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Verleihung des Herbert Lewin Preises 2023

Zum neunten Mal wurde in Berlin der Herbert-Lewin-Preis zur Aufarbeitung der Geschichte der Ärzteschaft in der Zeit des Nationalsozialismus verliehen. Den Forschungspreis hatten das Bundesministerium für Gesundheit (BMG), die Bundesärztekammer (BÄK), die Bundeszahnärztekammer (BZÄK), die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) ausgeschrieben.

Ziel des Herbert-Lewin-Preises ist die Förderung der historischen Aufarbeitung der Rolle der Ärzteschaft im Dritten Reich. Zugleich soll er an engagierte Ärzte und Zahnärzte erinnern, die in der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt und ermordet wurden. Der Preis trägt mit dazu bei, Erfahrungen aus der Vergangenheit erlebbar und für die Zukunft nutzbar zu machen, damit sich Geschichte nicht wiederholt. Dies ist in Zeiten des brutalen Terrors gegen Juden sowie weltweiter antisemitischer Übergriffe wichtiger denn je, betonen die Initiatoren

Prämiert wurden zwei wissenschaftliche Arbeiten

Den ersten Preis verlieh die Jury an Dr. med. Amir Wechsler für seine Arbeit mit dem Titel „‚Ich ging nur mit einem kleinen Handköfferchen aus Dortmund fort‘ – Die Verfolgung und Vertreibung der deutsch-jüdischen Ärzte in Dortmund in der Zeit des Nationalsozialismus“. Die akribische Darstellung der einzelnen Biografien vermittle laut Jury einen tiefgehenden Eindruck vom Leid der Betroffenen. So werde abgebildet, welchen Schmerz die Verfolgten erleiden mussten, als ihnen die berufliche Integrität mit dem Entzug der Zulassung zu den Krankenkassen genommen, die ärztliche Approbation aberkannt und der Doktorgrad entzogen wurde und welche unvorstellbaren Qualen die Verfolgten durch den Verlust der Heimat und von Familienangehörigen erlebten. Die Opferperspektive lasse sich auf die Fläche des gesamten damaligen Reichsgebiets spiegeln.

Gleichfalls mit dem ersten Preis ausgezeichnet wird Aaron Pfaff für seine Arbeit zur „Geschichte der verfassten Ärzteschaft auf dem Gebiet des heutigen Bundeslandes Baden-Württemberg von 1920 bis 1960“. Die 40 Jahre umfassende Analyse des Medizinhistorikers offenbare nach Ansicht der Jury die Verstrickungen der ärztlichen Standesorganisationen während der NS-Zeit sowie die Kontinuität der schuldhaften Akteure und deren Verbleiben in einflussreichen Positionen auch nach 1949. Unterstützt wurde die wissenschaftliche Arbeit von der Landesärztekammer Baden-Württemberg. Die Arbeit könne als Muster und Anregung sowie politisches Signal für andere Standesorganisationen dienen, ihre Geschichte proaktiv aufzuarbeiten und sich mit ihr und den belasteten ehemaligen Mitgliedern nach nunmehr fast 80 Jahren nach Kriegsende auseinanderzusetzen, so die Jury.

Lob für innovatives, digitales Projekt

Insgesamt 15 Arbeiten wurden eingereicht – darunter auch das Digitale Projekt „Gegen das Vergessen – Lebendige Erinnerungen gegen das Vergessen“ der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS). Die Jury lobt das Projekt „als innovativen, interaktiven und zukunftsweisenden Weg, geschichtliche Aufarbeitung für einen größeren Personenkreis greifbar und sichtbar zu machen“. Die Zusammenarbeit mit Schülern, die mit eigenen Recherchen zu diesem Projekt beigetragen haben, unterstreiche die Breitenwirkung dieser Initiative.

Die Preisträger werden von einer unabhängigen Jury ausgewählt, deren Mitglieder von den Trägerorganisationen und dem Zentralrat der Juden in Deutschland benannt wurden.

An der Ausschreibung des Forschungspreises konnten (Zahn-)Ärzte sowie Psychotherapeuten als Einzelpersonen, in Kooperationen oder in Gemeinschaften teilnehmen. Die Ausschreibung richtete sich auch an Studenten der Zahn- oder Humanmedizin und an Wissenschaftler, die an zahn- und humanmedizinischen Fakultäten oder medizinhistorischen Instituten tätig sind. Jede teilnehmende Einzelperson und jede Arbeitsgruppe konnte jeweils eine Arbeit einreichen.

Titelbild: Rapeepat - stock.adobe.com