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Herbert-Lewin-Preis 2021 verliehen
Herbert Lewin Straßenschild

Zum achten Mal wurde in Berlin der Herbert-Lewin-Preis zur Aufarbeitung der Geschichte der Ärzteschaft in der Zeit des Nationalsozialismus verliehen.

Zum achten Mal wurde in Berlin der Herbert-Lewin-Preis zur Aufarbeitung der Geschichte der Ärzteschaft in der Zeit des Nationalsozialismus verliehen.

Forschungspreis: Rolle der Ärzteschaft in der NS-Zeit

Mit dem vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG), der Bundesärztekammer (BÄK), der Bundeszahnärztekammer (BZÄK), der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) ausgeschriebenen Forschungspreis wurde die gemeinsame wissenschaftliche Arbeit eines Kinderarztes und einer Biochemikerin prämiert.
Den Preis verlieh die Jury für die Arbeit von Dr. Stephan Heinrich Nolte und Dr. Vera Trnka mit dem Titel „In den Grauzonen der Geschichte – der Prager Kinderarzt Berthold Epstein (1890 bis 1962).“
Die preisgekrönte Darstellung ist das Ergebnis einer Zusammenarbeit zwischen dem niedergelassenen deutschen Kinderarzt Stephan Heinrich Nolte und der tschechischen Biochemikerin und Zeitzeugin Vera Trnka, die als Kind von Shoa-Überlebenden 1946 in Prag geboren wurde. Es handelt sich um eine ungewöhnliche Lebensgeschichte des Pädiaters Berthold Epstein, der in Auschwitz als Häftlingsarzt überlebte und nach der Befreiung in Prag praktizierte.
Dieses vorbildliche Gemeinschaftswerk liefert laut Jury gleichzeitig ein eindrucksvolles Beispiel für die deutsch-tschechisch-jüdische Verständigung in der Gegenwart. Die Arbeit sei zudem gut dokumentiert und illustriert, anrührend und spannend geschrieben. Außerdem werfe die Darstellung ein bezeichnendes Licht auf die schwierige Situation und die weitere Anfeindung jüdischer Ärzte nach dem Nationalsozialismus in Osteuropa, wie am Beispiel der Tschechoslowakei gezeigt werde.
Zudem lobt die Jury die in deutscher und englischer Sprache erschienene jüdische Miniatur über das Leben der Kinderärztin Lucie Adelsberger von Benjamin Kuntz, die von großem Engagement für das Schicksal jüdischer Ärztinnen und Ärzte im Nationalsozialismus zeuge und auch Anstoß gegeben habe für weiteres Gedenken.
Ziel des Herbert-Lewin-Preises ist neben der Förderung der historischen Aufarbeitung der Rolle der Ärzteschaft im Dritten Reich auch die Erinnerung an engagierte Ärztinnen und Ärzte und Zahnärztinnen und Zahnärzte, die in der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt und ermordet wurden. Zugleich soll das Interesse nachfolgender Generationen für die Aufarbeitung der Vergangenheit geweckt werden. Die Preisträger werden von einer unabhängigen Jury ausgewählt, deren Mitglieder von den Trägerorganisationen und dem Zentralrat der Juden in Deutschland benannt wurden.
An der Ausschreibung des Forschungspreises konnten (Zahn-)Ärztinnen und (Zahn-)Ärzte sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten als Einzelpersonen, in Kooperationen oder in Gemeinschaften teilnehmen. Die Ausschreibung richtete sich auch an Studierende der Zahn- oder Humanmedizin oder an Wissenschaftler, die an zahn- und humanmedizinischen Fakultäten oder medizinhistorischen Instituten tätig sind. Jede teilnehmende Einzelperson und jede Arbeitsgruppe konnte jeweils eine Arbeit einreichen.
Weitere Informationen zu dem Preis sowie zu früheren Preisträgern und deren Arbeiten sind unter online verfügbar.

Hintergrund: Herbert Lewin

Herbert Lewin wurde am 1. April 1899 in Schwarzenau geboren. Nach einem Medizinstudium arbeitete er in der jüdischen Poliklinik in Berlin, ab dem Jahr 1937 bis zu seiner Deportation durch die Nationalsozialisten als Chefarzt im jüdischen Krankenhaus in Köln. Nach seiner Befreiung nahm Herbert Lewin seine Arzttätigkeit wieder auf. In den Jahren 1963 bis 1969 bekleidete er das Amt des Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland. Lewin starb am 21. November 1982 in Wiesbaden.