Der Kommentar von Chefredakteur Marc Oliver Pick
Die jüngste Vertreterversammlung der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung in der ersten Novemberwoche in Bonn hat zwei Dinge überdeutlich gezeigt: erstens, wie viele politische Baustellen aktuell aus all den Gesetzesvorhaben des BMG resultieren und wie intensiv diese den Arbeitsalltag der zahnärztlichen Selbstverwaltung dominieren.
Alleingänge des Gesundheitsministers
Zweitens wurde klar, wie stark sich das Verhalten der politischen Akteure und damit die politische Arbeit an sich verändert hat. In vielen Redebeiträgen der VV wurden Alleingänge des Bundesgesundheitsministers, nicht umgesetzte Ankündigungen, fehlende Dialogbereitschaft und mangelnde Einbeziehung sowie bewusst viel zu kurz bemessene Fristen für geforderte Stellungnahmen beklagt.
In Summe muss die Diagnose wohl lauten: völlige Abkehr von in der Politik üblichen und bisher selbstverständlichen Gepflogenheiten. Abzulesen nicht zuletzt daran, dass sich längst nicht mehr nur einzelne Vertreter und Gruppierungen des Gesundheitswesens übergangen fühlen, sondern unisono (fast) alle Beteiligten Kritik am Verhalten der Protagonisten der Gesundheitspolitik, allen voran Gesundheitsminister Lauterbach, üben.
Welche Optionen bieten sich nun der zahnärztlichen Selbstverwaltung angesichts des neuen politischen Klimas, ihre unter zunehmend erschwerten Bedingungen stattfindende politische Arbeit und die Ergebnisse ihre beharrlichen Einsatzes sichtbar zu machen? Sichtbar nicht nur nach innen in Richtung Zahnärzte, sondern auch sichtbar nach außen in Richtung Patienten. Wie vermittelt man nachvollziehbar, warum manche Behandlungsoptionen nicht mehr „auf Kasse“ machbar sind oder dass die bislang gewohnt zügige Terminvergabe unter Umständen schwieriger werden könnte? Wie stellt man dar, welchen Anteil politisch gewollte Entscheidungen des Gesetzgebers an diesen Entwicklungen haben?
Patienten über Auswirkungen aufklären
Am besten, indem man die Patienten darüber aufklärt, welche Pläne in Berlin mit immer neuen Gesetzesinitiativen verfolgt werden und welche möglichen Auswirkungen diese Gesetze auf die Versorgungslandschaft haben werden. Idealerweise geschieht dies mit einer durchdachten und nachhaltigen Kampagnenstrategie wie der, die in diesem Jahr unter dem Motto „Zähne zeigen“ zu einigem medialen Aufsehen und viel „Compliance“ auch auf Seiten der Betroffenen geführt haben.
Deshalb ist es die richtige Entscheidung, die Kampagne „Zähne zeigen“ auch 2025 fortzuführen, mit frischen Botschaften und gegebenenfalls nachjustiert, was mediale Kanäle und Orte der Ausspielung betrifft. Denn Informationen darüber, was wo ankommt, hat man im Laufe des Jahres mit der ersten Phase der Kampagne zur Genüge sammeln können.
Wird noch tiefer in die Mottenkiste der Kostendämpfung gegriffen?
Mindestens genauso wichtig, wenn nicht gar wichtiger ist die Entscheidung, die Kampagne über die vermutlich am 23. Februar 2025 anstehenden Neuwahlen hinaus fortzusetzen. Denn wie auch immer die Bundestagswahlen ausgehen werden, wie auch immer die nächste Regierung zusammengesetzt sein wird: Die Instrumente der Kostendämpfung werden mehr oder weniger dieselben sein, die auch die gescheiterte Ampelkoalition zum Ansatz bringen wollte oder gebracht hat. Es ist nicht auszuschließen, dass sogar noch tiefer in die Mottenkiste der Kostendämpfung gegriffen wird und längst überwunden geglaubte Sparmaßnahmen reaktiviert oder noch nicht gesehene Neukombinationen aus Alt- und Neumaßnahmen verordnet werden.
Vorbereitet sein heißt: Den Schwung aus diesem Jahr mitzunehmen und die Kommunikation mit der Öffentlichkeit aufrechtzuerhalten. Dafür ist die gut etablierte Kampagne die beste Basis, und nachjustieren kann man je nach Entwicklung immer noch. Dafür eignet sich der Slogan „Zähne zeigen“ perfekt, weil er maximal flexibel und erweiterbar ist.