Seit 1993 gehört die Fissurenversiegelung nach Nr. IP5 zur vertragszahnärztlichen Versorgung. Dabei wurde – primär aus wirtschaftlichen Gründen – der Kreis der Anspruchsberechtigten auf die sechs- bis 17-jährigen Patienten beschränkt. Auch nach der präventionsorientierten Neustrukturierung des Bema zum 1. Januar 2004 ist eine Berechnung von Fissurenversiegelung nach dem vollendetem 18. Lebensjahr sowie an anderen Zähnen als den Zähnen 6 und 7 nicht möglich. Ziel dieser kariesprophylaktischen Maßnahme ist es, möglichst frühzeitig den Kontakt zwischen dem kariogenen Mundhöhlenmilieu und den Fissuren als besonders kariesempfänglichen Stellen zu unterbinden.
Wovon hängt die Indikation zur Fissurenversiegelung ab?
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Fissurenversiegelungen sollen in der Regel das gesamte Fissurensystem eines Zahnes mit einbeziehen. Es ist durchaus möglich, dass im Zeitraum vom Durchbruch des Sechsjahrmolaren bis zum vollendeten 18. Lebensjahr des Patienten eine oder mehrere Erneuerungen der Fissurenversiegelung vorgenommen werden müssen. Die Lebensdauer einer Fissurenversiegelung hängt entscheidend von den Rahmenbedingungen ab, unter denen sie gelegt wurde (zum Beispiel Alter und damit Kooperationsfähigkeit des Kindes, Möglichkeit der relativen oder absoluten Trockenlegung etc.). Eine zeitliche Einschränkung bezüglich der Wiederholung der Fissurenversiegelung und der erneuten Abrechnung von Bema-Nr. IP5 besteht nicht. Die Indikation zur Fissurenversiegelung ist deshalb immer in Abhängigkeit von dem jeweiligen Mundhygieneverhalten des Patienten und der Anatomie der Zahnoberfläche zu sehen.
Vielfach wird abgeleitet, dass die IP-Leistungen auch nicht dem Wirtschaftlichkeitsgebot unterliegen. Diese Annahme ist leider falsch.
Prüfung bei IP-Leistungen zulässig
Die Früherkennungsuntersuchungen (FU1 bis FU3) und die Individualprophylaxe-Leistungen (IP 1, IP 2, IP 4, IP 5) unterliegen bei dem für die Individualprophylaxe vereinbarten Punktwert keiner Budgetierung. Daraus wird vielfach abgeleitet, dass die IP-Leistungen auch nicht dem Wirtschaftlichkeitsgebot unterliegen. Diese Annahme ist falsch. Die Leistungen der Individualprophylaxe unterliegen der Wirtschaftlichkeitsprüfung. Und nach Auffassung des LSG Bayern ist eine Prüfung bei IP-Leistungen nach Durchschnittswerten durchaus zulässig (Urteil vom 12. August 2014, Az.: L 12 KA 5054/13).
Ein Urteil aus der Praxis: Im heutigen Beitrag geht es speziell um einen Fall, der vor dem Sozialgericht Hannover verhandelt wurde (Urteil vom 25. Juli 2018, Az.: S 35 KA 2/16). In einer Wirtschaftlichkeitsprüfung wurde festgestellt, dass statistisch bei der Bema-Nr. IP 5 erheblich auffällige Abweichungen zum Landesdurchschnitt (zwischen 383,87 Prozent und 637,10 Prozent) vorlagen. Bei der Prüfung der Behandlungsunterlagen stellte die Prüfstelle fest, dass die Bema-Nr. IP 5 sehr oft innerhalb einer kurzen Zeit wiederholt abgerechnet wurde, ohne dass sich aus der Dokumentation irgendwelche Angaben zur Notwendigkeit der Erneuerung innerhalb eines kurzen Zeitraums ablesen ließ. Dies war insbesondere auffällig, weil im verhandelten Fall die anderen IP-Leistungen teilweise sogar unter dem Landesdurchschnitt lagen.
Der betroffene Zahnarzt machte für sein auffälliges Abrechnungsverhalten Praxisbesonderheiten verantwortlich, darunter:
Hoher Ausländeranteil: Dies stellt nach Auffassung der Prüfstelle und damit des Gerichts in diesem Fall keine Praxisbesonderheit dar – zumal der Zahnarzt nicht belegen konnte, dass er bei seinen ausländischen Patienten mehr Versiegelungen gelegt hat wie bei seinen deutschen Patienten.
Kompensatorische Einsparungen: Dies könnte dann ein gutes Argument sein, wenn der Zahnarzt belegen kann, dass durch ein vermehrtes Abrechnen einer Leistung an anderer Stelle Honorar gespart würde. Beispiel: Wenn die Zahl der Fissurenversiegelungen weit über dem Durchschnitt liegt, müsste dazu die Zahl der notwendigen Füllungen unter dem Durchschnitt liegen. Einen Zusammenhang zwischen einem vermehrten Aufwand bei IP-5-Leistungen und einem verminderten Aufwand bei Füllungsleistungen kann schon deshalb nicht vorliegenden, weil auch die Füllungsleistungen überdurchschnittlich abgerechnet wurden.
Geringe Fallzahl: Auch mit diesem Argument konnte der Zahnarzt nicht punkten. Dies Argument könnte nur gelten, wenn die geringe Fallzahl durch einen erheblichen Zeitaufwand oder eine besondere Schwierigkeit der Leistung zu einer Verminderung der Patientenzahl führen würde. Dafür konnte jedoch der Zahnarzt keinen Beleg liefern.
Insgesamt konnte die Prüfstelle das Gericht davon überzeugen, die Prüfung sorgfältig und unter Berücksichtigung aller wichtigen Aspekte durchgeführt zu haben. Die Honorarkürzung in Höhe von 4864 € über vier Quartale war damit zulässig.
Was bedeutet dies nun für Sie in der Praxis?
Grundsätzlich gibt es keine verbindliche Richtlinie für die Haltbarkeit von Fissurenversiegelungen. Gerade in den ersten sechs Monaten kommt es hin und wieder zu Retentionsverlusten. Muss eine Versiegelung erneuert werden, ohne dass ein fehlerhaftes Arbeiten als Ursache dafür anzunehmen ist, kann die Erneuerung nach BEMA-Nr. IP5 erneut erfolgen. Dabei ist es aber außerordentlich wichtig, dass der Grund für die Erneuerung sorgfältig dokumentiert wird. Keinesfalls kann man für die Reparatur oder Erneuerung einer insuffizient erfolgten Fissurenversiegelung ein Honorar verlangen, keinesfalls muss die Erneuerung einer Versiegelung, die lege artis erfolgte, kostenfrei durchgeführt werden.