Bald feiert der GOZ-Punktwert seinen 35. Geburtstag. Ausdrücklich kein Grund zum Feiern. Aber auch kein Grund den Kopf in den Sand zu stecken. Ein Blick in die Statistik zeigt, dass sich die PKV-Ausgaben für Zahnleistungen seit 1998 von 1,7 Milliarden Euro auf 4,8 Milliarden Euro im Jahr 2021 fast verdreifacht haben.
Gute Zeiten, schlechte Zeiten
Ein Grund dafür: Am 25. Oktober 2004 fiel das Bundesverfassungsgericht ein für viele überraschendes Urteil zugunsten der Zahnärzteschaft bei GOZ-Honorarvereinbarungen nach Paragraf 2 Absatz 1 GOZ. Es kassierte ein Urteil des Oberlandesgerichts Hamm in einem Honorarstreit, bei dem ein Zahnarzt mit einer Patientin Faktoren bis zum 8,2-fachen des Mindestsatzes vereinbart hatte. Das Verfassungsgericht räumte in seiner Begründung ein, „dass die Gebührenmarge bei Zahnärzten besonders schmal ist. Für überdurchschnittliche Fälle steht nur der Rahmen zwischen 2,4 und 3,5 zur Verfügung, weil ein Absinken unter die Honorierung, die auch die gesetzliche Krankenversicherung zur Verfügung stellt (nämlich den 2,3-fachen Satz), wohl kaum noch als angemessen zu bezeichnen ist. […] Es besteht auch nicht etwa dieselbe Interessenlage wie im System der GKV […] die GKV stellt nur Standard-Leistungen als notwendig und geschuldet zur Verfügung.“
Im Jahr 2011 sah es erst einmal gut für eine GOZ-Punktwertsteigerung aus. Im Koalitionsvertrag von Schwarz-Gelb hieß es: „Die Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) wird an den aktuellen Stand der Wissenschaft angepasst. Dabei sind Kostenentwicklungen zu berücksichtigen.“ Am Ende war es aber nur heiße Luft mit der Punktwertsteigerung. Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr konnte nur die Öffnungsklausel verhindern, mit der die Privatversicherer Separatvereinbarungen neben der GOZ mit Zahnärzten hätte vereinbaren können. Der Punktwert blieb auf dem Stand von 1988.
Und immer wieder keine Punktwerterhöhung seit 1988
Der BDIZ EDI reichte daraufhin Verfassungsbeschwerde ein mit der Begründung, dass die GOZ-Novelle gegen Paragraf 15 des Zahnheilkundegesetzes verstoße, wonach die Bundesregierung ermächtigt wird, „Entgelte für zahnärztliche Tätigkeit in einer Gebührenordnung zu regeln“, die „den berechtigten Interessen der Zahnärzte“ Rechnung trägt. Damit verstoße die Novelle, so die damalige Rechtsauffassung des BDIZ EDI, auch gegen das Grundrecht auf Berufsfreiheit nach Artikel 12 Grundgesetz.
Vor Gericht und auf hoher See – es kam anders als von vielen erhofft. Das Bundesverfassungsgericht nahm die Verfassungsbeschwerde gar nicht zur Entscheidung an. Eine Begründung wurde nicht gegeben.
Seitdem ist viel Wasser den Rhein und in anderen Gewässern heruntergeflossen. Und die Zeichen stehen auf neue Vorstöße, die Nicht-Steigerung des GOZ-Punktwertes seit 1988 juristisch bewerten zu lassen.
Den Anfang machte der BDIZ EDI mit den gleichen Protagonisten wie zur Verfassungsbeschwerde 2012/13. Christian Berger, damals wie heute Präsident des BDIZ EDI, und Prof. Dr. Thomas Ratajczak von der Sindelfinger Rechtsanwaltskanzlei Ratajczak & Partner. Pünktlich zur IDS im März 2023 ließen beide die Katze aus dem Sack, dass nun Klage beim Berliner Verwaltungsgericht eingereicht werde.
Gerichtstermine
„Nach der Nichtannahme der vom BDIZ EDI initiierten Klage von sechs Zahnärzten gegen die GOZ 2012 vor dem Bundesverfassungsgericht im Jahr 2013 erhoffen wir uns vom Verwaltungsgericht eine Beendigung der Ungleichbehandlung bei den Gebührenordnungen. Das Verwaltungsgericht wacht über die Gesetzmäßigkeit staatlichen Handelns. Die ist aus unserer Sicht nicht gegeben“, so Ratajczak.
Über die Verwaltungsgerichtbarkeit soll das BMG dazu gebracht werden, klar offenzulegen, warum sie ihrer gesetzlichen Aufgabe als Verordnungsgeber nicht nachkommt. Das Hauptargument bleibt in der Strategie des BDIZ EDI der mögliche Verstoß gegen Paragraf 15 Zahnheilkundegesetz. Während die Gebührenordnung für Tierärzte (GOT) im Mai 2022 durch das Bundeskabinett in der vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) vorgelegte Fassung erneut angepasst wurde, blieben die GOÄ und die GOZ unangepasst.
Und Ende Juli zog die BZÄK nach und kündigte ihrerseits eine Verfassungsbeschwerde an. Die für die GOZ zuständige Vizepräsidentin der BZÄK, Dr. Romy Ermler, schrieb in einem Beitrag für die „ZWP“: „Deshalb hat sich der Vorstand der BZÄK dazu entschlossen, gemeinsam mit einem angesehenen Verfassungsrechtler eine Verfassungsbeschwerde gegen die verweigerte Anpassung des GOZ-Punktwertes vorzubereiten.“
Wie hier die juristische Strategie aussehen wird, bleibt abzuwarten. Sie wird sich von der des BDIZ EDI aus dem Jahre 2012 unterscheiden müssen, will sie dieses Mal Aussichten auf Erfolg haben.