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KZBV bezweifelt ­Praxistauglichkeit

Gesundheitsminister Karl Lauterbach präsentierte am 9. März in Berlin seine Pläne für die Zukunft von IT-Anwendungen im System vor der Bundespressekonferenz. Wie soll es nun konkret weitergehen mit der Digitalisierung im Gesundheitswesen?

Schlüsselrolle für die elektronische Patientenakte

Zwei für die nächsten Wochen geplante Gesetze – das Digitalgesetz sowie das Gesundheitsdatennutzungsgesetz – sollen, so der Minister, die weitere Digitalisierung „als Schlüssel für die Zukunftsfähigkeit“ des Gesundheitswesens vorantreiben.

Dabei komme der elektronischen Patientenakte (ePA) die Rolle der Schlüsselanwendung zu, um Daten für Wissenschaft, Forschung und Industrie generieren zu können. Auch die Telemedizin soll von der ePA profitieren, die nach den Vorstellungen des Ministers zudem auf Apotheken und Gesundheitskioske ausgeweitet werden soll. Datenschutzrelevante Fragen sieht Lauterbach als lösbar. Und auch die Rolle der Gematik soll sich ändern. Als zukünftige digitale Gesundheitsagentur soll sie sich in Bälde zu 100 Prozent im Besitz des Bundes befinden.

Eßer sieht deutliche Kritikpunkte

Der Vorsitzende des Vorstands der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung, Dr. Wolfgang Eßer, zu den Plänen des Gesundheitsministers: „Eine die reale Versorgung der Patienten konkret verbessernde Digitalisierungsstrategie ist sehr zu begrüßen. Insofern sind wir von den nebulösen Ankündigungen des Ministers enttäuscht. Das gilt insbesondere für die vom Minister als Schlüsselanwendung bezeichnete elektronische Patientenakte, für deren Entwicklung die Gematik verantwortlich zeichnet. Leider sind, wie auch der Minister in seiner Pressekonferenz feststellte, bereits 20 Jahre ins Land gegangen, ohne dass eine für die Patientinnen und Patienten wie auch Leistungserbringer nutzbare ePA zur Verfügung steht. Ganz zu schweigen davon, mit Hilfe der ePA medizinische Daten für Forschung und Wirtschaft zur Verfügung stellen zu können.

Lediglich auf die Leistungserbringer als Dateneinspeiser zu verweisen, ist fern jeder sinnhaften Lösung des Problems. Wenn Minister Lauterbach das hohe Versorgungsniveau für die Patienten in Deutschland mit den von ihm vorgestellten Zielen und in dem von ihm gewünschten Tempo verbessern will, muss er dafür Sorge tragen, dass die Gematik schnellstmöglich für die ePA ein allseits konsentiertes Datenkonzept finalisiert. Denn dieses ist die Voraussetzung für die Entwicklung der für die Interoperabilität von IT-Systemen zwingend notwendigen Softwareprogramme, ohne die weder eine weitestgehend automatisierte Datenbefüllung noch Datenextraktion der ePA möglich ist.

Die ministerielle Absenkung des Datenschutzes unserer Patienten, um eine vereinfachte breite Nutzung der Daten zu ermöglichen, lehnt die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung nachdrücklich ab. Dieses Vorgehen ist das Gegenteil von der seitens des Ministers erneut bekräftigten Maxime, dass der Patient Herr seiner Daten sei.

Selbstverständlich steht es dem Bund als Mehrheitsgesellschafter der Gematik frei, über die Zusammensetzung der Gesellschafter zu entscheiden. Mit Blick auf die Finanzierung der zukünftigen Digitalagentur durch den Bund statt der Versichertengelder begrüßt die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung diesen Schritt, zumal dieser auch die Verantwortung für die zentral gewünschten Digitalisierungsmaßnahmen im Gesundheitswesen eindeutig adressiert. Inwieweit der Verzicht auf die Expertise der Leistungserbringer die Akzeptanz und Umsetzung zukünftiger Maßnahmen erhöht, sollte seitens des Ministers einer nochmaligen kritischen Betrachtung unterzogen werden.“ 

Portrait von Dr. Wolfgang Eßer, Vorsitzender des Vorstands der KZBV

Dr. Wolfgang Eßer, Vorsitzender des Vorstands der KZBV