeit zu führen. Am besten beginnt man mit kleinen Themen, die nicht so viel Relevanz haben, bis man dann später das Team auch für unternehmerische Entscheidungen befragen kann. Denn im Zweifel reden Ihre Mitarbeiter ein paar Worte mehr mit den Patienten als Sie und wissen daher vielleicht mehr, was Ihrer Zielgruppe wichtig ist.

Prüfen Sie Ihre Erwartungshaltung

Sie sind Zahnarzt und Unternehmer. Da liegt es nahe, dass Sie gern alles gut und richtig machen wollen. Ihre Erwartungen an sich selbst und an Ihr Team sind sehr hoch. Sie möchten die beste Praxis im Umkreis führen und stolz auf Ihre Leistungen sein. Verständlich. Manchmal gerät dabei aber das Machbare aus dem Fokus, und man fängt an, sich mit Dingen zu beschäftigen, die nicht gelingen können. Frustration und Enttäuschung sind das Ergebnis davon.

Beschäftigen Sie sich mit dem, was möglich ist. Überlegen Sie nicht, wie alles ganz optimal läuft und wie Sie jeden Fehler vermeiden können. Wer arbeitet, macht auch Fehler. Das passiert Ihnen genauso wie Ihrem Team. Ultimative Lösungen gibt es nicht. Denn mit jeder Lösung erschaffen wir neue Fragen. Verabschieden Sie sich von der optimalen Welt, die es ohnehin nur in unserer Fantasie gibt, und fokussieren Sie sich auf das, was geht, und dabei noch Spaß macht. Dann bleiben Ihre Entscheidungen klug, und die Zusammenarbeit in Ihrer Praxis macht Freude. Das spüren auch die Patienten. Und obwohl es vielleicht schicker eingerichtete oder besser ausgestattete Ärzte in der Umgebung gibt, bevorzugen die Patienten Ihre Praxis. Denn bei Ihnen fühlen sie sich gut aufgehoben.

Und wenn Sie demnächst mal wieder das Gefühl haben, einem Hund zu begegnen, prüfen Sie genau, ob es tatsächlich einer ist, bevor Sie ihn streicheln.