Die digitale Volumentomografie (DVT) wird gern als kommender Standard in der dentalen Röntgendiagnostik positioniert. Viele Praxisinhaber fragen sich, ob sie bei Neuanschaffungen von einem Panoramaschicht- auf ein 3-D- oder ein 2-D/3-D-Kombinationsgerät umsteigen sollen.
Die DGZMK-Leitlinie zur DVT-Diagnostik sagt, wo deren Nutzen liegt: „3-D-Röntgenbildgebung bietet gegenüber der zweidimensionalen den Vorteil, die natürliche Dreidimensionalität anatomischer Strukturen verlustfrei wiederzugeben“. Mit DVT-Geräten sind zudem Panorama-Übersichten darstellbar. Und durch freie Auswahl der Ebene und Aufdeckung räumlicher Beziehungen werden zahlreiche klinische Details überhaupt erst entdeckt.
DVT-Indikationen
Doch welche Indikationen gibt es? In der Implantologie wurde früher vor allem die Planung komplexer Fälle genannt. Für eine ausreichende Präzision müssen aber Röntgen- und Bohrschablonen sicher positioniert werden. Dies ist vor allem bei stark reduzierter Restbezahnung schwierig. Einige Experten sehen 3-D-Diagnostik nur für postoperative Komplikationen, zum Beispiel Nervverletzungen oder Sinusitiden, indiziert. Andererseits scheint das Risiko für bukkale Knochenperforationen ohne 3-D-Diagnostik signifikant erhöht zu sein.
In der Oralchirurgie können DVT-Aufnahmen die Sicherheit in der Tumor- und Frakturdiagnostik und vor der Entfernung dritter Molaren erhöhen (Quelle 1, 2). In der Kieferorthopädie gilt dies vor allem für die Lagebestimmung verlagerter Zähne. Hier kann mit neu entwickelten Filtern eine Strahlendosis erreicht werden, die trotz der entsprechend geringen Auflösung für diese Indikation spricht.
In der Endodontie ist dagegen für klinisch relevante Aussagen eine höhere Auflösung notwendig. Das gilt zum Beispiel für die Diagnose periapikaler Läsionen, die mit DVT-Technik signifikant sicherer gelingt. Dagegen sind Wurzelfrakturen, frakturierte Instrumente oder Wurzelfüllungen wegen der um den Faktor 8 bis10 höheren Auflösung besser mit Zahnfilmen erkennbar. Auch Panoramaschichtaufnahmen (PSA) haben mit aktueller Technik eine signifikant höhere Auflösung als DVT.
In der Parodontologie ist die Studienlage, zum Beispiel in Bezug auf Knochendefekte, widersprüchlich (Quelle 1, 2). Im GKV-Bereich ist nach wie vor ein vollständiger Röntgenstatus in Paralleltechnik vorgeschrieben.
Technische Komplexizität und Befundungsnotwendigkeit
Für welches Röntgengroßgerät sich Praxisinhaber entscheiden, hängt auch von der Bedienbarkeit und der Datenqualität ab. Es muss sichergestellt sein, dass Zahnärzte, aber auch das Fachpersonal, die Technik im Griff haben. Das gilt für indikationsbezogene Geräte-Einstellungen und die Minimierung von bewegungs- und metallbedingten Artefakten.
DVT-Fachkundekurse haben eher Crashkurs-Charakter, und nicht umsonst gibt es zum Beispiel in Schweden Fachzahnärzte für dentale Radiologie. Eine vollständige Befundung ist nach Paragraf 28 RöV vorgeschrieben, dauert bis zu 30 Minuten und umfasst auch die entsprechende interkollegiale Kommunikation. In der Realität ist dies nach Auskünften aus der Praxis nicht immer gewährleistet.
Dosis bleibt ein Faktor
Auf der IDS 2017 präsentierte eine Reihe von Anbietern die neuesten DVT- und DVT/PSA-Kombinationsgeräte. Alle betonten die reduzierten Strahlendosen ihrer Produkte. Diese werden durch weiterentwickelte Aufnahme-Technologie, Optionen für reduzierte Leistung und damit Auflösung („Low Dose“, „Ultra Low Dose“) und verkleinerte Untersuchungsfelder (Field of View) erreicht.
Zugleich sind durchschnittliche oder typische Effektivdosen auf den Webseiten der Anbieter kaum zu finden. Auf Nachfrage war für eine Übersichtsaufnahme in geringer Auflösung – mit einem aktuellen Gerät – ein Durchschnittswert von 10 bis15 Mikrosievert (µSv) in Erfahrung zu bringen. Dies entspricht etwa der Effektivdosis von PSA-Aufnahmen. Für eine 5 x 5 Zentimeter-Aufnahme in hoher Auflösung (Endodontie) sind es beim selben Gerät zirka 60 µSv. Übersichtsaufnahmen mit geringer Auflösung und Dosis scheinen aber in vielen Fällen auszureichen.
Fazit
Entdecke die Möglichkeiten! Ohne Zweifel ist die 3-D-Radiologie in einer Reihe von Situationen indiziert oder hat einen diagnostischen Zusatznutzen. In anderen Fällen können aber – auch neue – DVT-Geräte die deutlich höher aufgelöste 2-D-Technik (noch) nicht bei vergleichbarer Strahlendosis ersetzen. Entsprechend sind leistungsfähige Panoramaschicht-Geräte – vor allem für Praxen ohne chirurgische oder andere relevante Schwerpunkte – nach wie vor erste Wahl.
Je nach Praxisprofil kann auch ein Kombinationsgerät sinnvoll sein. Zu bedenken sind aber auch der hohe Befundungsaufwand für 3-D-Aufnahmen, die anspruchsvolle Technik und nicht zuletzt ein gewisser Amortisierungsdruck aufgrund fehlender Abrechenbarkeit im BEMA.
Dr. Jan H. Koch, Freising