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Europerio 11: Mehr als eine Standortbestimmung

Der Kommentar von Chefredakteur Marc Oliver Pick

Nach 2012 war vergangene Woche erneut Wien Veranstaltungsort der Europerio, der alle drei Jahre stattfindenden internationalen wissenschaftlichen Tagung der European Federation of Periodontology (EFP). Die elfte Auflage des Kongresses bot erneut ein Update zum Stand neuer Erkenntnisse und einen Ausblick auf die Weiterentwicklung der Parodontologie. In einer Fülle von Sessions, Lectures und Workshops wurde das aktuelle Wissen zusammengetragen und präsentiert, das in der praktischen Umsetzung helfen kann, die Entstehung parodontaler Erkrankungen (und ihrer Vorstufen) besser erkennen und nachhaltiger therapieren zu können.

Einflüsse von Ernährung und Lebenswandel auf die parodontale Gesundheit

Immer deutlicher werden die Einflüsse von Ernährung und Lebenswandel auf die parodontale Gesundheit. So untersuchte eine auf der Europerio 11 vorgestellte finnische Studie den Zusammenhang zwischen Zahnfleischgesundheit, Ernährungsmustern und systemischen Entzündungen. Den Ergebnissen zufolge wiesen Patienten mit fortgeschrittener Parodontitis und einer proinflammatorischen Ernährungsweise signifikant höhere Spiegel an C-reaktivem Protein auf, einem Schlüsselmarker für systemische Entzündungen. 

Eine niederländische Studie konnte zeigen, dass positive Ernährungsgewohnheiten wie eine gemüsereiche Ernährung den Erfolg der nicht-chirurgischen Parodontaltherapie (NSPT) bei Patienten mit schweren Zahnfleischerkrankungen erheblich positiv beeinflussen können. Die Form der Ernährung spielt also nicht nur eine entscheidende Rolle bei der Entstehung parodontaler Erkrankungen, sondern beeinflusst auch stark die Genesung nach erfolgter Behandlung. Neben gemüsereicher Kost hat vor allem der Verzicht auf Zucker eine messbar positive Wirkung auf das Entzündungsgeschehen, wie eine Studie aus Deutschland zeigen konnte. 

Diese Belege für das komplexe Zusammenspiel zwischen Mundgesundheit, Ernährung und systemischen Erkrankungen legen es nahe, Ernährungsberatung zu einem festen Bestandteil von Behandlungsstrecken zu machen, unabhängig vom Schweregrad der Erkrankung, interpretierte Professor Lior Shapira, wissenschaftlicher Vorsitzender der Europerio 11, die Studienergebnisse.

Mit Infrarot-Thermografie Gingivitis und Parodontitis mit hoher Genauigkeit erkennen

In Sachen Diagnostik war die Vorstellung ­eines thermografischen Verfahrens als Ergänzung traditioneller Verfahren wie klinischer und radiologischer Untersuchungen bemerkenswert. Mittels Infrarot-Thermografie können Gingivitis und Parodontitis mit hoher Genauigkeit erkannt werden.

Durch die Messung entzündungsbedingter feiner Temperatur­unterschiede konnten Wissenschaftler erfolgreich zwischen gesundem Zahnfleisch, Gingivitis und Parodontitis unterscheiden. Die Sensitivität des nicht-invasiven Diagnostikverfahrens beträgt 90,7 Prozent bei der Erkennung von Parodontitis und 93 Prozent bei der Erkennung von Gingivitis. Hier ist die Dentalindustrie gefragt, entsprechende praxistaugliche Geräte zu entwickeln.

Mundgesundheit integraler Bestandteil allgemeiner Gesundheit

Die Botschaft der Europerio 11 war neben neben zahlreichen medizinisch-zahnmedizischen auch eine politische. Ein Symposium der EFP mit der „Platform for Better Oral Health“ in Europe und der Weltgesundheitsorganisation befasste sich mit der Gestaltung ­einer Zukunft, in der Mundgesundheit als integraler Bestandteil allgemeiner Gesundheit anerkannt wird, sagte Prof. Anton Sculean, EFP-Generalsekretär und Vorsitzender der Europerio 11. Eine WHO-Resolution hatte 2021 die Mundgesundheit formell in die breitere Gruppe nichtübertragbarer Krankheiten (NCDs) wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Krebs und Atemwegserkrankungen integriert. Mundgesundheit wird als wesentlicher Bestandteil allgemeiner Gesundheit und Wohlbefindens definiert. 

Jetzt geht es darum, dass „Zahnärzte, Organisationen und Plattformen wie die EFP zusammenarbeiten müssen, um dem Aufruf der WHO Nachdruck zu verleihen und sicherzustellen, dass die Mundgesundheit auf der globalen Gesundheitsagenda bleibt“, erklärt Prof. Iain Chapple, Leiter des Symposiums. 

Auch in Deutschland sollte die Gesundheitspolitik anerkennen, dass sich Zahnmediziner um mehr als nur Zähne kümmern. Die Zahnmedizin in Deutschland ist hier schon weiter.