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Die Politik muss sich der Wertediskussion stellen

Der Kommentar von Chefredakteur Marc Oliver Pick

Am Mittwoch vergangener Woche haben sich zahlreiche Zahnmedizinische und Medizinische Fachangestellte vor dem Brandenburger Tor in Berlin versammelt, um gegen das geplante GKV-Finanzstabilisierungsgesetz zu protestieren – der Protest schaffte es sogar in die großen Publikumsmedien und Nachrichtensender.

Der Protest sollte, so die Schlagzeilen, deutlich machen, dass das umstrittene Gesetz zum einen die Versorgung der Patientinnen und Patienten gefährdet, zum anderen aber auch die Arbeit des Fachpersonals selbst erschweren würde. Die geplante Wiedereinführung der Budgetierung hätte zur Folge, dass den ärztlichen und zahnärztlichen Praxen künftig weniger Geld zur Verfügung stehen würde. Geld, dass laut dem Verband medizinischer Fachberufe (VmF) aber dringend gebraucht wird, um eine leistungsgerechte und faire Bezahlung des hochqualifizierten Fachpersonals bei den niedergelassenen Ärzten und Zahnärzten zu ermöglichen. 

Ein starkes Zeichen der Solidarität

Körperschaften und Verbände, darunter die KZBV, die Ärztekammer, die Kassenärztliche und der Kassenzahnärztliche Vereinigung Berlins, der Hartmannbund und der Freie Verband Deutscher Zahnärzte unterstützten die Protestaktion ausdrücklich – ein starkes Zeichen der Solidarität.

Es stimmt, das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz mit seinen befürchteten massiven Auswirkungen auf Arzt- und Zahnarztpraxen und unmittelbaren Folgen für die Patientenversorgung darf nicht unverändert durchgewunken werden. Was bei der Berichterstattung der großen Publikumsmedien allerdings in den Hintergrund geraten ist, ist der ursprüngliche Beweggrund des VmF, ZFA und MFA zum Protest zu motivieren: Es ist die anhaltende und nicht nachvollziehbare Nichtwertschätzung der Politiker im Bundesgesundheitsministerium und Regierung gegenüber den engagierten Fachkräften in deutschen Praxen.

Politisch völlig ignoriert

Während sich die Pflegeberufe – zu Recht – über den staatlichen Pflegebonus freuen dürften, blieben die Fachkräfte der Gesundheitsberufe – zu Unrecht – außen vor, wurden politisch völlig ignoriert. Sie sind „hinter die Pflegeberufe ins zweite Glied gerückt“, wie es Dr. Jörg Meyer, Vorsitzender des Vorstandes der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Berlin und Unterstützer der Aktion, auf den traurigen Punkt brachte.

Sicher, der Pflegebereich ist während der ersten Phase der Corona-Pandemie bis an die Grenzen der Belastbarkeit in die Pflicht genommen worden. Was politisch nicht gewürdigt wird, ist die Tatsache, dass „nur“ rund 20 Prozent aller Patienten in Deutschland stationär, der mit 80 Prozent überwiegende Teil jedoch ambulant versorgt wird, von den Arzt- und Zahnarztpraxen und ihren Fachkräften.

Wert von Arbeit im Gesundheitswesen aufwerten

Ausgerechnet für diesen so großen und zentralen Bereich aber fehlt es am politischen Willen, etwa durch angepasste Gebührenordnungen längst überfällige Tarifsteigerungen finanzierbar zu machen. Im Grunde müsse, so der VmF, der Wert von Arbeit im Gesundheitswesen insgesamt und grundsätzlich diskutiert und adäquat aufgewertet werden – ganzheitlich und nicht nur mit Blick auf einzelne Sektoren.

Dieses grundsätzliche Anliegen ist – zumindest was die zugespitzte Berichterstattung und die öffentliche Wahrnehmung angeht – durch das aktuell die Diskussion beherrschende Thema GKV-Finanzstabilisierungsgesetz zunächst in den Hintergrund geraten.

Größere Problem ist ein gesellschaftliches

Das GKV-FinStG ist nur die Spitze des Eisbergs. Das wahre und viel größere Problem liegt verborgen unter der Oberfläche und ist ein gesellschaftliches. Wir müssen klären, welchen Wert eine Gesellschaft und damit die Politik dem Thema Gesundheit und damit den Gesundheitsberufen zumisst. Ärzte und Zahnärzte kümmern sich engagiert um unsere Gesundheit, aber sie können es nicht ohne ihre Teams. Mehr muss die Politik nicht begreifen.