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Atemwegserkrankungen erhöhen Kariesrate bei bleibenden Zähnen

Kariesbefall an Frontzähnen

Finnische Studie: Bronchitis und Lungenentzündungen im Kleinkindalter erhöhen das Kariesrisiko auch für bleibende Zähne.

Größter Effekt bei früher Hospitalisierung

Eine Studie aus Finnland bestätigt erstmals das erhöhte Risiko für bleibende Zähne als Folge schwerer oder häufiger Atemwegserkrankungen. Insgesamt 1.623 Bewohner einer finnischen Großstadt wurden über einen Zeitraum von 20 Jahren untersucht (prospektive Kohorte der Espoo-Studie) [1]. Basis waren Krankenhausdaten und Fragebögen zur Karieserfahrung. Die inzwischen erwachsenen Probanden hatten 50 Prozent mehr gefüllte bleibende Zähne, wenn sie bis zum zweiten Lebensjahr wegen schwerer Erkrankung der unteren Luftwege (zum Beispiel akute Bronchitis, Lungenentzündung) stationär behandelt worden waren. Nach akuter Bronchitis war die durchschnittliche Füllungszahl mit mehr als 7 besonders hoch.

1,3-fach erhöhtes Kariesaufkommen

Aber auch bis zum Alter von sieben Jahren wegen schwerer Atemwegserkrankungen stationär behandelte Kinder hatten mehr Karies (Faktor 1,3) als gleichaltrige Probanden ohne Atemwegserkrankungen. Statistische Störfaktoren wie sozioökonomische Situation, Exposition gegenüber Tabakrauch und Geburtsgewicht wurden in der Studie berücksichtigt.

Zusammenhang mit MIH?

In der Diskussion bringen die Autoren den möglichen Zusammenhang zwischen Atemwegserkrankungen und Schmelzdefekten ins Spiel [1]. Letztere könnten zum Beispiel durch Antibiotika-Anwendung während der Schmelzbildung verursacht werden. Das festgestellte erhöhte Kariesrisiko könne aber auch auf Symptome der Atemwegserkrankungen wie Mundtrockenheit zurückgeführt werden, die ihrerseits die Schutzwirkung des Speichels beeinträchtigen.

MIH möglicherweise durch Antibiotikagabe und Atemwegserkrankungen beeinflusst

In Bezug auf Schmelzdefekte scheint interessant, dass auch die Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation (MIH) mit Antibiotikagabe [2] und schweren Atemwegs- oder anderen Erkrankungen im frühen Kindesalter in Verbindung gebracht wird [3]. Da ausgewertete Studien häufig nicht vergleichbar oder von begrenzter Aussagekraft sind, gelten mögliche Zusammenhänge aber als nicht gesichert [1].

Auch genetische Ursachen kommen in Betracht

Diskutiert werden in Bezug auf MIH auch genetische Ursachen [4], die eine Verbindung zur Amelogenesis imperfecta nahelegen [5]. Da neben ersten bleibenden Molaren und Inzisiven häufig auch andere Zähne einschließlich Milchzähnen von MIH betroffen sind, kann die Abgrenzung zur erblichen Amelogenesis imperfecta schwierig sein [6]. Therapeutische Optionen für Zähne, die von MIH betroffen sind, werden in einem separaten ZahnMedizin kompakt-Beitrag diskutiert.

Literatur

[1] Rantala AK, Mehtonen IT, Jaakkola MS, Nayha S, Hugg TT, Jaakkola JJ. Early Respiratory Infections and Dental Caries in the First 27 Years of Life: A Population-Based Cohort Study. PloS one 2016;11:e0168141.
[2] Arrow P. Risk factors in the occurrence of enamel defects of the first permanent molars among schoolchildren in Western Australia. Community dentistry and oral epidemiology 2009;37:405-415.
[3] Silva MJ, Scurrah KJ, Craig JM, Manton DJ, Kilpatrick N. Etiology of molar incisor hypomineralization – A systematic review. Community dentistry and oral epidemiology 2016;44:342-353.
[4] Vieira AR, Kup E. On the Etiology of Molar-Incisor Hypomineralization. Caries research 2016;50:166-169.
[5] Jeremias F, Pierri RA, Souza JF, Fragelli CM, Restrepo M, Finoti LS, et al. Family-Based Genetic Association for Molar-Incisor Hypomineralization. Caries research 2016;50:310-318.
[6] Steffen R, Villano A, van Waes H. Der Schmelz muss reifen. Risikobeurteilung, Präventions- und Behandlungsmöglichkeiten bei MIH. BZB 2016:66-71.


Hinweis
Beiträge in der Rubrik ZahnMedizin kompakt können in keinem Fall die klinische Einschätzung des Lesers ersetzen. Sie sind keine Behandlungsempfehlung, sondern sollen – auf der Basis aktueller Literatur – die eigenverantwortliche Entscheidungsfindung unterstützen.