Die Zahnmedizin ist weiblicher geworden. 2016 bildeten unter den 25- bis 35-jährigen praktizierenden Zahnmedizinern die Frauen mit 62,5 Prozent die Mehrheit. Die umsatzstarken Praxen werden jedoch häufig von Männern geführt. Zahnärztinnen arbeiten fachlich mindestens auf dem gleichen Niveau, jedoch führen ihre männlichen Kollegen anders.
Frauen ordnen Erfolg unbewusst den Beziehungen unter. Auch als Chefin brauchen sie das Gefühl, dass man sie mag. Gleichzeitig stehen Sie täglich vor der Herausforderung, von Patienten und Mitarbeiterinnen beurteilt zu werden. Im Coaching begegnen mir häufig zwei typische Bewältigungsmethoden, mit dieser inneren Spannung umzugehen.
Frau Dr. Schmidt weiß um den Wert eines guten Teams. Alle Mitarbeiterinnen sollen sich wohlfühlen. Die Arbeit soll fair verteilt werden, auch wenn es unter den Teilzeit- und Vollzeitkräften nicht leicht zu verhandeln ist. Gelegentlich gibt es Streit im Team. Mitarbeiterinnen beklagen sich hinter dem Rücken über die Chefin, was immer auf Umwegen bei ihr ankommt. Einzelne Mitarbeiterinnen weinen, wenn sie eine Entscheidung als unfair empfinden, und dann fühlt sich Frau Dr. Schmidt besonders unwohl. Sie geht auf die Wünsche der weinenden Mitarbeiterin ein, was dazu führt, dass sich andere über die Ungerechtigkeit beklagen.
Frau Dr. Müller hat erkannt, dass sie im Leben nicht weiterkommt, wenn sie sich nur von der Sympathie der Mitmenschen ihr gegenüber leiten lässt. Wenn sie jedoch Dinge richtig gemacht hat, war sie erfolgreich. Deshalb hat sie sich in alle Fachgebiete der Praxis eingearbeitet. Sie kennt alle Prozesse, kann sämtliche Detailfragen beantworten und ihr Wissen ist dem ihrer Mitarbeiterinnen weit überlegen. Mitarbeiterinnen kommen mit allen Fragen zu ihr, aber obwohl sie sich schon seit Jahren wünscht, ihr Team würde mehr Verantwortung übernehmen, ändert sich an der Situation nichts. Die administrative Arbeit, die Frau Müller neben der Tätigkeit am Patienten schultert, ermüdet sie.
Was ist weibliche Führung?
Letztlich wird jede Führungskraft von ihrem inneren Ziel geführt. Ist das Ziel „alles richtig machen“ oder „von allen gemocht werden“, dann steht es schnell einer erfolgreichen und entspannten Praxisführung im Weg. Die Lösung besteht nicht darin, dass Frauen anfangen, männlich zu führen. Erfolgreiche Chefinnen sind sich ihrer weiblichen Eigenschaften bewusst. Sie setzten ihre Stärken ein und nutzen sie für ihre Ziele. Vielmehr sollten Sie klären, was ein erstrebenswertes Ziel für Sie ist.
Wie eine weibliche Führung konkret aussehen könnte? Die Chefin hat das Ziel im Blick und behält den Überblick über die großen Themen. Sie kommuniziert, was sie von ihren Mitarbeiterinnen erwartet. Sie gibt klare Rückmeldung, wie sie die fachliche und persönliche Kompetenz der Mitarbeiterinnen einschätzt. Gute Kommunikation verhindert unnötigen Schmerz, der die Beziehung stört. Sie führt durch kluge Fragen, statt immer eine Antwort zu wissen. Es fehlen Informationen für eine Entscheidung? Anstatt zu recherchieren, delegiert sie diese Aufgabe. Sie behält den Überblick über delegierte Aufgaben und fordert Rückmeldung ein, wenn diese nicht „geliefert“ wird. Sie räumt Freiheiten ein. Die Aufgabe muss nicht auf ihre Weise erledigt werden, solange das Ergebnis und die dafür aufgewendete Zeit stimmen.
Chefinnen hoffen häufig darauf, dass die Mitarbeiterinnen „von alleine“ begreifen und ihnen ein für sie unangenehmes, klärendes Gespräch ersparen. „Die zwingen mich, diese unangenehmen Dinge zu tun“. Nein, das ist eine der grundlegenden Führungsaufgaben. Wenn sie diese vermeiden, vermeiden Sie Führung und ernten die Konsequenzen.
Five Facts
1 Lernen Sie Ihr Bedürfnis, gemocht zu werden, von kompetenter Arbeit zu trennen.
2 Wenn Sie fair sind, dürfen Sie auch hart sein. Dem nachzugeben, der am lautesten stänkert, erzeugt Ärger.
3 Jede Führungskraft wird von ihrem eigenen inneren Ziel geleitet. Machen Sie sich dieses klar.
4 Kontrolle – alles selber am besten zu können führt Sie dahin, dass Sie alles selber machen.
5 Wer Eigenständigkeit einfordert, muss ihr auch Platz lassen.