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Entfernung eines orthodontischen Voll- oder Teilbogens
Um die Analogberechnung für die Entfernung eines orthodontischen Voll- oder Teilbogens gibt es häufig Streit

Um die Analogberechnung für die Entfernung eines orthodontischen Voll- oder Teilbogens gibt es häufig Streit. Fraglich ist, ob der Ärger mit der Thematik noch in einer sinnvollen Relation zu deren wirtschaftlicher Bedeutung steht.

Aber dann kommt wieder so ein irrlichternder Bescheid: „Entfernung/Ausgliederung ist abgegolten mit Eingliederung“. Und dann folgt die Überreaktion: Am besten wäre Warten, bis der Bogen von alleine herausfällt! Und damit wäre das Maß des Tolerablen überschritten!

Vorweg sei in Erinnerung gerufen, dass die verordnungskonforme Analogberechnung gemäß Paragraf 6 Abs. 1 GOZ voraussetzt, dass die derart zu berechnende Leistung in der GOZ weder als Bestandteil noch als selbstständige Leistung aufgeführt ist.

Dann müsste zu Vergleichszwecken für die tatsächlich erfolgte Leistung „nondestruktives Entligieren und Entfernen eines Voll-/Teilbogens“ eine nach Art, Kosten- und Zeitaufwand gleichwertige Leistung aus dem Gebührenverzeichnis angegeben werden. Die Nr. 6150 GOZ (Eingliederung) kommt dafür kaum in Frage, denn sie ist gemäß Kosten- und Zeitaufwand in aller Regel zu hoch bewertet: „Ausgliederung wie Eingliederung“ ist nicht stimmig.

Welche Relation aber erscheint vergleichsweise besser zutreffend? Man könnte ja vielleicht einmal – völlig unverbindlich – einen Blick auf die Relationen im Bema werfen.

Bema-Bewertungen und Relationen

Beim ersten nachdenklichen Blick auf die Zahlen wird sofort deutlich: Die Höhe der Beträge für die Entfernungsleistungen im Bema erlauben betriebswirtschaftlich im äußersten Fall vier bis fünf delegierte Minuten einer Fachkraft zuzüglich maximal 30 Sekunden des Fachzahnarztes. Das ist schwer organisierbar beziehungsweise wirtschaftlich nicht darstellbar.

Aber mit diesen Erkenntnissen kommt man weiter und näher an die Realität: Der Bema bewertet die Eingliederungsleistung von Bögen/Teilbögen im Vergleich mit der Ausgliederungsleistung ca. vierfach höher. Diese Relation der „Eingliederung zu Ausgliederung“ ist vom Zeitaufwand her nicht unrealistisch. Natürlich kann der Bema trotz seines Namens „Bewertungsmaßstab“ im privatrechtlichen Behandlungsvertrag allenfalls einen bestätigenden Fingerzeig darstellen. Die Bema-Bewertungen (Punktzahlen) sind im Grunde meist sehr alt. Auch der Bema reagiert nur sehr verspätet auf Veränderungen der zahnmedizinischen Leistungsinhalte. Dennoch ist eine lange bestehende Relation nicht unbeachtlich ohne neue Argumente.

 

Privater Behandlungsvertrag

Dazu eignet sich ein Blick auf Bescheide der Postbeamtenkrankenkasse seit dem Jahr 2015: „Die Position GOÄ 2702 ist für das Herausnehmen von Bögen nicht vorgesehen. Wir haben für diese Leistung die GOZ Position 2290 berücksichtigt.“ Hierzu ist festzustellen: Vertretbar sind beide Auslegungen, die für den Ansatz der Ä2702, unter Anderem gemäß Urteil des VG Stuttgart (24. April 2014, Az.: 12 K 3839/12), die für den zutreffenden Ansatz der Nr. 2290 zum Beispiel gemäß Urteil AG Pankow/Weißensee (10. Januar 2013, Az.: 6 C 46/13).

Einig sind sich Postbeamtenkrankenkasse und die genannten Gerichte, dass es sich beim „Ausligieren und Entfernen eines orthodontischen Teil- oder Vollbogens“ um eine selbstständige, im Indikationsfall notwendige berufliche Leistung eines Zahnarztes handelt, die durch eine Gebühr vergütetet wird. Dazu sagen die offiziellen Novellierungsbegründungen von BuReg/BMG zur GOZ ‘12: „Die Entfernung anderer Teile kann auch nach der Nummer 2290 berechnet werden, wenn diese einen vergleichbaren Aufwand auslöst.“

Abwägen der Urteilslage

Das bisher höchstinstanzliche Urteil ist das des LG Bayreuth (28. Januar 2015, Az.: 13 S 113/14). Es besagt: Das Ausgliedern des Bogens ist notwendiger Bestandteil einer Wiedereingliederung und nicht nach Nr. 6150a ansetzbar. Dagegen ist anzuführen, dass die Nrn. 6030 bis 6080 GOZ gemäß Gebührenordnung prinzipiell weder die Ein- noch die Ausgliederung festsitzender Apparaturen/Hilfsmittel abgelten (im Gegensatz zu herausnehmbaren KfO-Geräten): Festsitzende KfO-Apparaturen können nach Anfall immer zusätzlich berechnet werden.

Aber welche Analogziffer ist besser zutreffend? Zur Antwort der Wortlaut der Nr. 2290 GOZ: „Entfernung einer Einlagefüllung, einer Krone, eines Brückenankers, Abtrennen eines Brückengliedes oder Steges oder Ähnliches.“ (Eine Ähnlichkeit zwischen ZE-Rundprofilsteg und KFO-Bogen/-Teilbogen könnte konstruiert werden, wenn ein KfO-Bogen zum Beispiel herausgetrennt/-geschnitten werden muss).

Dazu das AG Pankow/Weißensee (10. Januar 2013, Az.: 6 C 46/13): „Das Entfernen eines KfO-Teilbogens kann zutreffend nach Nr. 2290 GOZ berechnet werden.“ Das Bemerkenswerte an diesem Urteil ist, dass hier das Zutreffen der Berechnung der Nr. 2290 festgestellt wurde, insbesondere die Formulierung „... oder Ähnliches“ weitreichend offen interpretiert wurde.

Die kursierende Empfehlung, die Nr. 2290 GOZ als Entsprechungsleistung im Sinne des Paragrafen 6 (1) GOZ (Analogiebildung) für das Ausligieren von Bögen heranzuziehen, ist somit überflüssig: Eine zutreffende Berechnung einer GOZ-Gebühr hat gebührentechnisch uneingeschränkten Vorrang vor einer Analogberechnung. Es gibt hier keine Wahl, und somit ist die hoch bewertete Ä2702 „Entfernung Schienen/Stützapparatur“ in der Regel keine heranziehbare Alternative.

Übrigens: Ein Viertel der Vergütung von Nr. 6150 GOZ (Vollbogen) entspricht ca. dem Faktor 1,7 von Nr. 2290 GOZ, die vielleicht zum Durchschnittssatz im Durchschnittsfall auskömmlich erscheinen könnte.