Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf bleibt ein Dauerthema für Frauen und wird auch für Männer immer wichtiger. Wie es denn genauer um die Familienfreundlichkeit in den Heilberufen bestellt ist, hat die Deutsche Apotheker- und Ärztebank (ApoBank) bereits im Frühjahr in einer ersten umfassenden Bestandsaufnahme unter dem Titel „Kind und Kittel“ skizziert. Jetzt wurden die wichtigsten Erkenntnisse aus der Studie um Erfahrungsberichte und Expertenmeinungen ergänzt und im Magazin ApoView veröffentlicht.
Kinderbetreuung: individuell und phasenabhängig
Eine Medizinstudentin, eine Chefärztin, ein Apothekeninhaber und eine selbstständige Zahnärztin berichten aus ihrem Alltag und wie sie persönlich den Spagat zwischen Kindererziehung und Beruf meistern. Annabelle Dalhoff-Jene, die gemeinsam mit ihrem Vater eine Zahnarztpraxis in Düsseldorf führt, bringt es auf den Punkt: „Das Problem liegt eher darin, dass dieses Thema sehr individuell ist. Jede Familie hat unterschiedliche Herausforderungen zu meistern, und zusätzlich ändern sich diese auch noch im Laufe der Zeit.“ Ein Säugling brauche eine andere Betreuung als ein Grundschüler, so die Mutter eines zweijährigen Sohns.
Familienfreundliche Personalstrategie
Entsprechend unterschiedlich fallen die einzelnen Lösungen aus: Matthias Siemer, Inhaber der Artland-Apotheke in Bersenbrück, Niedersachsen, hält sich einen Tag in der Woche für seine zwei kleinen Töchter frei. In seiner Funktion als Chef ist ihm aber auch das Familienleben seiner Mitarbeiter sehr wichtig: „Ich habe bewusst eine Personaldecke geschaffen, die mir eine gewisse Flexibilität in Sachen Arbeitszeiten und Einsatzplanung verschafft oder auch die tagtäglichen Notfälle des Familienlebens ein Stück weit auffangen kann.“ Seine Personalstrategie hat ihm inzwischen auch die Auszeichnung als „Familienfreundlicher Arbeitgeber“ eingebracht.
Best Practice im Krankenhaus
35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich, Führungspositionen in Teilzeit, Familienbüro mit Informationen zur Pflege von Angehörigen oder zur Vereinbarkeit von Beruf und Kindern – das ist keine Zukunftsvision, sondern bereits gelebte Wirklichkeit in den Frankfurter Rotkreuz-Kliniken. „Die Zufriedenheit steht bei uns an erster Stelle, noch vor der Steigerung der Umsatzrendite, wie sie primär in privaten Häusern verfolgt wird“, sagt Geschäftsführer Gunnar Sevecke. Es sei eine Frage der Unternehmenskultur, und es brauche Mut zur Veränderung.
Wege aufzeigen
„Das hier generierte Wissen soll vor allem Mut machen. Zu sehen, dass man auf dem Drahtseil zwischen Kind und Kittel nicht alleine läuft und einen Einblick in den Alltag von Kolleginnen und Kollegen zu erhalten, die die Balance für ihren persönlichen Lebensentwurf schon gemeistert haben, beruhigt und inspiriert“, erklärt Daniel Zehnich, Leiter Gesundheitsmärkte und Gesundheitspolitik bei der ApoBank. „Wir als ApoBank haben einmal mehr gelernt, dass wir die Berufsausübung der Heilberufler neu denken müssen. Die Ergebnisse von ‚Kind und Kittel‘ liefern uns hierfür eine gute Basis, um proaktiv neue Modelle für die Zukunft zu gestalten. Denn auch an diesen Stellen können und wollen wir als Standesbank unterstützen.“
Die Ergebnisse der Online-Befragung und den Experteninterviews gibt es hier zum Download.